VCI erwartet von Bundestagswahl Weichenstellung für eine Erneuerung
Chemieverband fordert von der künftigen Regierung Modernisierungsprogramm für bessere Standortbedingungen
VCI-Präsident Christian Kullmann sagte bei der Halbjahreskonferenz des Chemieverbands: „Die Parteien der demokratischen Mitte sind sich im Kern einig, dass Deutschland ein Bündel von Maßnahmen braucht, um die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit wirksam zu verbessern: schnell, unbürokratisch und nachhaltig. Die Politik muss neue Freiräume geben, statt einzuengen und zusätzliche Bürokratie zu erzeugen“, forderte Kullmann. „Ohne diese Unterstützung können die Unternehmen die Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 kaum bewältigen und die Sicherung von Arbeitsplätzen und Wohlstand in Deutschland gerät in akute Gefahr.“
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat insgesamt zehn Politikfelder identifiziert, auf denen sich mit Beginn der nächsten Legislaturperiode die Prioritäten ändern müssen, damit Deutschland ein international wettbewerbsfähiger Chemie- und Pharmastandort bleibt. Darunter sind zum Beispiel Dauer von Genehmigungsverfahren, Höhe der Unternehmenssteuern oder Niveau der Forschungsförderung zu finden.
Akuten Handlungsbedarf sieht der VCI in der kommenden Legislaturperiode beim Strompreis, der für die energieintensive Branche ein entscheidender Kostenfaktor ist: Der Strompreis an der Deutschen Börse ist durch höhere Brennstoffpreise, vor allem aber durch einen höheren CO2-Preis im EU-Emissionshandel stark gestiegen. Aktuell kostet Strom die Unternehmen drei Mal so viel wie im Vorjahr. Das trifft besonders den Mittelstand hart. Kullmann: „Die kommende Bundesregierung muss alle staatlich bedingten Abgaben beim Strompreis prüfen und diese so weit wie möglich zurückfahren. Die für 2022 beschlossene Senkung der EEG-Umlage kann bestenfalls ein Anfang sein. Das EEG muss so schnell wie möglich weg.“ Eine entscheidende Voraussetzung für die Branche, um neue klimaneutrale Technologien erfolgreich einzusetzen, sei ein Strompreis von 4 Cent pro Kilowattstunde. „Diesen Preis sollte sich die neue Bundesregierung auf ihre Agenda setzen“, sagte der VCI-Präsident: „Das wäre ein starkes und vertrauensbildendes Signal an die Unternehmen.“
Um trotz Schuldenbremse ein Zukunftsprogramm für das Land zu realisieren, das die Transformation der Industrie und eine ökosoziale Marktwirtschaft voranbringt, schlägt der VCI einen Zukunftsfonds für die Investitionsoffensive des Bundes vor. Der VCI beziffert das Finanzvolumen auf insgesamt 300 bis 500 Mrd. EUR bis 2030. Aus dem Zukunftsfonds sollen streng zweckgebunden Projekte und Maßnahmen für drei Bereiche finanziert werden: Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien und der notwendigen Netzinfrastruktur sowie von Energiespeichern. Unterstützung der ökologischen Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität sowie Sicherstellung einer leistungsfähigen Verkehrs- und Digitalinfrastruktur. Kullmann: „Die Unternehmen brauchen für ihre Investitionsentscheidungen Planungssicherheit – und keine Zuschüsse nach jeweiliger Kassenlage.“
Deutliche Kritik übte der VCI-Präsident an den Plänen in Brüssel zur „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit“. Dieses Vorhaben im Rahmen des Green Deal der EU-Kommission gehe nicht mehr von wissenschaftlich belegbaren Risiken aus, um Stoffe zu verbieten, sondern von einem theoretischen Gefährdungspotenzial. Dadurch könnten auf einen Schlag Tausende Stoffe vom Markt verbannt werden. Viele dieser Substanzen sind aber elementar für die Transformation der nächsten Jahrzehnte und werden in Zukunft noch wichtiger. Allein rund 1.000 Chemikalien werden für die Produktion von Halbleitern und Chips eingesetzt, die für E-Mobilität, intelligente Steuerung von Stromnetzen oder Windkraft- und Solaranlagen unverzichtbar sind. „Ohne Chemikalien keine Innovationen, keine besseren Technologien und kein Green Deal“, betonte der VCI-Präsident.
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