Weltweite Fertigung auf Schweizer Niveau
Endress+Hauser etabliert globales SAP-Template in Brasilien
Seit 2003 unterhält Endress+Hauser in Brasilien eine Vertriebsgesellschaft. Um die Stellung auf dem brasilianischen Markt weiter auszubauen, expandiert die E+H Gruppe auf dem südamerikanischen Markt. Innerhalb kurzer Zeit entstand 2012 in Itatiba, rund 100 Kilometer nördlich von São Paulo, ein neues Werk, in dem zwei Produktionsgesellschaften Durchfluss-, Füllstand- und Druckmessgeräte produzieren. Dank dieser regionalen Fertigungsanlagen kann die Produktvielfalt schnell und flexibel zu den Kunden geliefert werden.
Dabei steht der Schweizer Konzern vor der Herausforderung, seine SAP-ERP-Unternehmenslösung weitläufig zu internationalisieren. Die in Europa bewährten Prozesse sollen auch in die brasilianischen Vertriebs- und Produktionsgesellschaften ausgerollt werden. Um die spezifischen Anforderungen für Brasilien auf Basis der bestehenden SAP-Unternehmenslösung umzusetzen, beauftragte Endress+Hauser externe Beratungsunterstützung von der Heidelberger cbs Corporate Business Solutions.
ERP weltweit vereinheitlichen
Projektziel war es, die in der brasilianischen Vertriebsgesellschaft vorhandene IT-Lösung SAP Business One inklusive diverser Eigenentwicklungen abzulösen. Stattdessen sollten einheitliche Prozesse implementiert werden, die in der gesamten E+H Unternehmensgruppe den Standard bilden. Dazu musste das bereits vorhandene SAP-Unternehmenstemplate an die länderspezifischen, gesetzlichen Anforderungen Brasiliens angepasst werden. Hinzu kamen die Implementierung von SAP GRC Nota Fiscal Eletrônica (SAP GRC Nfe) zur elektronischen Steuermeldung und die Implementierung länderspezifischer SAP-Reports. Neben der Lokalisierung und der Sicherstellung systemübergreifender Prozess- und Datenkonsistenz insbesondere hinsichtlich der zu migrierenden Stammdaten war ein integratives Supply Chain Management (SCM) per elektronischer Auftrags- und Rechnungsschnittstelle zu gewährleisten.
Die komplexen und dynamischen Rechtsanforderungen in Brasilien erfordern individuelle Anpassungen. Spezifische Behördenmeldungen wie die gesetzlich vorgeschriebene Nota Fiscal, über 60 verschiedene Steuern und Abgaben, die von Branche und Produkt abhängen, sowie steuerfreie Zonen stellen international tätige Unternehmen bei Neuinvestitionen oder dem Ausbau bestehender Standorte im Land vor enorme Herausforderungen.
Nota Fiscal Eletrônica
Internationale Unternehmen, die Niederlassungen oder Werke in Brasilien unterhalten, müssen für bestimmte Geschäftsvorgänge eine Nota Fiscal an die brasilianische Regierungsbehörde SEFAZ übermitteln. Dieser gesetzlich vorgeschriebene Beleg begleitet sämtliche Warenlieferungen und dient sowohl als Lieferschein als auch als Rechnung. Zahlungen werden mit Bezug auf eine Nota Fiscal vorgenommen, die zudem alle steuerlich relevanten Daten, die später für das Steuerberichtswesen an die Finanzbehörden herangezogen werden, beinhaltet. Um die vielen Dokumente besser zu kontrollieren und den Übermittlungsprozess zu automatisieren und zu beschleunigen, können Unternehmen ihre Notas Fiscais elektronisch via Internet versenden. Das Zauberwort heißt „Nota Fiscal Eletrônica" (NFe). Seit 2008 ist die elektronische Übertragung für Industriezweige wie Automotive oder die Öl- und Gas-Industrie sogar gesetzlich verpflichtet. Laufende Erweiterungen und Anpassungen der Gesetze rund um die NFe sind für Unternehmen eine zusätzliche Herausforderung. Mit der SAP-Lösung SAP BusinessObjects Nota Fiscal Electrônica können die Notas Fiscals elektronisch direkt aus dem SAP-System erstellt und versendet werden. cbs bietet SAP-Kunden kompetente Beratung und ein vielfach umgesetztes, kosteneffizientes Implementierungspaket für SAP GRC NFe.
