Kreativität sichert Marktanteile
IMCD bietet Kunden innovative Produkte und Lösungen für eine nachhaltigere Zukunft
IMCD ist ein weltweit agierender Distributionspartner, Formulierer und Lösungsanbieter für Spezialchemikalien und Ingredienzen. Der niederländische Konzern setzt auf technische Expertise und lokale Marktkenntnisse, um nachhaltige Lösungen in Kundenanwendungen zu fördern, so z.B. in den Bereichen Farben, Lacke, Bau und Klebstoffe.
Für diese im Geschäftsbereich Coatings & Construction gebündelten Märkte bietet IMCD Spezialrohstoffe für innovative und nachhaltige Formulierungen. Michael Reubold befragte Frank Schneider, Business Group Director Coatings & Construction und Mitglied des Executive Committee der IMCD Group, zu den aktuellen Trends in den Zielmärkten.
CHEManager: Herr Schneider, Coatings & Construction ist eine von acht globalen Business Groups von IMCD. Welche Rolle spielt der Bereich im Konzern?
Frank Schneider: Die Business Group Coatings & Construction ist seit Gründung von IMCD bis heute eine bedeutende Säule innerhalb des Konzerns. Obwohl die Branche zur ‚Old Industry‘ zählt, haben wir früh das Potenzial erkannt, in diesem Bereich Spezialchemie zu betreiben. Neben Pharmaceuticals markiert Coatings & Construction den Anfang der strategischen marktfokussierten Ausrichtung der IMCD-Gruppe. Nahezu zeitgleich erfolgte die Umstrukturierung von einer reinen Länderverantwortung hin zu einer geschäftsbezogenen Organisation.
Die Business Groups entwickeln die markt- und anwendungsorientierten Strategien, während die operative Umsetzung lokal in den einzelnen Landesgesellschaften erfolgt. Diese Entscheidung hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen. Heute trägt Coatings & Construction rund ein Viertel zum Gesamtumsatz bei und ist seit 25 Jahren auch treibende Kraft für technisches Know-how und Innovationen.
In welchen Regionen und Anwendungen liegen die Schwerpunkte des Geschäftsbereichs?
F. Schneider: Das globale Core Team der Business Group Coatings & Construction hat seinen Sitz in Köln. Hier sind wir 2006 gestartet und haben das Geschäft zunächst in Europa aufgebaut. Als Vorreiter in Indien und China hat der Geschäftsbereich die Globalisierung des gesamten Konzerns vorangetrieben – heute wichtige Märkte für uns. Richtig spannend wurde es, als wir 2013 zunächst in Brasilien aktiv wurden, bevor wir 2014 in die USA und 2015 nach Kanada expandiert sind. Heute sind wir weltweit präsent und in den drei zentralen Regionen Americas, EMEA und APAC in Bezug auf Umsatz und Segmente ungefähr gleich stark vertreten.
Unsere Fokussegmente sind Farben und Lacke, sowie Bauchemie. Da der Bausektor, das wissen wir, mehr als ein Drittel des weltweiten Treibhausgases verursacht und einer der größten Endmärkte für uns ist, engagieren wir uns ganz massiv im Bereich Nachhaltigkeit. Aktuell legen wir zudem viel Aufmerksamkeit auf den Bereich Klebstoffe und wir sehen Potenzial in den Segmenten Textil und Papier.
Welche Signale hinsichtlich Wachstumschancen nehmen Sie aus diesen Märkten wahr?
F. Schneider: Es ist kein Geheimnis, dass 2023 kein Wachstumsjahr für unsere Branche war. Die Marktnachfrage und das Investitionstempo sind sowohl in Europa als auch in den USA deutlich zurückgegangen. In Asien haben wir allerdings das genaue Gegenteil mit starkem Wachstum gesehen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen wie steigender Kosten, strikterer Regulierungen und Kriegen vor unserer Haustür werden wir uns darauf einstellen müssen, dass sich die Lage auch im ersten Halbjahr 2024 nicht direkt erholen wird.
