Klima, Kreislaufwirtschaft und Wertschätzung
Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft
Im Dezember 2024 hat Nobian eine Vereinbarung mit der niederländischen Regierung zur Beschleunigung der CO2-Reduzierung geschlossen. Die Projekte stellen eine Gesamtinvestition in Höhe von 645 Mio. EUR dar, davon 185 Mio. EUR an Subventionen. CHEManager befragte Haimo Tonnaer, Sustainability Program Manager bei Nobian, über die Nachhaltigkeitsinitiativen des Unternehmens. Die Fragen stellte Volker Oestreich.
CHEManager: Herr Tonnaer, was unternimmt Nobian zur Erreichung seiner Nachhaltigkeitsziele?
Haimo Tonnaer: Bei Nobian wandeln wir Salz in wichtige Chemikalien um, die zur Herstellung von Medikamenten, Wasserreinigungsmitteln, Baumaterialien, Zellstoff und Papier, Kraftstoffen und Düngemitteln verwendet werden. Wir streben eine führende Rolle bei der Energiewende an und möchten zu einer nachhaltigen Gesellschaft und Lebensumgebung beitragen. Unser Ziel ist es, eines der nachhaltigsten Chemieunternehmen in Europa zu werden. Da unsere Produktionsprozesse sehr energieintensiv sind, können wir durch die Reduzierung unserer Scope-1- und Scope-2-Emissionen den größten und schnellsten Einfluss auf den Klimawandel nehmen. Bis 2040 wollen wir in Scope 1 und Scope 2 CO2-neutral werden und zu 100 % mit Strom aus erneuerbaren Energien arbeiten.
Mit unserem Nachhaltigkeitsprogramm „Grow Greener Together“ arbeiten wir gemeinsam mit Kunden und Lieferanten daran, diese Ziele zu erreichen, die alle auf einer unserer drei Nachhaltigkeitssäulen: Klima, Kreislaufwirtschaft und Wertschätzung basieren. Wir messen unseren Fortschritt anhand spezifischer und ehrgeiziger KPI, die unabhängig verifiziert und transparent berichtet werden. Dazu gehören unter anderem die Reduzierung der CO2-Emissionen und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien sowie die Reduzierung des Frischwasserverbrauchs und die Lieferung kohlenstoffarmer Produkte.
Welche Maßnahmen im Anlagenbetrieb tragen in Ihrem Unternehmen zur Dekarbonisierung bei?
H. Tonnaer: Der Fokus auf Nachhaltigkeit spielt für uns seit vielen Jahren eine entscheidende Rolle bei der Anlagenplanung: Dazu gehörten der Umbau und der Bau neuer Produktionsanlagen mit modernster, energieeffizienter Technologie, die Installation von Wärmepumpen für eine unserer großen Salzfabriken und verschiedene Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz. Gleichzeitig weiten wir die Nutzung nachhaltiger Energiequellen aus, beispielsweise durch den Abschluss von Stromabnahmeverträgen für erneuerbaren Strom oder die Nutzung von Dampf aus der Abfallverbrennung.
Was bedeutet das konkret für Ihre Scope-1-Emissionen?
H. Tonnaer: Die Hauptquelle unserer Scope-1-Emissionen – Treibhausgase, die wir selbst produzieren – ist die Verbrennung von Erdgas zur Erzeugung von Dampf und Strom in unseren Kesseln und Blockheizkraftwerken. Unsere Scope-1-Emissionen werden durch die Elektrifizierung unserer Betriebe, in denen wir derzeit erdgasbasierte Dampferzeugungstechnologien einsetzen, reduziert. Die größte Reduzierung wird durch die Installation von mechanischen Dampfkompressionsanlagen für die Salzproduktion erzielt, bei denen es sich um eine Art großtechnischer Wärmepumpen handelt. Diese Anlagen werden in den kommenden Jahren schrittweise realisiert und etwa 2030 fertiggestellt sein. Weitere konkrete Schritte zur Reduzierung unserer Scope-1-Emissionen waren die Inbetriebnahme eines neuen E-Boilers an unserem Standort Mariager in Dänemark und die Installation von zwei neuen Solevorwärmern in unserer Salzproduktionsanlage in Delfzijl in den Niederlanden. Ein weiterer großer Schritt zur Reduzierung der Scope-1-Emissionen wird die Umstellung der Chlorproduktion in Rotterdam auf die neueste Zero-Gap-Technologie sein: Der jährliche Stromverbrauch der Anlage wird im Vergleich zu 2020 um 135 GWh sinken, was etwa dem Verbrauch von 50.000 Haushalten entspricht.
Sie haben schon angedeutet, dass Sie auch Scope 2 fest im Blick haben?