Vom BRIC-Briefing bis zum Go-Live
Mit dem Tochterunternehmen und hausinternen IT-Dienstleister InfoServe verfügt die Endress+Hauser Gruppe über umfassende Erfahrung in den Bereichen IT-Beratung und SAP-Anwendungen. InfoServe unterstützt den SAP-Internationalisierungsprozess in führender Rolle und begleitet Implementierungsprojekte rund um den Globus. Die cbs-Berater unterstützten als ausgewiesene Experten bei der Konzeption und Umsetzung der brasilienspezifischen Legalanforderungen.
Zum Einstieg im Februar 2012 vermittelten die cbs-Berater in einem BRIC-Briefing-Workshop grundlegendes Know-how über Template-basierte SAP-Rollouts nach Brasilien. Zentrale Themen waren die spezifischen Legalanforderungen und deren Auswirkung auf Prozessgestaltung, Systemlandschaft und Berichtswesen sowie die richtige Strategie und Methodik zur Projektierung und Durchführung eines Template-Rollouts im Land.
Das Rollout-Projekt startete mit einem Workshop am Standort von E+H in Weil am Rhein. Hier wurde zum einen Know-how ausgetauscht, und zum anderen ein Customizing-Prototyp in den SAP-Modulen SD, MM und FI erstellt - beides mit Fokus auf das Supply Chain Management. Zwei Monate später erfolgte eine Fit-Gap-Analyse vor Ort in Brasilien. Darauf aufbauend erfolgte die Ablösung des Altsystems sowie die Anpassung und Integration aller ERP-Prozesse in den SAP-Komponenten Material Management, Sales & Distribution, Customer Service und Financials & Controlling. Die Produktionsprozesse wurden nicht lokalisiert.
Der Go Live erfolgte an drei unterschiedlichen Standorten. Zwei Integrationstests stellten eine hohe Qualität und Stabilität der Lösung sicher, sodass der Go Live in Itatiba bereits im November 2012 erfolgen konnte. Nicht zu vergessen war ein interner Wissenstransfer innerhalb der E+H Infoserve zu den brasilianischen Besonderheiten.
Im Herbst 2012 war Kick-off für den zweiten Projektteil in Brasilien. Das grundlegende Customizing wurde an drei Workshop-Terminen erarbeitet. Auch hier standen Tests auf dem Projektplan: zwei Integrations- und ein User-Acceptance-Test wurden in Reinach in der Schweiz durchgeführt. Der finale Go Live am Standort in Itatiba erfolgte Mitte April 2013.
Weltweit transparente Prozesse
Die E+H Gruppe erhält an den neuen Produktionswerken in Itatiba und in der lokalen Vertriebsgesellschaft in São Paulo eine einheitliche SAP-ERP-Template-Lösung mit integrierten Prozessen. Damit hat E+H alle länderspezifischen, legalen Anforderungen für Brasilien abgedeckt und die neuen Niederlassungen erfolgreich in die firmeninterne, standardisierte SAP-Prozesswelt integriert. Die komplexe brasilianische Steuerfindung und die neuen Prozesse wurden basierend auf den cbs Best Practices implementiert. Auch für die Abwicklung von Importen in Brasilien konnten die cbs-Berater den Schweizer Konzern mit einer integrierten Lösung unterstützen. E+H profitiert seitdem von weltweit transparenten Produktionsprozessen, wodurch auch die regionale Fertigung dem hohen Qualitätsstandard der europäischen Mutterhäuser entspricht.