Österreichs Biotechnologie-Branche
Zukunftsweisende Forschung und Entwicklung sind Basis für anhaltenden Erfolg
Die Biotechnologiebranche in Österreich ist weiterhin auf Erfolgskurs. Dies geht aus dem aktuellen „Life Science Report Austria 2018“ hervor. Herausgeber der Branchenstudie ist Austria Wirtschaftsservice, die Förderbank des Landes Österreich. Von 2014 bis 2017 sind alle wirtschaftlichen Kennzahlen wie Unternehmens- und Mitarbeiterzahlen sowie der Branchenumsatz deutlich gestiegen. Zudem konnten die Biotech-Unternehmen gegenüber den Vorjahren ihre Finanzierung deutlich ausbauen.
Im Jahr 2017 gab es 127 österreichische Unternehmen, die ganz oder zum größten Teil im Bereich Biotechnologie tätig waren. Dies ist ein deutlicher Anstieg (+9,5 %) gegenüber der letzten Umfrage im Jahr 2014. Seit 2014 sind insgesamt 29 Start-ups entstanden.
Eine junge und agile Branche
Mit der Zahl der Unternehmen ist auch die Anzahl der Beschäftigten in dieser Branche gestiegen. Im Jahr 2017 arbeiteten insgesamt 1.830 Personen für Biotechnologieunternehmen – 10,2 % mehr als 2014 (1.660 Mitarbeiter). Die Biotechnologie in Österreich ist eine noch recht junge Branche – ein Unternehmen in diesem Sektor ist durchschnittlich gerade einmal 8 Jahre alt.
Die Größe der Unternehmen spiegelt das junge Alter der Branche wider. Alle erfassten Biotech-Firmen hatten weniger als 250 Beschäftigte und fielen nach EU-Definition somit in die Kategorie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Tätigkeitsfelder
Die Biotechnologie ist eine typische Querschnittstechnologie. Sie wird in einem breiten Anwendungsspektrum und in vielen verschiedenen Industriezweigen eingesetzt. In dem aktuellen Branchenreport werden fünf große Tätigkeitsfelder unterschieden.
Biotechnologiefirmen im Bereich Gesundheit und Medizin entwickeln neue Therapien, Impfstoffe, Biomarker oder suchen nach neuen Diagnostika. Im Jahr 2017 waren 85 der 127 Biotech-Unternehmen (66,9 %) des Landes in diesem Bereich tätig und konzentrierten sich auf ein breites Spektrum verschiedener Indikationen.
Unternehmen der industriellen Biotechnologie widmen sich der Entwicklung neuer technischer Enzyme, neuer Biomaterialien und neuer biotechnologischer Produktionsverfahren. Im Jahr 2017 waren 14 österreichische Unternehmen (11 %) in diesem Bereich tätig – vier mehr als noch 2014.
Die Bioinformatik – das Sammeln und Analysieren großer Datenmengen mit Hilfe von Informationstechnologien – ist ein wachsendes Feld. Im Jahr 2017 gehörten fünf österreichische Unternehmen (3,9 %) zu dieser Kategorie – gegenüber drei Unternehmen im Jahr 2014.
Unternehmen der landwirtschaftlichen Biotechnologie entwickeln neue biotechnologische Verfahren, um die Pflanzengesundheit und den Ertrag von Nutz- und Zierpflanzen sowie Algen zu verbessern. Im Jahr 2017 waren nur drei österreichische Unternehmen (2,4 %) in diesem Bereich tätig, ein Unternehmen mehr als in den Vorjahren.
Einige Unternehmen bieten unspezifische Forschungstechnologien, Reagenzien und Ausrüstungen für andere Biotechnologie- oder Pharmaunternehmen an. Diese Tätigkeitsfelder gelten als „unspezifische Anwendungen“, aber ein großer Teil der angebotenen Dienstleistungen bezieht sich auf Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Gesundheitswesen. Auch reine Auftragsforschung oder Fertigung ohne eigene Entwicklungsaktivitäten wird dieser Kategorie zugeordnet. Mit 20 Unternehmen (15,7 %) im Jahr 2017 ist sie nach wie vor das zweitgrößte Segment der österreichischen Biotechnologiebranche. Allerdings ist die Zahl der Unternehmen, die unspezifische Anwendungen anbieten, seit 2014 um 20 % gesunken.
Branchenweit betrachtet, haben die meisten der seit 2014 tätigen Start-up-Unternehmen – nämlich 23 der insgesamt 29 gegründeten Firmen – ihre Geschäftsmodelle auf die dem Bereich Gesundheit und Medizin zuzuordnende Biotechnologie ausgerichtet. Die anderen Anwendungsbereiche spielten eine untergeordnete Rolle.
Klinische Pipeline und Indikationen
Im Jahr 2017 befanden sich bei den 85 österreichischen Biotechnologieunternehmen im Gesundheitsbereich insgesamt 92 Substanzen in der präklinischen Entwicklung oder in einer der drei Phasen der klinischen Entwicklung. Im Vergleich zu 2014 stellt dies einen leichten Rückgang von 5,1 % dar.
