Chemie & Life Sciences

Schritt für Schritt den Wasserhahn zudrehen

Sauber, gepflegt und geschützt: Innovative, nachhaltige Chemielösungen für Industrie- und Privatkunden

17.08.2022 - Sauber, gepflegt und geschützt: Caramba Chemie entwickelt nachhaltige Chemie- und Prozesslösungen für Industrie- und Privatkunden. Interview mit Reiner Eckhardt.

Caramba Chemie ist einer der führenden Hersteller chemischer Spezialprodukte für die Reinigung sowie die Behandlung und den Schutz von Materialoberflächen. Neben den bekannten Markenprodukten für die Pflege, Reinigung und Wartung von Autos und Zweirädern oder rund um Haus und Garten ist Caramba vor allem professionellen Anwendern in Industrie und Gewerbe oder Betreibern von Waschanlagen ein Begriff. Das Unternehmen ist Teil der internationalen Berner Group und forscht, entwickelt und produziert neue Produkte und Prozesse an den drei deutschen Standorten in Duisburg, Bremen und Bad Kreuznach. Birgit Megges und Michael Reubold befragten Reiner ­Eckhardt, CEO der Caramba Chemie, zu aktuellen F&E-Aktivitäten und der neuen Unternehmensstrategie.

CHEManager: Herr Eckhardt, Generationen von Heimwerkern, Handwerkern und Autofahrern ist das Caramba Multiöl ein Begriff. Wie entwickelten sich das Produktportfolio und die Anwendermärkte im Laufe der fast 120-jährigen Firmengeschichte?

Reiner Eckhardt: Die Erfolgsgeschichte begann 1903 als Max Elb beim Patentamt in Dresden beantragte, den Namen „Caramba“ schützen zu lassen. Unser Multiöl wurde dann in den 1920er Jahren auf den Markt gebracht und ist seitdem tatsächlich ein beliebter Alleskönner im Haushalt oder bei privaten und gewerblichen Fahrzeugtüftlern. Aber unser Erfolg erschöpft sich natürlich nicht im Vertrieb von Schmierölen und Rostlösern. Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter: Produktportfolio, Vertriebsstrukturen, interne Organisation und Prozessabwicklung. Und obwohl wir durchaus traditionsbewusst sind, prägt vor allem die Innovation unseren Marken­kern, davon lebt die Spezialchemie schlicht.

Als forschungsintensives Unternehmen legen wir ein hohes Innovationstempo vor. In unseren drei zertifizierten Prüflaboren entstehen beispielsweise Reinigungsstrategien und -produkte, die sich vor allem an Umweltschutz und Nachhaltigkeit orientieren. Wir arbeiten mit einem aufwändigen internen Qualitätsmanagement, um unsere Produktqualität zu sichern, die wir übrigens auch regelmäßig durch unabhängige Institute bestätigt bekommen. Nicht umsonst gehört Caramba seit 2004 zu den Marken des Jahrhunderts, und darauf sind wir mehr als stolz!

Heute umfasst Ihr Sortiment Produkte von der Autopflegeserie über Hightech-Betriebsmittel bis zu chemisch-technischen Lösungen für professionelle Reinigungsprozesse. Wo liegen die Umsatz- beziehungsweise Anwendungsschwerpunkte?

R. Eckhardt: Zu unseren Kunden zählen viele Automobilhersteller und natürlich Betreiber von Fahrzeugwaschanlagen. Mehr als 60 % unserer Umsätze fallen auf den Bereich Private Label – wir fertigen Produkte für große Mineralölkonzerne wie Aral und für mehrere Kunden aus den Top10 der internationalen Automobilhersteller.

Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Consumer-Produkten und Prozesschemikalien: Bei den Consumer-Produkten stehen neben der Leistungsfähigkeit für uns die Verträglichkeit mit Mensch und Umwelt im Mittelpunkt. Bei Prozess­chemikalien – wie zum Beispiel Reinigern für die Waschstraße – sind wir als Zulieferer zusätzlich auch immer Teil der Anwendung und des Kundenprozesses. Wir unterstützen durch unsere Anwendungstechnik den ressourcenschonenden, effizienten Einsatz zum Nutzen des Endkunden und der Umwelt, frei nach dem Motto: Weniger ist mehr.

