Kontinuierliche Verbesserung als Erfolgsfaktor für CMOs
CABB schafft als innovativer Partner Effizienzen für Kunden in der Agro- und Spezialchemie
Die CABB Group war 2003 aus der Umstrukturierung des Clariant-Acetylgeschäfts hervorgegangen und ist seitdem im Besitz von Private Equity-Investoren. Nach Axa, Gilde und Bridgepoint gehört das Sulzbacher Feinchemieunternehmen seit 2014 zu Permira. Nach dem Abschluss einer Refinanzierung im Herbst 2019 konzentriert man sich nun auf die Umsetzung der Wachstumsstrategie. Die Integration des US-Unternehmens Jayhawk soll dabei für zusätzliche Wachstumsdynamik sorgen und CABB zu dem weltweit führenden Custom-Manufacturing-Dienstleister für die Agrochemie machen. Gleichzeitig profitiert das Unternehmen von der anhaltend starken Performance des Acetyls-Geschäfts. Mit rund 1.100 Beschäftigten und sechs Produktionsstätten in Europa, China und den USA erwirtschaftete CABB im Jahr 2019 einen Umsatz von rund 520 Mio. EUR. Seit Ende August 2018 ist Valerie Diele-Braun CEO der CABB Group. Eine Frau an der Spitze eines Chemieunternehmens ist immer noch die Ausnahme. Deshalb drehte sich das Gespräch zwischen Michael Reubold und ihr nicht ausschließlich um die Firmenstrategie.
CHEManager: Frau Diele-Braun, mit dem Einstieg von Permira vor sechs Jahren hat die CABB Group neue strategische Möglichkeiten erhalten. Wie hat sich die CABB seitdem entwickelt?
Valerie Diele-Braun: Nach der Übernahme durch Permira hat die Agrochemieindustrie, die zu unseren wichtigsten Zielbranchen gehört, eine schwierige Phase durchlaufen. Die ungünstige Marktlage mit damals deutlichen Überkapazitäten im Markt hat auch vor der CABB nicht Halt gemacht. Aber wir haben diese Phase genutzt, um unsere Hausaufgaben zu machen und Anlageninvestitionen zu tätigen. Für die Investitionen in dieser schwierigen Phase bin ich unserem Investor sehr dankbar, weil wir dadurch in der aktuellen Situation, in der westliche Produktion stärker gefragt ist, ausreichende und moderne Kapazitäten verfügbar haben.
Das heißt, Sie haben jetzt auf Wachstum umgeschaltet?
V. Diele-Braun: Ja, absolut! Die Nachfrage seitens der Kunden nach unserem Know-how, unseren Fähigkeiten und unseren Anlagen ist sowohl im Agrobereich als auch im Non-Agrobereich sehr hoch. Für uns ist 2019 ein sehr erfolgreiches Jahr gewesen, und wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahren weiter wachsen.
Wachstum, das wie zuletzt auch durch Akquisitionen kommt?
V. Diele-Braun: Zukäufe sind bei einem strategischen Investor wie Permira immer eine Option, wenn sie Sinn machen und den richtigen Preis haben. Ich sehe aber ebenso großes Potenzial für organisches Wachstum. Wir sind nach der Refinanzierung sehr gut aufgestellt und haben durch die Jayhawk-Integration an Größe gewonnen.
Der Outsourcing-Trend ist ungebrochen und die Nachfrage steigt. Wir sind eigentlich mit allen großen Spielern in der Agrochemie in Projektgesprächen. Der Markt für Custom-Manufacuring wächst mit derzeit rund fünf Prozent, während das Wachstum des Agrochemiemarkts generell bei drei bis dreieinhalb Prozent liegt. Dazu kommen noch Personal Care, Spezialapplikationen und Pharma-Basisstoffe. In diesem Kontext bauen wir auch unsere Kapazitäten weiter aus.
Den US-Standort Jayhawk in Galena, Kansas, hat Permira 2018 von Evonik erworben. Welche Rolle spielt er für die CABB und wie verlief die Integration?
V. Diele-Braun: Durch Jayhawk sind wir im Agrobereich der einzige transatlantische Custom-Manufacturing-Produzent. Das ist ein Riesenvorteil. Wir haben direkt nach der Akquisition des Standorts durch Permira vor eineinhalb Jahren eine strategische Kooperation begonnen. Jayhawk wurde nicht zur Hebung von Kostensynergien gekauft, sondern weil sich die Anlagen und Fähigkeiten beider Firmen optimal ergänzen. Insofern war die spätere Integration nicht besonders aufwändig.
