Strategie & Management

Künstliche Intelligenz in der Chemieindustrie

Neue Technologien als Basis für Umsatzwachstum und mehr Prozesseffizienz

10.10.2017 -

Die digitale Transformation stellt die chemische Industrie vor erhebliche Herausforderungen, eröffnet ihr aber auch ungeahnte neue Möglichkeiten. So setzen immer mehr Unternehmen der chemischen Industrie neue digitale Technologien wie das Internet of Things (IoT) oder Machine Learning (ML) ein, um sich von Mitbewerbern zu differenzieren.

Der chemischen Industrie eilt nicht unbedingt der Ruf voraus, besonders innovativ oder dynamisch zu sein. Die komplexen Produktionsprozesse, die kapitalintensiven Produktionsressourcen und die hohen behördlichen Anforderungen sind einige der Gründe dafür.  Klassische Wachstumsmärkte gibt es kaum noch. So wird durch Unternehmensbeteiligungen, Zu- und Verkäufe die Marktführerschaft in bestimmten Segmenten angestrebt. Solche Portfoliostrategien erhöhen den Veränderungsdruck in Chemieunternehmen. Sie stehen vor zwei Herausforderungen: Einerseits müssen sie das Geschäftsprofil in den neu definierten Kernsegmenten stärken. Andererseits gilt es, die im Rahmen der M&A-Aktivitäten zu erwartenden Synergien zügig zu realisieren bzw. bei Unternehmensveräußerungen die Geschäftstätigkeiten schnell zu separieren. Diese Veränderungsprozesse bieten Unternehmen der chemischen Industrie eine große Chance, einem Innovationsstau auf prozessualer Ebene mit neuen digitalen Technologien zu begegnen, und dabei ihre Wettbewerbsposition signifikant zu stärken.

Neuorientierung mit neuen Technologien

Über alle Unternehmensgrößen hinweg lässt sich beobachten, dass mit Hochdruck nach Alternativen für in die Jahre gekommene Plattformen für die Kundeninteraktion gesucht wird. Dem B2C-Geschäft folgend will man durch intuitive, nutzerfreundliche Beschaffungsplattformen neue Kundengruppen erschließen und Umsatzwachstum ankurbeln. Ein weiteres Ziel dieser innovativen Kundenplattformen besteht darin, sich effektiv gegen die zunehmende Entkopplung von den Endkundenmärkten zu stemmen und zu verhindern, langfristig als „Commodity-Lieferant“ für Distributionsnetzwerke zu dienen.

Neben diesen umsatzsteigernden Maßnahmen nehmen chemische Unternehmen nun verstärkt margenoptimierende Projekte in den Fokus. Dafür bieten sich Technologien wie das maschinelle Lernen an, die unter dem Überbegriff der Künstlichen Intelligenz zusammengefasst werden können.

Anwendungsbereiche für maschinelles Lernen

Maschinelles Lernen (ML) bezeichnet die Fähigkeit von Computern, aus Daten zu lernen, ohne speziell dafür programmiert zu werden. Anhand historisch bekannter Beziehungen von Eingabedaten und Ausgabewerten kann das ML-Modell trainiert werden, das – einmal angelernt – die richtigen Ausgabewerte automatisiert ermittelt.  Unter Daten versteht man strukturierte Daten wie z.B. Messgrößen oder Absatzzahlen sowie unstrukturierte Daten wie Texte, Bilder, Sprache oder Videos.

Im Produktionsumfeld der chemischen Industrie liegt häufig ein hoher Automatisierungsgrad mit vielfältigen Datenpunkten vor. Optimale Produktionsqualitäten und -ausbeuten sind insbesondere bei den chargenorientierten Prozessen der Spezial- und Feinchemie jedoch häufig von den Erfahrungen einzelner Verfahrensingenieure oder Leitstandbediener abhängig. Klassische Prozessanalysetechniken (PAT) können hier mit Modellen des maschinellen Lernens ergänzt werden, um Ausbeute und Qualität auch bei variierenden Prozessparametern weiter zu steigern.

