Unternehmensbefragung: Karrierewege für Bachelor
Studie offenbart gute Aussichten für Bachelor
Der Bachelorabschluss polarisiert, Ansichten und Meinungen gehen auseinander. So hält sich auch mehr als 15 Jahre nach Einführung der Bologna-Reform das Vorurteil, dass man mit einem Bachelorabschluss am Arbeitsmarkt kaum Chancen hat. Differenzierte Debatten über Vorteile und bestehende Defizite der gestuften Abschlüsse dringen medial kaum durch. Da verwundert es auch nicht, dass viele Studierende nach wie vor verunsichert sind und den vermeintlich sicheren Hafen eines Masterabschlusses ansteuern. Dies wird von der Hoffnung getragen, mit dem Master gelinge der Berufseinstieg einfacher, die Karrierechancen seien per se besser. Zu Recht? Mit Unterstützung des Bundesbildungsministeriums haben sich das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft dieser Frage angenommen und zum zweiten Mal einen Bericht zur Beschäftigungssituation der Bachelorabsolventen vorgelegt.
Die Lage ist besser als die Stimmung
Befragt wurden im vergangenen Jahr rund 1.500 Unternehmen der Industrie (einschließlich Bauwirtschaft) und der Dienstleistungsbranche in ganz Deutschland zu den Karrierewegen von Bachelor- und Masterabsolventen. Jeweils 50% der Firmen stammen aus dem Industrie- und dem Dienstleistungssektor. Rund zwei Fünftel der Befragten sind kleine und mittlere Betriebe. Der Anteil der größeren Arbeitgeber mit 250 und mehr Beschäftigten macht 20% aus. Die Studie schließt an eine Erhebung aus dem Jahr 2010 zur Arbeitsmarktbefähigung von Bachelorabsolventen an. Das aktuelle Befragungsergebnis zeigt: „Die Lage ist besser als die Stimmung. Die positiven Signale der Vorgängerbefragung des Jahres 2010 konnten bestätigt werden: Die Arbeitswelt nimmt die Absolventen mit Bachelorabschluss überwiegend ohne Probleme auf, setzt sie auf den für Akademiker üblichen Positionen ein und zahlt die entsprechenden Gehälter. Dabei hat sich der Anteil der Unternehmen, die mittlerweile Bachelorabsolventen beschäftigen, deutlich gesteigert, auch bei kleineren und mittleren Betrieben.“
Übergang in den Arbeitsmarkt
Mit Blick auf den Übergang in den Arbeitsmarkt zeigt die Studie, dass die Bachelor- und Masterabsolventen zunehmend in den Betrieben ankommen: So beschäftigen derzeit 23% der befragten Unternehmen Bachelorabsolventen, während es im Jahr 2010 nur rund 13% waren. Auch kleine und mittelständische Firmen öffnen sich für die neuen Studiengänge: Rund jeder fünfte Kleinbetrieb und mehr als jedes zweite mittelgroße Unternehmen bis zu 250 Mitarbeitern beschäftigt bereits Bachelorabsolventen. Richtet man den Blick ausschließlich auf die Firmen, die überhaupt Hochschulabsolventen eingestellt haben, so finden sich Bachelor- bereits in 35% und Masterabsolventen in 27% der Firmen. Dabei gibt es bei der überwiegenden Zahl der Unternehmen keine Bevorzugung von Absolventen eines bestimmten Hochschultyps. Wird eine Präferenz geäußert, so fällt diese meist zu Gunsten der Fachhochschulen aus, insbesondere bei den Industrieunternehmen.
Einstiegspositionen
Viele Bachelorabsolventen entscheiden sich für ein weiterführendes Masterstudium aus Sorge, mit ihrem Abschluss keinen geeigneten Job zu finden. Die Untersuchung zeigt, dass dies in der Regel nicht der Fall ist: In neun von zehn Betrieben startet der Bachelor mit der eigenständigen Bearbeitung einer Projektaufgabe, gefolgt von der Sachbearbeitung nach Anweisung (77%). In 43% der befragten Unternehmen wird er sogar direkt nach dem Studium mit der Gesamtverantwortung eines Projektes ohne Personalführung betraut. Damit unterscheiden sich die Einstiegspositionen der Bachelor- nicht wesentlich von denen der Masterabsolventen, die ebenfalls bei der großen Mehrheit der Firmen vergleichbare Einstiegspositionen begleiten. Für die Bachelorabsolventen gibt es nach Auskunft der befragten Unternehmen ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten: So bieten in den wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen die Felder Rechnungswesen/Controlling, Marketing und Vertrieb sowie betriebs- und volkswirtschaftliche Abteilungen gute Einstiegsperspektiven. Für die technischen Fachrichtungen sind die Bereiche Konstruktion, Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Produktion besonders wichtig. Allerdings geben ca. 15% der Firmen an, dass bestimmte Positionen im Bereich Forschung und Entwicklung Hochschulabsolventen mit Masterabschluss oder Promotion vorbehalten bleiben, wie beispielsweise auch in der chemisch-pharmazeutischen Industrie.
Einarbeitung und Einstiegsgehälter
Die Firmen unterscheiden laut der Studie bei der Einarbeitung von akademischen Berufsanfängern nicht zwischen Bachelor- und Masterabsolventen. Beide haben Zugang zu strukturierten Einarbeitungs- oder Traineeprogrammen sowie zum Fach- und Persönlichkeitstraining. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Einstiegsgehältern: In knapp der Hälfte der Firmen ist das Einstiegsgehalt beider Gruppen ungefähr gleich hoch. Abweichungen nach Abschlussart betragen meist weniger als 15%. Am häufigsten starten Bachelor je nach Fachrichtung mit einem Jahresgehalt von 30.000 bis 40.000 EUR in den Beruf. Im Allgemeinen gilt: Großunternehmen und Industriebetriebe bieten häufig höhere Einstiegsgehälter als Kleinbetriebe oder Firmen aus anderen Branchen.
Karriereentwicklung
Für die langfristige Karriereentwicklung sowie die Besetzung höherer Fach- und Führungspositionen bestätigt die Studie einen grundsätzlichen Trend: Wichtiger als der akademische Grad des Kandidaten sind für über 70% der Firmen Faktoren wie Leistungsmotivation, Identifikation mit den Unternehmenszielen und Kommunikationsfähigkeit. Ein Masterabschluss bringt demnach nicht automatisch Vorteile. Grundsätzlich stehen Bachelor- und Masterabsolventen im Laufe ihres Berufslebens viele Entwicklungswege offen – ob als Projekt-, Bereichs-, Abteilungs- oder Fachgebietsleiter. Bachelor, die sich im Unternehmen bewährt haben und Entwicklungspotenzial zeigen, werden von vielen Betrieben bei der Weiterbildung unterstützt. Bei der Freistellung oder der Förderung eines berufsbegleitenden Masterstudiums spielen die fachliche Notwendigkeit bzw. Spezialisierung sowie die Mitarbeiterarbeiterbindung eine zentrale Rolle. Der Bachelor ist also keine Einbahnstraße, sondern als akademischer Abschluss vielmehr eine Eintrittskarte, um sich auf unterschiedlichsten Fachgebieten in der Unternehmenspraxis zu beweisen.