Technische Distribution fördert den Fortschritt
Biesterfeld Spezialchemie baut den Bereich Technology & Innovation strategisch aus
Biesterfeld investiert seit Jahren in Technologie und Innovation, um die Dienstleistungen im Bereich der technischen Anwendungsberatung kontinuierlich auszubauen sowie das Produktportfolio für Kunden und Partner zu erweitern. In einer Ende 2023 neu geschaffenen globalen Position bündelt Martin Liebenau als Global Business Director Technology & Innovation diese Entwicklung über alle Abteilungen und Marktsegmente und treibt sie weiter voran. Im Interview erläutert er die Strategie und beleuchtet die aktuellen Trends in den verschiedenen Märkten.
CHEManager: Herr Liebenau, warum wurde das Cluster Technology & Innovation bei Biesterfeld gegründet?
Martin Liebenau: Der Innovationsdruck in der Chemieindustrie wächst, vor allem durch die enorm steigenden Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit und Technologie. Schon heute sind wir als Distributor sehr nah an unseren Partnern, beraten sie detailliert zu technischen Applikationen, evaluieren in unseren Laboren neue Rohstoffe, entwickeln gemeinsam neue Formulierungen und zeigen zusätzliche Anwendungsbereiche auf. Der neue, übergeordnete Bereich Technology & Innovation wurde Ende 2023 gegründet, um unsere breit gefächerten Kompetenzen gezielter zu bündeln und sie kontinuierlich auszubauen. So können wir unseren Kunden und Lieferanten ertragreiche Lösungen, innovative Produkte und umfangreiche Services anbieten, die es ihnen ermöglichen, neue Marktchancen schneller zu ergreifen.
Als technischer Distributor stehen wir unseren Partnern und Kunden seit jeher mit einer Reihe technischer Dienstleistungen zur Seite, die weit über den reinen Vertrieb hinaus gehen. Von der Materialauswahl, über die individuelle Zusammenstellung und Implementierung bis hin zur Nutzung – unsere Expertise bedient den Wunsch vieler Unternehmen nach umfangreicherer Beratung und Begleitung. Durch die Gründung des Tech&Inno-Clusters können wir uns künftig noch stärker auf diese Kernkompetenzen besinnen.
„Wir prüfen kontinuierlich, wo eine Zusammenarbeit mit externen Parteien Sinn machen könnte.“
Wie sah der Bereich Technology & Innovation bei Biesterfeld bisher aus und was soll sich daran nun ändern?
M. Liebenau: Wir waren immer schon sehr technologie- und innovationsfokussiert, allerdings war dies bisher lokal in den Fachabteilungen angesiedelt, die ihre eigenen Projekte verfolgten. Einige Abteilungen konzentrieren sich beispielsweise schon seit langem auf ein nachhaltiges Produktportfolio, suchen gezielt nach recycelbaren Materialien und Produktlösungen aus nachwachsenden Rohstoffen. Andere kooperieren mit Forschungseinrichtungen, um gemeinsam an innovativen Technologien für zukunftsweisende Industrien zu arbeiten und wieder andere spezialisieren sich in den diversen technischen Anwendungen, die wir in unseren Laboren und Kompetenzzentren anbieten können.
Mit der Zeit haben wir gemerkt, wie viel Wissen und Erfahrung in den einzelnen Abteilungen sitzt und wie viel Potenzial darin steckt, es stärker länder- und industrieübergreifend zu vernetzen. Mit der Gründung des neuen Tech&Inno-Clusters können wir das alles nun viel effizienter bündeln, den Wissenstransfer fördern und Synergien nutzen.
„Innovation in der Chemiedistribution bedeutet, mehr als nur Lagerhaltung anzubieten.“
Wie sieht das konkret im Alltag aus?
M. Liebenau: In allererster Linie geht es darum, die Fachabteilungen darin zu unterstützen, ihr Service- und Produktangebot auf das nächste Level zu bringen. Wir sprechen mit den Partnern und Kunden, um die unterschiedlichen Bedürfnisse und die Herausforderungen, vor denen sie stehen, besser zu verstehen. So können wir die Kollegen konkret bei der Einführung neuer technischer Services und innovativer Produktlösungen beraten und unterstützen.
Wir sind aber auch abseits des täglichen Geschäfts tätig, besuchen Messen und Konferenzen auf denen die Welt von morgen vorgestellt wird. Wir sammeln wertvolle Inspiration, die wir später in die Fachabteilungen tragen, wo unsere Experten sie zu handfesten Projekten umsetzen können. Außerdem prüfen wir kontinuierlich, wo eine Zusammenarbeit mit externen Parteien Sinn machen könnte, bauen so Schritt für Schritt unser Netzwerk aus und stoßen auch vermehrt gemeinsame Projekte an.
All das fließt aber auch in die Erschließung neuer Marktsegmente und damit in die strategische Weiterentwicklung unserer Geschäftsbereiche ein.