Einer unserer Schwerpunkte heute und in Zukunft liegt in der maschinellen Autowäsche. Vom Konsumenten werden grüne Alternativen bei der Reinigung oft noch als Kompromisse wahrgenommen, die Abstriche in der Performance mit sich bringen. Perspektivisch brauchen wir Produkte, die ohne Kompromisse ihre „Aufgabe“ erledigen, ohne auf Kosten der Umwelt und Nachhaltigkeit zu gehen.

 

„Das Thema Nachhaltigkeit wird unseren Entwicklungsalltag jetzt und in Zukunft bestimmen.“

 

Wie gelingt es Ihnen denn, die drei Faktoren Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz in Ihrem Produktsortiment miteinander zu verknüpfen?

R. Eckhardt: Gute Produkt- und Leistungsqualität rund um unsere Kernkompetenz Reinigen waren schon immer die Voraussetzung für unseren Erfolg. Aber der erschöpft sich nicht im Verkauf von qualitativ hochwertigen Produkten. Wir gehen noch einen Schritt weiter und verbinden unsere Entwicklungsexpertise in der Spezialchemie mit gezieltem Prozess-Know-how. Gemeinsam mit den Kunden werden vor Ort die Geschäfts- und Fertigungsprozesse analysiert und individuell zugeschnittene Lösungen entwickelt.

Wir arbeiten dabei nach dem Caramba ABC: A wie eingehende Analyse der vorhandenen Situation bei Verschmutzung und Infrastruktur von Fahrzeugen, Waschanlage und Brauchwasseraufbereitung sowie der individuellen betrieblichen Abläufe. B wie Beurteilung, Beratung und Empfehlung von Lösungswegen. Und schließlich C wie „Caramba-Effekt“, eine deutliche und vor allem messbare Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit für unsere Kunden

Das Prinzip ist einfach: Hocheffiziente Chemie reduziert die Einsatzmengen und unterstützt damit die Nachhaltigkeit in der Anwendung.

Herausforderungen liegen natürlich im Weglassen liebgewonnener Performance-Rohstoffe, die vielleicht über ihre chemische Beschaffenheit besondere Produktmerkmale ermöglichen, dafür aber negative Konsequenzen im ökologischen Fußabdruck nach der Anwendung nach sich ziehen. Hier müssen wir Alternativen identifizieren. Das gelingt uns nicht ohne Aufwand und Stand heute auch nicht in allen Anwendungen gleichermaßen. Aber allein der Blick auf die Verschärfung der EU-Gesetzgebung zeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit unseren Entwicklungsalltag jetzt und in Zukunft bestimmen wird. Wir stellen uns dieser Herausforderung aber gerne, weil wir finden, dass es der richtige Zeitpunkt und der richtige Weg sind.

Welche Rolle spielen alternative Rohstoffe in Ihren Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten?

R. Eckhardt: In allen Aspekten suchen wir Kooperationen jenseits unseres Tellerrands, auch außerhalb unserer standardmäßigen Zulieferer und Produkte. Es sind derzeit viele Produkte auf dem Markt mit dem Hinweis auf biologische Abbaubarkeit und auf zumindest teilweise biologischen Ursprung. Ohne genauere Angaben gehen diese Ansprüche jedoch nicht wesentlich über die sowieso vorgeschriebene Detergenzienverordnung hinaus. Wir favorisieren Rohstoffe mit nachweisbarer, möglichst hoher Rate biologischen Ursprungs, wenn möglich 100 %. Noch besser sind Rohstoffe aus biologischen Produktionsprozessen. Auch unsere Zulieferer haben die Notwendigkeit zur Nachhaltigkeit erkannt, und das noch kleine Angebot wird fortschreitend erweitert. Hier werden wir noch einige Ansätze für wirklich „grüne“ Caramba-Produkte finden und umsetzen.

Wie wichtig ist bei Ihren Produkten das Zusammenwirken von Chemie und Technik?

