Studie: Chemiedistribution 2012
Persönlicher Kontakt im Fokus – M&A weiterhin Thema – Beschaffungsmarkt Asien wächst
Im Gleichschritt mit dem Umsatzrekord der deutschen Chemieindustrie im Jahr 2011 von voraussichtlich knapp 190 Mrd. € haben sich auch die Unternehmen aus dem Bereich Chemiedistribution gut entwickelt. Mit einem tendenziell steigenden Umsatzanteil von aktuell ca. 10 % am Gesamtchemiemarkt kommt den Chemiedistributeuren eine wachsende Bedeutung als Partner der Chemieproduzenten bei der Distribution von Basis- und Spezialchemie zu. Wie ist der Ausblick der Chemiedistributeure in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf das Jahr 2012 und was sind die Erfolgsfaktoren? Die Ende 2011 von Grosse-Hornke Private Consult in Zusammenarbeit mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erstellte Studie liefert hierzu Antworten (s. Grafik 1).
Persönlicher Kontakt im Fokus
Die intensive persönliche Kommunikation genießt bei den Chemiedistributeuren oberste Priorität - sowohl im Kontakt mit den Chemielieferanten als auch mit den eigenen Kunden. Zwei Drittel der Studienteilnehmer geben an, für die Kommunikation mit ihren Kunden zusätzlich auf IT-Systeme zurückzugreifen, und mehr als die Hälfte setzt hierfür spezielle Customer-Relationship-Management (CRM)-Systeme ein. In die IT-Strukturen der Produzenten sind dagegen lediglich 18 % der Befragten eingebunden. Der Kommunikation über externe IT-Marktplätze wird insgesamt eine steigende Bedeutung beigemessen. Vielfach wird kommentiert, dass über die Intensivierung der Systemunterstützung z. B. mit Customer-Relationship-Management (CRM)-Systemen nachgedacht wird, hier jedoch stark der Fokus auf Analysen von Kunden- und Marktdaten und nicht auf einer „Elektronisierung" des eigentlichen Kontaktes zu den Kunden liegt. Für den Informationsaustausch mit den Lieferanten gilt dies ebenso. Entsprechend wird als Risiko einer stärkeren Konsolidierung der Branche durch z. B. große Distributionsunternehmen auch der Verlust der intensiven Kundenbindung inkl. der Kenntnis regionaler Marktbesonderheiten genannt.
Distributeur und Lieferant als Partner
Trotz der Markt- und Finanzmacht der Chemiehersteller wird von 84 % der Studienteilnehmer die Zusammenarbeit mit Chemikalienproduzenten als stark partnerschaftlich eingeschätzt. Lediglich 3 % sehen eine Dominanz bei den Distributeuren bzw. 13 % bei den Produzenten. Tendenziell ist es dabei so, dass gerade bei den beratungsintensiven Spezialitäten das Verhältnis zwischen Lieferant und Kunde regelmäßig durch starkes Vertrauen und enge Zusammenarbeit geprägt ist. Für den Einkauf auf Spot-Märkten gilt dagegen, dass hier Lieferanten und Distributeure tendenziell stärker substituierbar und entsprechend Partnerschaften weniger stark ausgeprägt sind. Die generell gute und harmonische Zusammenarbeit von Distributeuren und Chemielieferanten ist vermutlich auch der Grund dafür, dass lediglich 26 % der Teilnehmer davon ausgehen, dass Chemikalienproduzenten in Zukunft verstärkt eigene Distributionsunternehmen gründen werden.