H. Tonnaer: Natürlich, es reicht für uns als energieintensives Unternehmen nicht aus, sich auf die Emissionen des Bereichs 1 zu konzentrieren: Parallel zu unseren Plänen zur Reduzierung des Bereichs 1 reduzieren wir auch unsere Emissionen des Bereichs 2. Nobian verbraucht bereits eine große Menge Strom für seine Chlor-Alkali-Elektrolyseanlagen. Wenn wir unsere Betriebsabläufe weiter elektrifizieren, benötigen wir noch mehr Strom. Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir daher auch unsere Scope-2-Emissionen reduzieren, indem wir Strom und Dampf aus erneuerbaren Quellen nutzen. Derzeit nutzen wir bereits mehr als 40 % erneuerbare Energien.
Für erneuerbare Elektrizität haben wir verschiedene PPA, also Stromabnahmeverträge oder Power Purchase Agreements, abgeschlossen, um Wind- und Solarenergie zu beziehen, zunächst in den Niederlanden, dann auch in Dänemark und zuletzt, im November 2024, mit Tion Renewables in Deutschland. Weitere PPA sollen in den kommenden Jahren folgen. Stromabnahmeverträge mit Windparks sind unerlässlich, um CO2-neutral zu werden. Allerdings steht Nobian, wie die gesamte Branche, vor dem Problem, dass die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit erneuerbarer Energien begrenzt ist, während die Nachfrage aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung von Anlagen steigt. Neben Strom beziehen wir auch erneuerbaren Dampf von anderen Unternehmen, zum Beispiel aus Müllheizkraftwerken und Biomassekraftwerken.
Arbeiten Sie auch daran, die Energieeffizienz Ihrer Produktionsprozesse zu verbessern?
H. Tonnaer: Unsere Prozesse sind energieintensiv und deshalb suchen wir ständig nach Möglichkeiten, unseren Energieverbrauch zu optimieren. Nobian hat ein ehrgeiziges und standardisiertes Energieeffizienzprogramm mit klarer Steuerung eingeführt. Unser Portfolio an Energiesparprojekten wird zentral gesteuert, monatlich mit allen Standorten besprochen und an das Nobian-Managementteam gemeldet. Zu den wichtigsten Errungenschaften gehören die Installation eines neuen und verbesserten Wärmetauschers in unserer Salzfabrik in Delfzijl und eine verbesserte Dampfregelung in Hengelo.
„Unsere Prozesse sind energieintensiv und deshalb suchen wir ständig nach Optimierungsmöglichkeiten.“
Wie unterstützen Automatisierungs- und Digitalisierungslösungen in der Produktion die Dekarbonisierung?
H. Tonnaer: In den letzten zwei Jahren haben wir in die Flexibilisierung der Elektrolyseanlagen investiert, um unsere Rolle bei der Stabilisierung des Stromnetzes zu stärken. Mit dieser E-Flexing-Funktion fungiert die Anlage als Reserve und kann heruntergefahren werden, wenn es zu einer Stromknappheit im Netz kommt. Und das ist wichtig, denn die zunehmenden Schwankungen aufgrund erneuerbarer Energien und die Verringerung der flexiblen Stromerzeugung zum Beispiel mit Gasturbinen belasten die Stabilität des Stromnetzes. Wenn es nun zu einem Strommangel im Netz kommt, wird unsere Produktion und damit auch der Stromverbrauch reduziert, um das Netz stabil zu halten.
Dank E-Flex stehen nun innerhalb von 15 Minuten 15 – 25 % der Produktionskapazität zur Netzstabilisierung zur Verfügung. Um dies zu erreichen, wurden die drei Chlor-Alkali-Anlagen in Rotterdam, Delfzijl und Bitterfeld, in denen wir bereits über E-Flex-Kapazität verfügten, noch flexibler gestaltet. Darüber hinaus haben wir 2023 die Chlor-Alkali-Produktionsanlage in Frankfurt und zwei Salzproduktionsanlagen in Delfzijl und Mariager hinzugefügt, die nun ebenfalls E-Flex-Kapazität für das Netz bereitstellen.
Für E-Flex wurde ein neues ESG-Ziel festgelegt, nämlich die Umstellung von manueller auf automatische Aktivierung. Dadurch kann der Netzbetreiber den Stromverbrauch unserer Anlagen automatisch reduzieren. Darüber hinaus wird die Reaktionszeit bis 2025 von bisher 15 Minuten auf fünf Minuten verkürzt. Die Elektrolyseanlagen in Rotterdam, Frankfurt und Bitterfeld sind seit Ende 2023 direkt an das Netz angeschlossen, sodass eine automatische Leistungsreduzierung möglich ist. Unser Ziel ist es, die bestehenden Anlagen weiter zu optimieren und auch die verbleibenden Elektrolyse- und Salzanlagen in Delfzijl, Ibbenbüren und Mariager anzuschließen.
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