Novartis verliert jahrelangen Patentstreit in Indien
02.04.2013 -
Indiens Oberster Gerichtshof hat dem Schweizer Pharmakonzern den Patentschutz für sein Krebsmittel Glivec versagt. Das Präparat sei keine "Neuheit" im Sinne der indischen Patentgesetze, hieß es zur Begründung. Patente auf teure westliche Arzneien sind in Indien schwer zu erlangen. Viele Inder können sich diese Originalpräparate nicht leisten, sondern sind auf günstige Nachahmerprodukte (Generika) angewiesen. Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" begrüßte die Entscheidung am Montag. Novartis beklagte dagegen, die indischen Gesetze böten nur eingeschränkten Schutz für geistiges Eigentum. Der Konzern kämpft seit 2006 in Indien um den Patentschutz für Glivec.
Indien, derzeit die Nummer 14 unter den weltgrößten Pharmamärkten, ist mit seiner Milliardenbevölkerung und der stark wachsenden Nachfrage nach Medizinprodukten interessant für westliche Konzerne. Die Entscheidung gegen Glivec könnte Analysten zufolge die Chancen von Firmen wie Pfizer und Roche schmälern, die ebenfalls in dem Land um Patentschutz streiten. Indische Gesundheitsaktivisten fordern seit Jahren billigere Medikamente. In dem Land verdienen 40% 1,2 Milliarden Einwohner weniger als einen Euro am Tag. Nach Angaben von Novartis bekommen mehr als 16.000 Patienten in Indien das Glivec-Originalpräparat, die meisten davon kostenlos. Glivec-Nachahmerprodukte werden nach Branchenangaben dagegen an über 300.000 Kranke abgegeben.
"Ärzte ohne Grenzen" nannte die Gerichtsentscheidung einen wichtigen Erfolg für Patienten in ärmeren Ländern. "Hätte Novartis gewonnen, wäre die Produktion erschwinglicher Generika in Indien stark behindert und der Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten für Millionen Menschen weltweit erschwert worden", sagte Oliver Moldenhauer, Medikamenten-Experte der Organisation.
Novartis hatte argumentiert, Glivec sei entscheidend weiterentwickelt worden, so dass es nun auch als Pille verabreicht werden könne. Diese letzte Ergänzung habe Jahre der Forschungs- und Entwicklungsarbeit gekostet und mache Glivec weiter schutzwürdig. Die indischen Gerichte wären dieser Argumentation nicht gefolgt. Dagegen hat in 40 weiteren Ländern, darunter den USA, Russland und China, auch die neue Form von Glivec Patentschutz.