Erfolgsfaktor Produktschulungen
Das Angebot von Produktschulungen durch Chemiehersteller wird von 85 % der Teilnehmer als sehr wichtig eingestuft und liegt deutlich vor der Forderung nach konkreten Ansprechpartnern für z. B. REACh und andere Regularien (76 %) und einem Key Account Management für Distributeure beim Chemikalienhersteller (68 %). Unterstützung bei der Schulung des Vertriebs spezieller Produkte wird dagegen von einem Großteil der Befragten (60 %) als unwichtig eingestuft. Auffällig ist auch, dass ein Viertel der Teilnehmer ein Entwicklungsprogramm für Distributeure durch die Chemiehersteller im Sinne einer strategischen Weiterentwicklung als wichtig, aber vielfach nicht existent einschätzt. Hier scheinen für die Chemiehersteller noch Ansatzpunkte vorhanden zu sein, durch eine intensivere Zusammenarbeit mit Distributeuren weitere Umsatzpotentiale bei bestehenden und neuen Kunden zu erschließen. So werden von den Teilnehmern explizit z. B. eine „klar formulierte, kommunizierte und gelebte Distributionsstrategie", „Joint Meetings mit Kunden oder auch gemeinsame Messeauftritte" oder „Information über Produktneuentwicklungen" als Optimierungspunkte angeregt.
Mitarbeiterqualifikation als Herausforderung
Steigende Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter stellen zahlreiche Chemiedistributeure bei gleichzeitigem Fachkräftemangel vor immense Probleme. Gerade in ländlichen Gebieten ist es vielfach schwierig, das entsprechend ausgebildete Personal zu finden und langfristig an das Unternehmen zu binden. Entsprechend genießt das Thema Personal bzw. Personalqualifikation als Erfolgsfaktor auch eine hohe und steigende Bedeutung (s. Grafik 2).
M&A weiterhin Thema
Nachdem die Chemiedistributionsbranche in den letzten Jahren durch starke Mergers-&-Acquisitions (M&A)-Aktivitäten auf sich aufmerksam gemacht hat, geht ein Großteil der Studienteilnehmer für die Zukunft von einem konstanten (55 %) bzw. einen leicht steigenden M&A-Niveau (34 %) aus. Als Treiber für die Marktkonsolidierung durch M&A werden die weiteren Wachstumsbestrebungen großer Chemiedistributeure genannt, die z. B. durch Akquisitionen in neue regionale oder Produktmärkte vordringen bzw. Marktanteile erwerben. Ein weiterer Treiber sind Nachfolgeproblematiken bei Familienunternehmen, die ebenfalls den Verkauf des eigenen Unternehmens als eine strategische Option erscheinen lassen. Einschränkend wird genannt, dass aufgrund von kartellrechtlichen Bestimmungen Übernahmen in Zukunft für große Unternehmen tendenziell schwieriger werden dürften, als sie dies in der Vergangenheit waren.
Beschaffungsmarkt Asien
Die Studienergebnisse zeigen klar die wachsende Bedeutung von Asien als Beschaffungsmarkt (s. Grafik 3). Insbesondere Indien und China werden von 87 % der Teilnehmer als interessanter zukünftiger Beschaffungsmarkt genannt. Als Problemfelder beim Eintritt in neue Absatz- und Beschaffungsmärkte werden vor allem hohe Marktsättigung (60 %), mangelnde adäquate Personalressourcen (44 %) und Währungsunsicherheiten (45 %) angeführt.
Im Tandem zum Erfolg
Die Entwicklung der Chemiedistribution in den letzten Jahren ist eine Erfolgsgeschichte. Mit einer verhältnismäßig geringen Kapitalbindung und einem hohem Lagerumschlag zeigen sich viele Chemiedistributeure in sehr guter Verfassung bzgl. Umsatz und Ergebnis. Weitere Wachstumschancen sehen die befragten Unternehmen mit Blick auf das Jahr 2012 insbesondere durch die Fokussierung auf bestimmte (Abnehmer-)Industrien (60 %), den Ausbau der Serviceaktivitäten (61 %), die Fokussierung auf ausgewählte Anwendungen (50 %) bzw. auf spezielle Produktgruppen (61 %).
Durch Exzellenz im Distributorenmanagement können Chemiehersteller und -distributeure dabei eine schlagkräftige Einheit bilden, um auch im Jahr 2012 neues Wachstum zu erzielen. Voraussetzungen für profitables Wachstum sind dabei eine weiterhin günstige Kostenstruktur bei gleichzeitiger Vertriebsstärke durch z. B. entsprechend gut qualifizierte Mitarbeiter und ein umfassendes Kundenbeziehungsmanagement.
Eine umfassende Präsentation der Studienergebnisse finden Sie hier.
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