'
Was verstehen Sie unter Innovation im Bereich der Chemiedistribution?
M. Liebenau: Innovation in der Chemiedistribution bedeutet, mehr als nur Lagerhaltung anzubieten. Viele Lieferanten reduzieren ihre Services und wollen outsourcen, viele Kunden wünschen sich hingegen mehr Beratung und Prozessbegleitung – hier springen wir ein und füllen die Servicelücke. Wir stellen uns breiter auf, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.
In unserem Labornetzwerk, bestehend aus dem Lab & Innovation Center in Hamburg, sowie fünf weiteren lokalen Laborkompetenzzentren in Europa, Afrika und Asien, bieten wir unseren Partnern eine Reihe technischer und anwendungsorientierter Dienstleistungen an, wie zum Beispiel Produkttests, Materialienscreening, Formulierungsentwicklung, Mitarbeiterschulungen, Kundenworkshops und regelmäßige Expertenveranstaltungen.
Was sind in den verschiedenen Anwendungsmärkten konkrete Trends oder Bedürfnisse, die es noch zu stillen gilt?
M. Liebenau: Wir investieren kontinuierlich in neues Equipment und haben erst kürzlich unser Serviceportfolio für Kunden aus dem Composites-Bereich erweitert. Ab sofort können offene Verfahren wie Hand-Lay-up-Prozesse, Vakuuminfusionen und Out-of-Autoclave-Prepreg-Verfahren abgebildet werden. Die größte Neuerung liegt aber in der Anschaffung des Argo1000, eines industriellen Hochtemperatur-3D-Druckers unseres Partners Roboze, mit dem wir wertvolle, innovative Zusatzservices anbieten können.
Für unsere Partner aus dem Construction-Bereich haben wir Ende letzten Jahres einen neuen Laborteil eröffnet, der speziell auf die Anforderungen von Mörtel- und Betonanwendungen ausgerichtet ist. Wir arbeiten nach branchenspezifischen DIN-Normen und können unter anderem Tests zu Konsistenz, Fließverhalten, Wasseraufnahme, Ausblühen und Oberflächengüte, also Entschäumung und Homogenität, durchführen.
Für den Life-Sciences-Bereich haben wir drei hochqualifizierte Labortechniker, die in zwei voll ausgestatteten Laborräumen neue Produktlösungen für Kunden testen und entwickeln. Die Kollegen kreieren ganze Produktkits, basierend auf ihrem tiefgehenden technischen Know-how und den aufkommenden Trends der Branche.
Im Healthcare-Bereich spezialisieren sich die Kollegen unter anderem auf pharmazeutische Roh- und Hilfsstoffe sowie auf medizintechnische Produkte. Unser Equipment ermöglicht es uns, für unsere Kunden wie eine inhouse R&D-Abteilung zu agieren, zum Beispiel bei der Herstellung pharmazeutischer Zubereitungen oder der Evaluierung medizinischer Klebstoffe.
Welche weiteren Services bieten Sie an, um für und mit Ihren Partnern und Kunden Innovation voranzutreiben?
M. Liebenau: Wir beraten und unterstützen unsere Partner bei Produktzertifizierungen, fungieren als technischer Berater, unterstützen bei Konfektionierungen und bieten Kooperationen mit Anlagenanbietern, Umfüllungsdienstleistern und Herstellern von Anwendungstechnik an.
Auch die Zusammenarbeit mit zukunftsweisenden Start-ups ist für uns ein wichtiges Thema. Wir kooperieren mit einigen vielversprechenden jungen Unternehmen, fördern ihre ambitionierten Ideen und Pläne und unterstützen sie mit unserem Know-how. Im Gegenzug erhalten wir wichtige Einblicke in die Forschung und Entwicklung von Produkten, Lösungen und Prozessen, die wir in unser Serviceangebot einfließen lassen können.
Mit all dem, woran wir aktuell arbeiten und was wir uns für die Zukunft vorgenommen haben, möchten wir unseren Partnern helfen, bestens für die kommenden Herausforderungen der Chemierohstoffdistribution gerüstet zu sein.
__________________________________________________________________________________________________________________________
Zur Person
Martin Liebenau ist seit September 2023 als Global Business Director bei Biesterfeld für den Aufbau des Bereichs Technology & Innovation zuständig. Liebenau studierte Chemie an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel und stieg nach seiner Promotion im Jahr 1995 im technischen Vertrieb bei Biesterfeld ein. Von 2013 bis 2018 übernahm er als Market Manager Coatings die Koordination aller Coatings-Aktivitäten der Biesterfeld Spezialchemie. Anschließend verantwortete er als Business Manager CASE sechs Jahre lang die europaweiten Vertriebsaktivitäten für die Bereiche Coatings, Polyurethane, Bauchemie und Klebstoff.
__________________________________________________________________________________________________________________________
Zur Person