„Entscheidend wird jetzt sein,
sich mit Kreativität und innovativen Ideen
Marktanteile zu sichern.“
Doch unsere Industrie erfordert Investitionen, denn wer bauen will, muss auch in Renovierung oder Neubau investieren. Entscheidend wird jetzt sein, sich mit Kreativität und innovativen Ideen Marktanteile zu sichern und sich verstärkt auf die Portfoliooptimierung zu konzentrieren. Die zentrale Frage lautet: „Was können wir unseren Kunden bieten?“.
Inwieweit haben sich die Kundenanforderungen verändert und welchen Ansatz verfolgen Sie, um diesen gerecht zu werden?
F. Schneider: Die Anforderungen auf dieser Seite sind hoch. Verlangt werden kostengünstige und schnell verfügbare Lösungen, ohne Kompromisse bei der Nachhaltigkeit einzugehen. In unserem Geschäftsbereich betreuen wir weltweit rund 15.000 Kunden, überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen und sie alle kämpfen mit den aktuellen Marktherausforderungen. Nachhaltigkeit ist das zentrale Thema, jedoch muss sie mit kostengünstigen Optionen und schnellen Verfügbarkeiten einhergehen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach technischer Unterstützung und innovativen Produkten, die weniger Rohstoffe verbrauchen. Unsere Aufgabe ist es, all diese Bedürfnisse genau zu verstehen, um effiziente Lösungen anbieten zu können.
Das setzt fundierte Markt, Kunden- und Produktkenntnisse voraus. Es reicht heute nicht mehr, einfach nur Produkte zu verkaufen. Als Chemiedistributor denken wir in Formulierungen und bieten ein umfassendes Gesamtpaket, dazu zählen Produkt-Know-how, technische Kompetenz, effizienten Logistiklösungen, umfangreiche Lagerbestände und vor allem Flexibilität und Kreativität.
„Verlangt werden kostengünstige
und schnell verfügbare Lösungen,
ohne Kompromisse
bei der Nachhaltigkeit einzugehen.“
Zukunftsfähige Produkte müssen nicht nur erhöhten Kundenanforderungen entsprechen, sondern auch immer stringentere Regularien erfüllen. Welchen Einfluss haben gesetzliche Vorgaben wie der Green Deal auf die Innovationstätigkeit in der Chemie?
F. Schneider: Der Einfluss von Regularien auf die chemische Industrie ist signifikant. Insbesondere der Europäische Green Deal und die Förderung von Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind maßgeblich für die Transformation der Branche. Diese stellen uns vor erhebliche Herausforderungen, sind aber zugleich auch Ansporn für Innovationen. In Deutschland gehen wir dabei oft über die EU-Richtlinien hinaus. Nehmen wir das Beispiel Bauen. In Deutschland fehlt massiv Wohnraum. Neben Neubauprojekten werden wir hierzulande verstärkt auf Renovierungen und umweltfreundliche Sanierung von Bestandsgebäuden setzen, um CO2-Emissionen zu reduzieren.
Dies wird ein wichtiges Thema in der Bauchemiebranche sein. Als Bindeglied zwischen Lieferanten, Kunden und der gesamten Industrie spielen wir eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Märkte. Europa und Deutschland sind in Bezug auf Nachhaltigkeit schon fortgeschritten. Jedoch müssen wir auch global denken und unsere Standards setzen, insbesondere in aufstrebenden Märkten wie China und Indien. Deutschland als Vorreiter – denn was wir hier schaffen, schaffen wir weltweit.
Wie haben sich die Anforderungen Ihrer Kunden an Produkte – insbesondere zum Thema Nachhaltigkeit – in den vergangenen Jahren verändert?
F. Schneider: Nachhaltigkeit ist eine gemeinsame Verantwortung und ein großes Thema unserer Branche. Wenn wir uns die Märkte anschauen, und das tun wir regelmäßig mit unseren globalen Trendumfragen, dann zeigt sich, dass ‚Green and Circular‘ zum einflussreichsten Trend zählt. Einer der wichtigsten Aspekte in der Bauindustrie ist die Verringerung der Umweltbelastung während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Dazu gehören erneuerbare und recycelte Materialien, die Optimierung der Energieeffizienz, die Minimierung des Abfallaufkommens sowie Gesundheit und Sicherheit der Bewohner.
