Joachim Waldi ist neuer Vorsitzender der Fachvereinigung Chemieparks
11.10.2012 -
Der Vorstand der Fachvereinigung Chemieparks im Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat Dr. Joachim Waldi, Mitglied der Geschäftsführung von Currenta, zum Vorsitzenden der Fachvereinigung gewählt. Waldi folgt auf Dr. Klaus-Dieter Juszak, der dieses Ehrenamt als Standortleiter des Chemieparks in Marl seit Juni 2006 ausgeübt hatte.
„Die Chemieparks sind ein starkes, erfolgreiches Standbein der Chemie-Industrie in Deutschland: Ansiedlungsprojekte werden kompetent begleitet. Investoren finden dort erschlossene Freiflächen mit chemietypischer Infrastruktur und einer breiten Dienstleistungspalette, um die uns viele andere Länder beneiden", betont der Vorsitzende der Fachvereinigung.
Joachim Waldi, Jahrgang 1959, schloss sein Chemiestudium an der Universität Heidelberg im Jahr 1989 mit der Promotion ab. Im selben Jahr begann seine berufliche Karriere als Laborleiter in der Forschung des damaligen Geschäftsbereiches Kautschuk bei Bayer. Danach durchlief er verschiedene Positionen im In- und Ausland. Ab 2004 war er Leiter der Group Function Technical Services bei Lanxess Deutschland. Zum 1. Januar 2007 ist Dr. Waldi zum Geschäftsführer von Currenta (ehemals Bayer Industry Services) berufen worden. Er ist gleichzeitig Arbeitsdirektor der Gesellschaft.
Die Fachvereinigung Chemieparks im Verband der Chemischen Industrie (VCI) vertritt die Interessen von nahezu 40 Chemieparks und -standorten in Deutschland.
Sites & Services sprach exklusiv mit Dr. Joachim Waldi u.a. über die Energiewende, Fachkäftemangel, Investitionsbereitschaft in Deutschland und die Zukunft deutscher Chemieparks:
„Das internationale Interesse an deutschen Chemieparks ist groß"
Sites & Services: Herr Dr. Waldi, als neuer Vorsitzender der Fachvereinigung Chemieparks im Verband der Chemischen Industrie (VCI) loben Sie die Attraktivität des Chemiestandortes Deutschland. Die Frage nach zuverlässiger Versorgung mit Energie bei international wettbewerbsfähigen Preisen und der demografische Wandel mit dem sich deutlich abzeichnenden Mangel an Fachkräften sprechen eine andere Sprache. Wie wollen Sie ausländischen Investoren diesen Widerspruch erklären?
Joachim Waldi: Die Energiewende in Deutschland ist einzigartig. Die ganze Welt beobachtet uns, wie wir dieses ehrgeizige Projekt umsetzen und erreichen. Die chemische Industrie wird mit ihren Innovationen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Energiewende mit wettbewerbsfähigen Preisen verwirklicht werden kann. Eine Besonderheit und damit ein Vorteil der Chemieparks ist: Die meisten haben eine eigene Energieversorgung - und sind damit weitgehend unabhängig.
Natürlich müssen wir uns auch der demografischen Entwicklung stellen. Das Motto heißt: Qualifikation durch verstärkte Weiterbildung.
Wie lässt sich die kontinuierliche Qualifizierung von Mitarbeitern gewährleisten, woher sollen neue Fachkräfte kommen?
Joachim Waldi: Eine kontinuierliche Qualifizierung erfordert ein breites Engagement von Unternehmen und Beschäftigten. In unserer Branche funktioniert dies hervorragend: 92,5 % der Chemie-Unternehmen haben ihre Mitarbeiter im Jahr 2010 weitergebildet. Im Vergleich mit der Gesamtwirtschaft ist dies ein Vorsprung von fast 10 Prozentpunkten. Die Weiterbildung in der Chemie verlief auch deutlich intensiver: Während in der Gesamtwirtschaft pro Mitarbeiter lediglich 29,4 Stunden für Lehr- und Informationsveranstaltungen eingesetzt wurden, waren es in unserer Branche 2010 rund 36 Stunden je Beschäftigten. Zudem investieren unsere Betriebe deutlich mehr Geld in Weiterbildung: 2010 waren es 1.467 € pro Mitarbeiter, über 400 € mehr als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. Darüber hinaus setzt sich die chemische Industrie schon seit vielen Jahren dafür ein, dass mehr Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik in den Schulen unterrichtet wird. Über den Fonds der Chemischen Industrie, das Förderwerk der Branche, unterstützen wir beispielsweise finanziell den experimentellen Chemieunterricht, um Kinder und Jugendliche für die Chemie zu begeistern.
