Logistik & Supply Chain

Logistikoutsourcing in der Pharmaindustrie

Hat sich die Einstellung, Outsourcinglösungen in Anspruch zu nehmen, verändert?

18.10.2023 - Einordnung der Ergebnisse einer Studie zum Logistikoutsourcing für die Pharmalogistik.

Die neueste Outsourcingstudie von Miebach wurde im Juni 2023 veröffentlicht, mit einer deutlich erkennbaren Veränderung des Ergebnisses im Vergleich zu den letzten Studien aus den Jahren von 2012, 2017 und 2020. Aber wie entwickelt sich dieses Geschäftsfeld in der Pharmaindustrie, die zu großen Teilen als kritische Infrastruktur gilt?

Die von Miebach regelmäßig durchgeführte Studie zum Thema Logistik­outsourcing hat in diesem Jahr erstmals eine deutliche Stabilisierung aufgezeigt: Der in den Jahren von 2012 bis 2017 in den Studien erkennbare Insourcinganstieg setzt sich seit 2020 nicht weiter fort – bleibt allerdings auf gleich hohem Niveau. Der Trend zum eigentlichen Outsourcing verharrt jedoch auf annähernd gleichem Niveau, was bei einer gleichzeitig abnehmenden Zufriedenheit der Verlader mit langfristigen Verträgen zu erklären sein könnte, die keine kurzfristigen Veränderungen zulassen.

Verlader bewerten Logistik­outsourcing heute jedoch anders als vor fünf oder zehn Jahren, sowohl bezüglich der damit verbundenen Ziele und Risiken, als auch den Entscheidungskriterien zur Dienstleisterauswahl wie Innovationsfähigkeit, Personalbeschaffung, Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, Tariftreue oder auch „Diversity Culture“. Dienstleister hingegen haben sich noch nicht vollständig auf das „New Normal“ der letzten Jahre eingestellt. Hier gibt es teilweise erheblichen Nachholbedarf, um wieder näher an die Kunden heranzurücken – und somit möglicherweise auch die Zufriedenheit zu steigern.

Hauptmotiv für Outsourcingentscheidungen

Als sicher erkennbar gilt es jedoch, dass die Kostenreduktion als Hauptmotiv für Outsourcingentscheidungen endgültig durch Kostenvariabilisierung abgelöst worden ist. Nicht mehr die Stückkosten, sondern die Flexibilität und Skalierbarkeit stehen mittlerweile im Vordergrund für diese Entscheidungen, allerdings ist die Ressourcenverfügbarkeit sowohl auf Dienstleister- als auch Verladerseite kritisch, was eine schnelle Skalierbarkeit oft behindert!

Erfolgsfaktoren für die Umsetzung

Erfolgsfaktoren für die Umsetzung eines Logistikoutsourcingprojekts sind laut Studienerebnissen vor allem die Qualifikation der Mitarbeiter, damit die Prozesse effizient und effektiv ablaufen, eine offene Kommunikation und Transparenz, damit Probleme schnellstmöglich erkannt und gelöst werden können sowie das Bemühen um eine stetige Verbesserung in Verbindung mit der ständigen Erfordernis, auf Anpassungen jedweder Form zu reagieren.

Implementierung eines Outsourcingprojekts

Die Implementierung eines Outsourcingprojekts wird zudem als Gemeinschaftsaufgabe zwischen Auftraggeber und Logistikdienstleister gesehen. Dies sieht auch bei den meisten Einzelaufgaben so aus. Die Verantwortung für die Prozessspezifikation, die IT-Spezifikation, das Testen der IT und der Go-Live-Support wird als gemeinsame Verantwortung wahrgenommen, wie auch das Gesamtprojektmanagement.

In- und Ourtsourcingkriterien

Ganz oben auf der Liste der entscheidungsrelevanten In- und Out­sourcingkriterien steht auch weiterhin unverändert die große Angst vor Kontrollverlust und Qualitätsrisiken sowie die Abhängigkeit vom Dienstleister durch Outsourcing und das in allen Regionen – weltweit.

 

„Im Umfeld der Pharmaindustrie wird sich der Outsourcingtrend im Bereich Distribution nicht stark verändern.“

 

Kriterien für die Pharmaindustrie

Für die Pharmaindustrie sind darüber hinaus jedoch noch weitere Kriterien für belastbare Entscheidungen für das Logistikoutsourcing maßgeblich, zumal viele Unternehmen durch die unerwarteten Ereignisse der letzten Jahre als kritische Infrastruktur eingestuft worden sind – oder sich jetzt erst dieser Einstufung bewusst werden.

Der Unterschied zum aktuell vieldiskutierten Nearshoring und dem Insourcing der Produktion wird dabei oft übersehen, denn während die Sicherung dort beim „was“ bzw. „wo“ liegt, d.h. der Sicherung von regional vorliegenden Rohstoffbeständen zur Sicherstellung von lokaler bzw. regionaler Produktions- und Produktverfügbarkeit, so liegt dem Logistikoutsourcing überwiegend das „wer“ zugrunde, also die Entscheidung über die den Prozess physisch ausführenden Personen. Die Absicherung der Logistikprozesse aufgrund dieser Anforderungen ist somit zwar priorisiert zu berücksichtigen, jedoch im Vergleich mit der Aufrechterhaltung der Resilienz globaler Versorgungsketten deutlich einfacher zu gewährleisten.

Somit liegt die Vermutung nahe, dass sich im Umfeld der Pharmaindustrie der Outsourcingtrend im Bereich Distribution nicht stark verändern wird, zumal die Distributionslogistik dort schon überproportional häufig extern vergeben ist. Im Gegensatz dazu steht die Rohstofflogistik in direkter Verbindung zu Nearshoring-Anstrengungen – überwiegend durch den starken Aufbau von Sicherheitsbeständen getrieben – und hier ist ein deutlicher Anstieg von Projekten zur Veränderung in diesem Bereich zu erkennen.

Autor: Achim Sponheimer, Partner & Global Head of Pharma & Life Sciences, Miebach Consulting GmbH, Frankfurt am Main

Zur Person

Achim Sponheimer ist globaler Head of Industry für Pharma & Life Sciences sowie Partner der Miebach Consulting Gruppe. Neben seiner Branchenspezialisierung besitzt der Wirtschaftsingenieur umfassende Expertise in der Detailplanung und Realisierung von Pharmalogistik, u.a. auch im GMP-Produktionsbereich in Deutschland und Europa. Vor seinem Einstieg bei Miebach Consulting 2005 war Sponheimer für Gillette in Irland und Deutschland tätig.

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