Auch Effizienz spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Herausforderung besteht darin, Innovation, Regulierung und Kosteneffizienz mit Qualität und Leistung der Produkte in Einklang zu bringen. Das erfordert intensive Zusammenarbeit und ständigen Dialog mit unseren Partnern. Unser Ziel ist es, unsere Kunden mit dem Wissen und den Ressourcen auszustatten, die sie benötigen, um die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu verbessern. Genau aus diesem Grund haben wir unser Sustainable-Solutions-Programm ins Leben gerufen.
Was konkret bieten Sie Ihren Kunden mit dem Programm ‚Sustainable Solutions‘ an?
F. Schneider: Die Industrie steht heute vor der Herausforderung, Faktoren wie Kosten, Leistung und Umweltauswirkungen gegeneinander abzuwiegen. Mit ‚Sustainable Solutions‘ bieten wir unseren Kunden eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsinitiative, die mit den Definitionen der Industrie übereinstimmt und das Risiko von ‚Greenwashing‘ mindert. Unser Programm erstreckt sich dabei über alle Industriesegmente und basiert auf profunden Marktkenntnissen und technischem Know-how, um Innovation und Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette voranzutreiben.
Ein entscheidender Hebel ist auch die richtige Materialauswahl. Die Initiative hilft bei der Navigation im Definitionsdschungel und vereinfacht diesen Prozess, indem sie nachhaltige Materialien in branchenrelevante Kategorien einteilt. Jede Kategorie hält sich an genaue Regeln führender Nachhaltigkeitsstandards, gewährleistet strenge Bewertungen und dokumentiert die ökologischen Vorteile. Unser Ziel ist es, unseren Kunden den Weg zur Nutzung nachhaltiger Lösungen zu erleichtern und gemeinsam eine grüne, zirkuläre und sichere Zukunft aufzubauen.
In Köln betreibt IMCD Deutschland vier technische Labore für die Business Units Pharmaceuticals, Home Care and I&I, Food & Nutrition und Coatings & Construction. Gibt es eine verbindende Klammer, die Ihr Serviceangebot für alle Geschäftsbereiche und Märkte beschreibt?
F. Schneider: Das Coatings & Construction Anwendungslabor in Köln eröffnete 2008 als eines der ersten überhaupt innerhalb der IMCD Gruppe. Die Initialzündung dafür kam tatsächlich durch das Feedback unserer Lieferanten, neben den Produkten auch technische Unterstützung zu bieten. Mit dem Startschuss der technischen Betreuung konnten wir nicht nur die Kundenanforderungen noch besser erfüllen, sondern auch unsere eigene Marktposition stärken. Heute haben wir weltweit 14 Labore mit über 50 technischen Experten in unserem Bereich. Innerhalb der gesamten Gruppe sind über 70 technische Anwendungslabore.
Dabei geht die Arbeit weit über reine Labortests hinaus, denn wir wissen, dass komplexe Märkte erstklassige Unterstützung erfordern. Deshalb investieren wir in hohem Maße in technisches Know-how und Equipment. Wir müssen nachstellen können, was beim Kunden passiert, damit wir ganz gezielt bei Feinabstimmungen, Produktionsprozessen und spezifischen Anwendungen helfen können. Und wir wollen weiter wachsen, das ist ein wichtiger Schritt auf unserem Weg, Bedürfnisse und Erwartungen mit der Verpflichtung zu verbinden, Lösungen für eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen.
Sie sind für Ihre Kunden nicht nur Produktlieferant, sondern auch Innovationspartner und Lösungsanbieter. Können Sie Beispiele nennen?
F. Schneider: Es geht immer um das Gesamtpaket. Jeden Tag arbeiten wir daran, wie wir die Dinge zusammenbringen – weit über den Produktbereich hinaus. Unsere Rolle als Innovationspartner zeigt sich deutlich am Beispiel Lithiumcarbonat. Als mit der Mobilitäts- und Energiewende die Preise für Lithiumcarbonat stiegen, wurde der Einsatz in schnell erhärtenden Bindemittelsystemen wie Trockenmörtel für die Baustoffindustrie einfach zu teuer. Mit unserem technischen Know-how und in Zusammenarbeit mit unseren Partnern haben wir eine eigene Lösung dafür entwickelt.