Damit wir genügend Fachkräfte haben, bauen wir auf mehrere Säulen: Von zentraler Bedeutung ist die Nachwuchssicherung durch eigene Ausbildung. Die Chemie-Industrie bietet jährlich über 9.000 neue Ausbildungsplätze. Darüber hinaus ist es wichtig, mehr Frauen für eine Laufbahn in der Chemie-Branche zu begeistern. Ebenso ist es sinnvoll, bei Bedarf das Potenzial qualifizierter Einwanderer für die Fachkräftesicherung zu heben. Schließlich gilt es, angesichts des demografischen Wandels eine längere Lebensarbeitszeit für die vorhandenen Mitarbeiter zu gestalten.
Welchen Einfluss kann die Chemische Industrie auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen nehmen?
Joachim Waldi: Unsere Branche, und natürlich auch die Fachvereinigung Chemieparks, führen intensive Gespräche mit Politikern und Behördenvertretern. Dabei sprechen wir sehr unterschiedliche Themen an. Ich habe den Eindruck, dass die Politik aufgeschlossen ist und unsere Argumente versteht.
Warum braucht ein Chemiepark überhaupt eine Betreibergesellschaft?
Joachim Waldi: Die Vorteile liegen hier klar auf der Hand: Die Betreibergesellschaften bieten ihre Dienstleistungen aus einem Guss an und sind damit besonders effizient. Beispielhaft sind etwa unsere guten Kontakte zu den Behörden. Die Betreibergesellschaften haben außerdem langjährige Erfahrung bei den Genehmigungsverfahren von Anlagen, und sie kennen die nationalen und bundeslandspezifischen Gesetze aus dem Effeff. Die Unternehmen vor Ort können sich also ganz auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Sie sparen außerdem Geld, weil sie nicht selbst in die Infrastruktur investieren müssen. Das übernehmen die Betreiber, die einen hohen technisch-modernen Stand bei Infrastruktur sicherstellen.
Warum sollen sich ausländische Unternehmen, die in Mitteleuropa investieren wollen, ausgerechnet für Deutschland entscheiden? Mit welchen Argumenten punkten Sie bei Investoren?
Joachim Waldi: Es lohnt sich, in Deutschland zu investieren. Da ist die zentrale Lage des Landes mitten in Europa: Deutschland ist das geografische und wirtschaftliche Zentrum. Wir haben das größte Bruttoinlandsprodukt und den größten Absatzmarkt auf dem europäischen Kontinent.
Auch unsere Infrastruktur ist ein Riesenplus: Dazu gehört beispielsweise die Pipelineanbindung, unsere See- und Tiefseehäfen, das gut ausgebaute Autobahn- und Schienennetz. Unsere Mitarbeiter sind bestens ausgebildet. In Deutschland wird wenig gestreikt. Weitere Pluspunkte sind die hohe Energie- und Rechtssicherheit.
Und was die Chemieparks angeht: Deutschland ist Weltmeister der Chemieparks. Hier gibt es rund 60 Chemieparks, das sind so viele wie in keinem anderen Land. Das gilt auch für unser Serviceangebot, das so umfangreich ist wie nirgends auf dieser Welt. Unsere Dienstleistungen reichen von A wie Abfallentsorgung bis Z wie Zugangskontrolle. Wir erfüllen die Wünsche unserer Kunden und Investoren: Für sie ist besonders interessant, wenn die Betreibergesellschaften ihnen ganz auf sie zugeschnittene Lösungen anbieten. Vorteilhaft sind auch die enge Anbindung der Chemieparks an Universitäten und die verstärkte Clusterbildung um sie herum.
Lässt sich das deutsche Chemieparkmodell auch in Wachstumsmärkten realisieren und könnte es zu einem Exportschlager oder einem künftigen Standbein für deutsche Betreiberfirmen werden?
Joachim Waldi: Das internationale Interesse ist groß: Wir bekommen mittlerweile viele Anfragen aus anderen Teilen der Welt. Saudi-Arabien oder Russland beispielsweise, die das deutsche Modell in ihre Länder importieren wollen. Aber auch in Wachstumsmärkten wie in China finden Sie mittlerweile Chemieparks à la Germany. Die deutschen Chemiepark-Betreiber konzentrieren sich auf ihre nationalen Standorte; dies ist oftmals bedingt durch die unterschiedlichen Interessen der Eigentümer oder Anteilseigner der Betreibergesellschaften.
Wo sehen Sie langfristig die Ziele der FV, wohin geht die Reise für deutsche Chemieparks?
Joachim Waldi: Als Leiter eines Chemieparks muss ich mich mit vielfältigen Themen beschäftigen. Und das spiegelt sich auch in der Fachvereinigung Chemieparks wider. Ganz oben auf der Tagesordnung stehen für mich wettbewerbsfähige Produktionsbedingungen, was vor allem für die Energiepreise gilt, sowie Planungssicherheit bei der Genehmigung von Projekten. Investitionen, die wir für ein nachhaltiges Wirtschaften in der Zukunft brauchen, erfordern auch die Akzeptanz durch die Gesellschaft. Hier werden wir uns besonders engagieren, um ein tragbares Konzept für die chemische Industrie und somit auch die Chemieparks zu realisieren.
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