Allerdings ist die Zahl der biopharmazeutischen Substanzen gestiegen: Im Jahr 2017 waren 67 solcher Verbindungen in der Pipeline (2014 waren es 65), was drei Viertel aller Medikamentenkandidaten entsprach. Nur 25 Medikamente waren sog. kleine Moleküle (2014: 32). Die Anzahl der von österreichischen Biotech-Unternehmen entwickelten zugelassenen Produkte ist um eins gestiegen. Somit waren zum Zeitpunkt der Erhebung vier Produkte auf dem Markt.
Österreichs Biotechnologieunternehmen konzentrieren ihre Medikamentenentwicklung auf mehrere Indikationen mit hohem medizinischem Bedarf. Bei den drei wichtigsten Indikationsgebiete handelte es sich um Infektionskrankheiten, Krebstherapie und Atemwegserkrankungen.
Umsatz steigt deutlich
Die zunehmende Zahl spezialisierter Biotechnologieunternehmen in Österreich führte zu einem deutlichen Wachstum der Branche. Dies zeigte sich vor allem am Umsatz. Im Jahr 2017 erwirtschafteten die 127 österreichischen Biotechnologieunternehmen einen Gesamtumsatz von 312,6 Mio. EUR, was einem Plus von 58 % gegenüber 2014 (198 Mio. EUR) entspricht.
Das stärkste Wachstum hat in den Gesundheitsbereichen der Biotechnologie stattgefunden. Der Umsatz der dort tätigen Unternehmen stieg mit 203,6 Mio. EUR um 58,6 % gegenüber 2014 (128,4 Mio. EUR) und überschritt erstmals die 200-Mio.-EUR-Marke. Auch die industrielle Biotechnologie verzeichnete einen signifikanten Anstieg. Mit einem Umsatz von rund 35 Mio. EUR im Jahr 2017 stiegen die Zahlen gegenüber 2014 (29,8 Mio. EUR) um 17,4 % und spiegelten die wachsende Bedeutung biotechnologischer Lösungen für industrielle Prozesse wider. Nur ein kleiner Teil des Umsatzes in Österreich wurde der Umfrage zufolge von Unternehmen der landwirtschaftlichen Biotechnologie erwirtschaftet.
Unternehmen, die unspezifische Forschungsanwendungen und -dienstleistungen anbieten, erwirtschafteten im Jahr 2017 einen Umsatz von rund 71,4 Mio. EUR und machten damit 22,8 % des Gesamtumsatzes der Biotechnologieunternehmen aus. Im Vergleich zu 2014, als die Unternehmen 38,4 Mio. EUR Umsatz erzielten, stieg die Zahl um 85,9 %.
Hohe F&E-Investitionen
Ein wichtiger Indikator für die Innovationskraft und Nachhaltigkeit eines Industriezweiges ist die Höhe der Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E). Mehr als die meisten anderen Branchen ist die Biotechnologie sehr forschungsintensiv. Unternehmen müssen oft Millionen von Euro in Forschung und Entwicklung investieren, bevor sie ein Produkt auf den Markt bringen können. Dies wird durch die 170,8 Mio. EUR – mehr als die Hälfte des Umsatzes (54,6 %) – deutlich, die 2017 von in diesem Sektor tätigen Unternehmen in Forschung und Entwicklung investiert wurden.
Bedingt durch die hohen Kosten für die Entwicklung neuer Medikamente wurden die mit Abstand größten Summen in gesundheitsbezogene Projekte investiert. Im Jahr 2017 entfielen allein auf diesen Bereich 156,1 Mio. EUR F&E-Ausgaben (2014: 132,5 Mio. EUR). Drei Viertel des Umsatzes wurden in diesem Segment in Forschung und Entwicklung reinvestiert.
Finanzierung
Angesichts des hohen Kapitalbedarfs für die Forschung und Entwicklung biotechnologischer Produkte besteht in diesem Sektor ein hoher Bedarf an Fremdfinanzierung: entweder durch Risikokapital, institutionelle oder private Investoren, öffentliche Zuschüsse, Kredite oder andere Beiträge.
In Bezug auf die Finanzierung war 2017 ein außergewöhnlich gutes Jahr für österreichische Biotechnologieunternehmen. Sie konnten sich insgesamt 289,5 Mio. EUR sichern. Das ist mehr als das Dreifache des im Jahr 2014 aufgenommenen Betrags (86,8 Mio. EUR). Vor allem Finanzierungen über Risikokapital und Private Equity gingen in die Höhe: Österreichische Biotechs konnten auf diese Weise 137,4 Mio. EUR einnehmen.
Ausblick
Der Life-Science-Sektor und insbesondere das Spezialgebiet Biotechnologie haben sich in den vergangenen Jahren in Österreich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Die Branche trägt dabei nicht nur zur aktuellen Wirtschaftsleistung bei, sondern schafft dank forschungsintensiver Unternehmensideen standortrelevante Innovationen.
Das Wachstum des Sektors spiegelt sich auch in dem zunehmenden Interesse internationaler Unternehmen an Geschäften mit Firmen in Österreich wider. Darüber hinaus erweist sich das Land als attraktiver Standort und als bedeutendes Investitionsziel für eine Reihe von multinationalen Unternehmen.
Das Ziel der österreichischen Regierung ist es daher, durch die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Markt sowie die Förderung junger Unternehmen diesen Trend fortzusetzen.
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