Wir fangen jetzt damit an, in Europa Rohmaterialien für den US-Standort zu produzieren, und stellen hier umgekehrt auch Produkte her, die von Jayhawk stammen. Für unsere Kunden bedeutet das zusätzliche Liefersicherheit.
„Eine Firma, die keinen Kostendruck hat, wird
schwerfällig, langsam und weniger ehrgeizig.“
Sie haben jetzt Standorte in Deutschland, Finnland, der Schweiz, den USA und China. Mit Blick auf die Veränderungen bei den großen Agrochemieunternehmen, insbesondere die Übernahme von Syngenta durch ChemChina und deren Agrotochter Adama dürfte jetzt auch China immer wichtiger werden. Wie sehen Sie diesen Markt?
V. Diele-Braun: Wir haben in China einen Standort des Geschäftsbereichs Acetyls, mit dem wir sehr zufrieden sind. In Jining in der Provinz Shandong produzieren wir hochreine Monochloressigsäure, die in dieser Qualität lokal nicht hergestellt werden kann. Mit unserem Know-how haben wir dort ein Alleinstellungsmerkmal, für das es sich lokal zu produzieren lohnt.
Im Custom-Manufacturing, wo unsere Produkte oft mit denen anderer Lieferanten kombiniert werden oder mit Stoffen, die der Kunde intern herstellt, sehe ich den Vorteil einer lokalen Produktion in Asien nicht. Wir erzielen ja auch Synergien und eine höhere Effizienz, wenn wir die bestehenden Standorte optimal auslasten.
Folgen ihre beiden unterschiedlichen Geschäftsbereiche einer Diversifizierungsstrategie oder haben sie auch Synergien?
V. Diele-Braun: Gemeinsam haben die Bereiche Acetyls und Custom Manufacturing die Tatsache, dass Chlorchemie eine zentrale Rolle spielt. Könnten die beiden getrennt existieren? Ja. Sind sie gemeinsam glücklich? Im Augenblick ja. Als Private-Equity-geführtes Unternehmen sind wir immer offen für Optionen, aber momentan entwickeln sich beide Geschäftsbereiche gut zusammen.
„In den letzten vier Jahren haben
wir fast 300 Mio. EUR investiert."
Sie haben in den vergangenen Jahren in beide Geschäftsbereiche viel investiert.
V. Diele-Braun: In den letzten vier Jahren haben wir fast 300 Mio. EUR investiert, um unsere Anlagen zu modernisieren und neue Kapazitäten aufzubauen. Ein Teil des Budgets diente dazu, die positive Entwicklung des Geschäftsbereichs Acetyls voranzutreiben und unsere globale Position bei hochreiner Monochloressigsäure und MCA-Derivaten für Kunden in der Spezialchemie auszubauen als Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum.
Der überwiegende Teil der Investitionen ging allerdings in unsere Custom-Manufacturing-Standorte Pratteln in der Schweiz und Kokkola in Finnland. Wir sehen im Geschäftsbereich Custom-Manufacturing mit den Segmenten Agro und Non-Agro – also Pharma und Spezialchemie – Chancen für gute Wachstumsraten in der Zukunft.
Welches Verhältnis haben diese verschiedenen Anwendungsbereiche im Custom Manufacturing am Umsatz?
V. Diele-Braun: Wir sind ein Agrochemie-Player und das Agrochemiegeschäft bleibt unser Herzstück. Es geht dabei um Chemikalien, die so viel Know-how und so spezielle Anlagen und Technologien benötigen, dass die großen Agro-Player sie nicht intern herstellen können oder wollen; auch die Produktion in Asien ist da schwierig. Diese Stoffe produzieren wir für unsere Kunden sicher, zuverlässig und effizient.
Die Herausforderung für einen CMO in der Spezialchemie besteht darin, dass man für die Kunden einen Innovationsbeitrag leisten soll bei gleichzeitiger Kosteneffizienz. Läuft das auf einen Kompromiss hinaus oder kann man diese Herausforderung durch entsprechendes Know-how meistern?
V. Diele-Braun: Ich glaube, dass eine Firma, die keinen Kostendruck hat, schwerfällig, langsam und auch weniger ehrgeizig wird. Wir haben den Ehrgeiz, immer effizienter zu werden, um mit den Kunden auf Augenhöhe und für sie interessant zu bleiben.