R. Eckhardt: Auch hier werfen wir einen Blick über den Tellerrand: Unser Fokus liegt klar auf der Entwicklung von Reinigungslösungen mittels Spezialchemie. Deshalb suchen wir uns innovative Kooperationspartner, die zu uns passen, um gemeinsam etwas Neues zu entwickeln. So wie im Fall unserer X-Jet-Düsen. Die Niederdruckdüsen stammen von dem Berliner Start-up FDX. In Verbindung mit unserer ganzheitlichen Prozessbetrachtung und der Leistungsstärke unserer Produkte schaffen wir einen echten Mehrwert für den Waschanlagenbetreiber: Er spart bei jeder Fahrzeugwäsche bis zu 30 % Wasser – und das bei gleicher oder noch besserer Reinigungsleistung. Solche Entwicklungspartnerschaften sind der richtige Weg.

 

„Wir verbinden unsere Entwicklungsexpertise in der Spezialchemie mit gezieltem Prozess-Know-how.“

 

Die Entwicklung der innovativen Wasserspardüse für Waschanlagen ist nur ein Ergebnis Ihrer F&E-Tätigkeiten. Können Sie weitere Beispiele nennen?

R. Eckhardt: Derzeit laufen Projekte mit der Westfälischen Hochschule zum Thema Biologie in der Waschstraße, die die Reduktion des Frischwasserverbrauchs zum Ziel haben. Nur wenn Anlagentechnologie, Wasseraufbereitung und Chemie miteinander abgestimmt sind, kann der Betreiber darüber nachdenken, den Frischwasserverbrauch pro Fahrzeug zu drosseln. Entsprechend suchen und praktizieren wir Kooperationen gerade im Bereich der Wasseraufbereitung und versuchen gemeinsam, Schritt für Schritt den Wasserhahn zuzudrehen. Wasser sparen geht uns in letzter Konsequenz alle an, denn die klimabedingte Wasserknappheit ist in vielen Regionen Deutschlands bereits weit fortgeschritten. Gelingt es uns hier nicht, andere Wege der Wasseraufbereitung zu finden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Waschstraßen bei fortschreitendem Klimawandel und anhaltender Wasserknappheit zukünftig im Sommer schließen müssen.

In welchen Anwendungsbereichen sehen Sie künftig das größte Marktpotenzial für innovative Entwicklungen?

R. Eckhardt: ­Entwicklungspotenzial sehe ich in der professionellen Autowäsche und -pflege und auch im B2C-Bereich. Die Entwicklung nachhaltiger Rezepturen aus 100 % biobasierten Rohstoffen ohne Einsatz von chemischen Herstellprozessen oder der Ersatz von entzündlichen Treibgasen wie Propan oder Butan durch Druckluft mit den gleichen Sprüheigenschaften. All das sind Bereiche, in denen wir an innovativen Lösungen arbeiten. Und wir werden natürlich die Augen offenhalten und weitere Entwicklungspartnerschaften eingehen. Unsere Position im Kernsegment ist klar: Höchste Leistung in der Fahrzeugwäsche kombinieren wir mit Nachhaltigkeit und schonen dabei Ressourcen. Hier sind wir technologisch führend und werden diese Position konsequent weiter ausbauen.

Aktuell schaffen wir intern die organisatorischen Vorrausetzungen, um unsere ambitionierten Wachstumsziele umzusetzen beispielsweise im Bereich Digitalisierung von Geschäftsprozessen oder Modernisierung unserer IT.

Außerdem setzen wir auf mehr Key Account Manager, mehr Service-Mitarbeiter und auf den Aufbau von organisatorischen Geschäftseinheiten, die jeweils einen klaren Fokus auf Marke beziehungsweise Private Label haben. Sich zu fokussieren, habe ich als eine der wichtigsten und für jeden Erfolg bedeutenden Eigenschaften kennen und schätzen gelernt. Der Markt wächst moderat, Autos und Nutzfahrzeuge werden auch in Zukunft gewaschen werden. Auch alternative Formen der Autonutzung wie unter anderem Miete oder Mobility-as-a-Service werden diesen Trend eher beschleunigen als verlangsamen, und wir wollen mit ­Caramba ganz vorne dabei sein.

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