Deutsche Biotech-Branche erreicht Umsatzmilliarde in 2007
11.01.2012 -
Deutsche Biotech-Branche erreicht Umsatzmilliarde im Jahr 2007. Der Umsatz der deutschen Biotechnologie-Branche ist im vergangenen Jahr um 6 % auf eine Milliarde € gestiegen. Die privaten Unternehmen steigerten ihren Umsatz sogar um 15 %. Trotz eines leichten Rückgangs bei der Zahl der Unternehmen von 403 auf 395 zählen die deutschen Biotech-Unternehmen wieder mehr Mitarbeiter: Die Zahl der Beschäftigten ist um 4 % auf 10.162 gestiegen. Bezieht man auch deutsche Tochterfirmen ausländischer Biotech-Unternehmen in die Berechnung ein, sind in der deutschen Biotechnologie-Branche sogar mehr als 13.000 Mitarbeiter tätig. Zu diesen Ergebnissen kommt der neunte deutsche Biotechnologie-Report der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young.
Mit einem Anstieg um 16 % auf 980 Mio. € wurde wieder stark in Forschung und Entwicklung investiert, der erste kräftige Zuwachs seit Jahren. Vor allem bei den Medikamenten-Entwicklern wurde vermehrt in kostenintensive klinische Studien investiert. Bedingt auch durch die erhöhten F&E-Ausgaben hat sich der Verlust der deutschen Biotech-Branche um 7 % auf 665 Mio. € erhöht. Dennoch stieg die Zahl der profitabel arbeitenden Biotech-Unternehmen in den vergangenen Jahren kontinuierlich: Im Jahr 2004 machten 29 % der Unternehmen Gewinne, aktuell liegt der Anteil bei 40 %. Profitable Unternehmen sind dabei meist in den Geschäftsfeldern der Technologieentwicklung, Diagnostik oder als Dienstleister zu finden.
„Die deutsche Biotechnologie-Branche ist auf einem stabilen Wachstumskurs“, kommentiert Siegfried Bialojan, Leiter des Industriesektors Biotech bei Ernst & Young, die Ergebnisse. „Dieser basiert vor allem auf der fundierteren und reiferen Produktentwicklung und solideren Geschäftsmodellen, die sowohl Finanz- als auch strategische Investoren überzeugen”, so Bialojan.
Vermeintlich gegen den Branchentrend verlief die Entwicklung bei den 19 börsennotierten deutschen Biotech- Unternehmen: Deren Umsatz fiel um 19 %, während die Zahl der Mitarbeiter um 12 % zurückging. Allerdings waren hier vor allem Einzelereignisse ausschlaggebend, die die grundsätzlich positive Entwicklung der börsennotierten Firmen verdecken.
Sechs Medikamente in der Zulassung
Insgesamt ist die Zahl der Wirkstoffe in der Medikamentenentwicklung bei den deutschen Biotech-Unternehmen von 322 auf 316 gesunken. In der klinischen Prüfung – also in den Phasen I bis III – befinden sich aber derzeit mit 129 Wirkstoffen mehr Projekte als im Vorjahr (124).
In der Zulassungsphase sind aktuell sechs Wirkstoffe – im Vorjahr waren es zwei. „Die Branche ist bei der Produktentwicklung inzwischen deutlich vorangekommen“, kommentiert Julia Schüler, Autorin der Studie und Industriespezialistin Biotechnologie bei Ernst & Young. „Zu allen sechs Medikamenten im Zulassungsprozess wird eine Entscheidung seitens der Behörden noch in diesem Jahr erwartet, was einen signifikanten Durchbruch bedeuten kann.“
Weniger Neugründungen und Fusionen
Mit zehn Neugründungen wurde im Jahr 2007 die geringste Neugründungsrate in der Geschichte der deutschen Biotech-Industrie festgestellt – nach 31 beziehungsweise 27 Neugründungen in den Jahren 2005 und 2006. Den zehn neu gegründeten Biotech-Unternehmen standen 12 Unternehmen gegenüber, die in die Insolvenz gingen oder aufgelöst wurden. Weitere Abgänge resultieren aus Fusionen und Übernahmen.
Auch die Zahl der Transaktionen hat sich im Jahr 2007 gegenüber den Vorjahren weiter verringert. Nach 20 Fusionen und Übernahmen im Jahr 2005 und 15 Transaktionen im Jahr 2006 gab es im Jahr 2007 nur sieben Transaktionen mit Beteiligung deutscher Biotech- Firmen. Auch wenn die Zahl der Kooperationen und Lizenzvereinbarungen im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr von 73 auf 60 gesunken ist, so erhielt die Werthaltigkeit der abgeschlossenen Vereinbarungen eine viel größere Bedeutung: Im Jahr 2007 wurden in der deutschen Biotech-Industrie Verträge in einer Größenordnung abgeschlossen, die alles Bisherige übertrifft – insgesamt 675 Mio. € (Vorjahr: 159 Mio. €) an sofortigen und zukünftigen Zahlungen konnten sich vier deutsche Biotech-Unternehmen im vergangenen Jahr sichern.
Die erfolgreichen Abschlüsse deutscher Biotech-Unternehmen, untermauerten den Fortschritt der Unternehmen in der Produktentwicklung und seien wichtige Treiber des gegenwärtig guten Kurses der Branche, so Schüler.
Mehr Risikokapital für Biotech-Unternehmen
Im Jahr 2007 hat sich die Eigenkapitalfinanzierung der deutschen Biotechnologie-Branche leicht verbessert. Insgesamt wurden 456 Mio. € an Eigenkapital aufgenommen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Wachstum um 5 %. Insbesondere im Bereich der Risikokapitalfinanzierung war ein deutliches Wachstum zu verzeichnen: um 50 % von 213 auf 319 Mio. €. Anders stellte sich die Situation am Kapitalmarkt dar. Während es im Vorjahr vier Börsengänge von Biotech- Unternehmen und zwölf Sekundärfinanzierungen gab, wagte im Jahr 2007 kein einziges Biotech-Unternehmen den Schritt aufs Parkett. Bei acht Sekundärfinanzierungen nahmen die börsennotierten Biotech- Unternehmen insgesamt 137 Mio. € auf. Damit sank das Volumen des am Kapitalmarkt aufgenommenen Eigenkapitals von 220 auf 137 Mio. €.
„Das Börsenfenster, das sich in den Jahren 2004, 2005 und 2006 geöffnet hatte, scheint derzeit wieder völlig geschlossen“, stellt Bialojan fest. „Glücklicherweise konnte aber die dadurch entstandene Lücke durch Risikokapitalfinanzierungen zum Teil geschlossen werden“.
Wie auch in Deutschland hat sich in Europa die Finanzierungssituation der Biotech- Branche verbessert. Insgesamt flossen 5,5 Mrd. € (+18 %) an zusätzlichem Eigenkapital in die Branche. Die größte Rolle spielten dabei Sekundärfinanzierungen (3,5 Mrd. € – +44 %) vor Risikokapitalfinanzierungen (1,2 Mrd. € – -21 %). 2007 gingen 22 europäische Biotech- Unternehmen an die Börse (Vorjahr: 33 Börsengänge) und erzielten dabei Emissionserlöse von insgesamt 737 Mio. € (+9 %) (Grafik 2).