Der lithiumfreie Beschleuniger hat das gleiche Eigenschaftsprofil, ist kostengünstiger und umweltfreundlicher. Diese Lösung unterstreicht unser Nachhaltigkeitsengagement. Doch die ganz großen Aufgaben lassen sich nicht allein lösen. Wir brauchen den Dialog mit allen Marktteilnehmern. Aus diesem Grund veranstalten wir gemeinsam mit der Business Group Industrial Solutions in diesem Jahr erstmals unseren „Sustainability Summit“. Industrieexperten sind herzlich eingeladen. Lernen wir voneinander und erreichen wir gemeinsam die Nachhaltigkeitsziele!
Welchen Anspruch stellen Sie als Dienstleister an sich selbst, um den genannten Anforderungen gerecht zu werden? Wie definieren Sie Ihre „License to Operate“?
F. Schneider: Angefangen von einem reinen Einkauf-Verkauf-Geschäft hat sich die Licence to Operate im Distributionsgeschäft stark gewandelt. Durch die gestiegenen Anforderungen aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Regulierung, Digitalisierung und Talente muss sie auch ständig neu definiert werden. Die „One-Size fits all“-Lösung, die gibt es so nicht mehr. Heute bedeutet sie für uns vor allem Kreativität und Innovationsfähigkeit. Und warum?
Chemiedistributionsunternehmen sind relativ anpassungsfähig, widerstandsfähig und erfolgreich, selbst unter schwierigen Bedingungen wie beispielsweise die Pandemie gezeigt hat. Voraussetzung dafür ist, kontinuierlich den eigenen Beitrag, Mehrwert und die Relevanz für alle Marktteilnehmer zu hinterfragen. Offenheit und Innovationsbereitschaft haben sich ausgezahlt und unsere Position gestärkt. Dank unserer Kundenorientierung, technischer Expertise, Nachhaltigkeitsinitiativen und Leidenschaft werden wir als vertrauensvoller Partner geschätzt. Das ist ein riesiger Teamerfolg und dieser Erfolg ist für mich die Licence to Operate.
„Nachhaltigkeitsfragen werden wir
global weiter ausbauen und
umweltfreundliche Lösungen gezielt
fördern und entwickeln.“
Welche Ziele haben Sie für den Geschäftsbereich Coatings & Construction und für das Geschäft in Deutschland in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Wo wollen Sie Ihr Geschäft gezielt ausbauen?
F. Schneider: Wir werden uns verstärkt auf die Bereiche konzentrieren, in denen wir noch Wachstumspotenzial sehen. Insbesondere in Ländern, in denen wir zwar präsent, aber in bestimmten Segmenten noch nicht vollständig etabliert sind. Unser Ziel ist ganz klar, unser hochwertiges Produktportfolio, unseren technischen Support und unseren hohen Servicestandard weltweit in allen Segmenten sicherzustellen. Auch unsere Vorreiterrolle in Nachhaltigkeitsfragen werden wir global weiter ausbauen und umweltfreundliche Lösungen gezielt fördern und entwickeln.
Letztendlich sind es unsere Mitarbeitenden, die den Unterschied machen. Denn Märkte werden von Menschen gestaltet. Talentmanagement ist ein sehr zentrales Thema für uns, damit wir weiterhin mit einem starken Team visionäre Konzepte für unsere Partner entwickeln.
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ZUR PERSON
Frank Schneider ist Mitglied des Executive Committee der IMCD N.V. mit Sitz in Rotterdam, Niederlande, und Business Group Director für die Geschäftsbereiche Coatings & Construction sowie Home Care and I&I. Schneider startete nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre seine berufliche Laufbahn 1986 bei der BASF, wo er – wie später auch bei H.B. Fuller Europe – leitende Positionen inne hatte und international tätig war. Zu IMCD kam er im Jahr 2000 und war dort bereits u.a. Business Group Director Coatings & Construction und von 2010 bis 2019 Managing Director von IMCD Deutschland.
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