Ein weiterer großer Anwendungsbereich für den schnellen Einsatz des maschinellen Lernens liegt bei den klassischen Büroprozessen. Dort lassen sich mithilfe von ML manuelle Eingriffe erheblich reduzieren. So konnte BASF* im Bereich der Zuordnung von Rechnungen zu offenen Forderungen die automatische Zuordnungsrate von 70 % auf bis zu 94 % erhöhen, indem das lernende System historische Rechnungen mit manuell zugeordneten Forderungen abglich. Während vorher selbst zur Erreichung einer 70-%igen Zuordnungsrate wartungsintensive, regionen- oder gar landesspezifische Programmierungen erforderlich waren, erfolgt dieser Abgleich nun automatisiert und zuverlässig, basierend auf einem globalen Satz von Algorithmen.

Auch in Frontoffice-Prozessen, wie etwa der Zuordnung von E-Mail-Anfragen zum richtigen Sachbearbeiter, konnte bei BASF nachgewiesen werden, dass selbstlernende Computeralgorithmen Anfragen schneller und besser beantworten und zur Entwicklung neuer Verkaufschancen beitragen.

Softwarelösungen für intelligente Geschäftsprozesse

Diese Anwendungsbeispiele zeigen, dass Unternehmen der chemischen Industrie ihre Geschäftsprozesse durch Softwarelösungen intelligent unterstützen können. Voraussetzung dafür sind skalierbare Innovationsplattformen, die eine hohe Integration in die Produktions- und Geschäftsprozesse erlauben und diese mit den jeweiligen technischen Möglichkeiten unterstützen. Die Potenziale durch die Nutzung von ML sind heute bereits so vielversprechend, dass eine frühzeitige Adaption entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen kann.

Die Nutzung neuer Technologien kann auf zwei Arten erfolgen:

  1. Anbieter von Unternehmenssoftware wie SAP haben Technologien wie das maschinelle Lernen bereits in ihre Produkte zur Unterstützung von Standardgeschäftsprozessen integriert. Setzen Unternehmen die neuesten Produktgenerationen ein, erhalten sie damit automatisch Zugang zu diesen Technologien.
  2. Unternehmen ermitteln eigene Anwendungsszenarien, um Geschäftsprozesse mittels ML effizienter zu betreiben, oder um damit neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die dafür erforderliche Technologieinfrastruktur muss sich dann stabil und sicher in die vorhandene Lösungsarchitektur einbetten.

Die erste Vorgehensweise lässt sich durch eine aktuelle Marktrecherche relativ einfach umsetzen. Für die zweite Vorgehensweise sind interdisziplinäre Arbeitsgruppen mit Vertretern aus ein oder mehreren Fachbereichen und der IT erforderlich, um mit kreativen Arbeitsmethoden in kurzen Iterationszyklen zu neuen Ansätzen zu kommen. Entscheidend ist dabei die schnelle Validierung von Ideen, damit erfolgsversprechende Ansätze frühzeitig erkannt werden und die Folgeschritte auf Basis der gesammelten Erfahrungen vorgenommen werden können.

Die aktuell verfügbaren Technologien bieten Unternehmen der Chemieindustrie echte Chancen, die digitale Transformation aktiv mitzugestalten und intelligente Unternehmensprozesse zu schaffen, die den Wandel dynamisch voranbringen.

SAP-Infotag für die Chemieindustrie 2018

Welchen Einfluss haben neue Technologien auf Unternehmensprozesse und welches Potenzial besitzen sie für neue Geschäftsmodelle? Antworten darauf und wie sich künftig Wachstum und Erfolg sicherstellen lassen liefert der SAP-Infotag für die Chemieindustrie am 15.03.2018 in Ludwigshafen.

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