Allerdings sind Kosten auch nicht alles. Das stellen viele Unternehmen fest, die Syntheseaufträge in der Vergangenheit aus Kostengründen nach China vergeben haben. Als Folge der strengeren Umwelt- und Sicherheitsauflagen werden dort zum Teil ganze Chemieparks geschlossen, und die notwendigen Investitionen verringern ebenso wie steigende Löhne den Kostenvorteil gegenüber dem Westen. Wir sehen jedenfalls, dass Wertschöpfungsschritte wieder zurück nach Europa oder in die USA verlagert werden.
„Wir sehen uns als strategischen Partner
der Agro- und Spezialchemie.“
Wie positionieren Sie die CABB in diesem Marktumfeld?
V. Diele-Braun: Wir sehen uns als strategischen Partner der Agro- und Spezialchemie, der optimale Syntheseprozesse für komplexe Wirkstoffe und Zwischenprodukte entwickelt und umsetzt. Optimal bedeutet: sicher, zuverlässig, kosteneffizient und nachhaltig. Dabei kommt uns zugute, dass Kunden zur Risikominimierung und auch aus Nachhaltigkeitsgründen die Produktion an verschiedenen Orten auf mehreren Kontinenten hinterfragen.
Möchte ich auf diesen Aspekt meine ganze Strategie bauen? Nein, weil man seine Strategie nie nur an externe Faktoren, die man nicht beeinflussen kann, knüpfen sollte. Aber ich glaube, dass uns diese Entwicklung auch langfristig Rückenwind geben wird.
Wir sehen unsere Position in der modernen Agrochemie mit patentgeschützten Produkten. In unserem Kundenportfolio dominieren die Top Player unter den Innovatoren. Ich glaube, dass deren Entwicklung neuer Active Ingredients weiterhin in Europa und den USA stattfinden wird, gemeinsam mit lokalen CMOs.
Sie kamen mit einer breiten Expertise aus Ihren vorherigen Positionen zur CABB Group. Was reizte Sie persönlich an der Aufgabe?
V. Diele-Braun: Ich bin selten zu einer Firma gekommen, deren Kunden in den allermeisten Fällen so zufrieden mit der Zusammenarbeit und der Leistung waren, so offene Türen hatten und die Firma als echten Partner betrachten. Wir sind für unsere Kunden ein integraler Teil ihrer eigenen Wertschöpfungskette. Dieses Gefühl drückt unser Slogan „Your Partner in Fine Chemicals“ aus, den nicht ich erfunden habe, sondern den unsere Beschäftigten entwickelt haben.
Frauen werden häufig bessere Soft Skills als Männern nachgesagt. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
V. Diele-Braun: Also – ich weiß nicht, ob es generelle Unterschiede im Managementstil zwischen Frauen und Männern gibt. Über mich persönlich würden mache Leute wohl sagen, dass ich von mir und anderen sehr viel fordere. Vielleicht ist das so, aber vor allen Dingen will ich gemeinsam mit einem Team erfolgreich sein, egal ob intern oder mit den Kunden. Denn nur gemeinsam können wir etwas erreichen.
Ich war in meiner Karriere in der Chemie als Frau, Nicht-Chemikerin und viele Jahre auch Ausländerin immer auf gewisse Weise „the odd one out“, die Außenseiterin. Das macht bescheiden, und Bescheidenheit ist eine Voraussetzung für Erfolg, weil man nur dann danach strebt, immer besser zu werden
Entscheidend ist meiner Meinung nach nämlich nie der Einzelne, sondern immer die Kombination von Menschen, die gemeinsam etwas erreichen wollen. Das Ziel muss klar sein, sodass jeder und jede die Richtung kennt. Man kann kritisch sein und man kann diskutieren, und wenn es zu langsam vorangeht, kann so eine Diskussion auch einmal härter ausfallen. Aber wenn man dann nach vorne geht, dann geht man gemeinsam.
Als Nicht-Chemikerin könnte ich auch gar nicht ohne Team erfolgreich sein, weil ich von dem Know-how der Leute um mich herum abhängig bin. Das sehe ich auch als Vorteil. Ein CEO ist nie derjenige, der die Dinge umsetzt, sondern eher ein Sparringspartner, der mit den Teams etwas erarbeitet, das dann gemeinsam erreicht wird. Mit diesem Ansatz bin ich bisher nicht so schlecht gefahren.