Gesundheit als strategischen Erfolgsfaktor
Chemische Fabrik Budenheim erhält BGM- Gütesiegel „Sicher mit System“
Die Menschen werden älter. Sie arbeiten länger. Digitale Arbeitswelten sind Fluch und Segen zugleich. Globalisierung prägt die Arbeitswelt. Immer erreichbar, immer leistungsfähig, immer auf dem neuesten Stand der Technik sein. Wer arbeitet, kennt kaum noch echte Auszeiten. Doch was macht das mit dem Mitarbeiter?
Die heute mit Schlagworten wie Digitalisierung, Globalisierung und demografischer Wandel beschriebenen Veränderungen der Arbeitswelt sind längst bei den Erwerbstätigen angekommen. Sie führen zu Veränderungen der Arbeits- und Rahmenbedingungen, die sich positiv oder negativ auf die Betroffenen auswirken können.
Man weiß, dass Arbeit viel Positives, Bereicherndes und Sinnstiftendes für jeden Einzelnen enthält. Sie wirkt schützend und stabilisierend auf die Psyche. Doch Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen das richtige Maß finden, damit die Anforderungen, das Tempo oder auch ermüdende Routinen nicht zur Belastung werden.
Psychische Belastung als wesentliche Dimension im Arbeits- und Gesundheitsschutz wird derzeit vielfach diskutiert. Hintergrund hierfür ist der deutliche Anstieg der Diagnosen im Bereich der psychischen und Verhaltensstörungen sowohl bei den Arbeitsunfähigkeitstagen als auch bei den Frühverrentungen. Mit Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurden im Stressreport 2012, der aktuell umfassendsten Datenquelle zu diesem Thema, über 17.000 Beschäftige befragt. Gemäß dem Report waren 2012 in Deutschland allein psychische Störungen für mehr als 53 Mio. Krankheitstage verantwortlich. Vor allem die Arbeitsmerkmale „verschiedenartige Arbeiten gleichzeitig betreuen“, „starker Termin- und Leistungsdruck“, „ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge“, „Störungen und Unterbrechungen“ sowie „sehr schnell arbeiten müssen“ sind nach Angabe der Erwerbstätigen nach wie vor weit verbreitet. Doch nicht immer und nicht automatisch führt psychische Belastung zu hoher Beanspruchung und negativen Folgen für die Gesundheit. Vielmehr spielen die Höhe und die Summe der Anforderungen, aber auch das Ausmaß vorhandener Ressourcen und deren Zusammenwirken eine bedeutsame Rolle.
Wie sich die psychischen Anforderungen an die Beschäftigten unter den Rahmenbedingungen der modernen Arbeitswelt quantitativ und qualitativ verändern, wie diese Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördern oder beeinträchtigen und wie sie von Arbeitnehmern wahrgenommen und (mit)gestaltet werden, gehört zu den zentralen Fragen eines modernen Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Wer wirtschaftlichen Erfolg anstrebt, unterstützt seine Mitarbeiter im Idealfall darin, nachhaltig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Dabei reicht es nicht, Einzelmaßnahmen gestreut und punktuell durchzuführen. Es geht vielmehr darum, das Potenzial der Beschäftigten weiter zu entfalten und es mit Hilfe von festintegrierten Gesundheitsmaßnahmen in den Unternehmensstrukturen besser zu entwickeln. Denn dies bringt sowohl den Mitarbeitenden als auch dem Unternehmen selbst maximalen Nutzen. Immer häufiger finden sich daher in Unternehmen sogenannte Gesundheitsbeauftragte, die das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) vorantreiben sollen.
Betriebliches Gesundheitsmanagement bedeutet, einen strukturierten, geplanten und koordinierten Prozess im Unternehmen zu etablieren. Dabei unterscheidet sich betriebliches Gesundheitsmanagement von der betrieblichen Gesundheitsförderung, eben gerade durch das geplante und strukturierte Vorgehen, mit dem BGM-Strategien sowie daraus resultierende Maßnahmen in Unternehmen und Institutionen geplant und umgesetzt werden. Der Managementprozess für das betriebliche Gesundheitsmanagement folgt dem Zyklus eines klassischen Managementzirkels: Analyse – Zielsetzung – Maßnahmen – Evaluation. Das Ziel des Prozesses ist stets die langfristige und nachhaltige Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, denn der Mensch hat sich zum wesentlichen Erfolgsfaktor für Unternehmen und Institutionen entwickelt.
BG RCI unterstützt bei Umsetzung des Gesundheitsmanagements
Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) unterstützt Unternehmen seit vielen Jahren bei der systematischen Integration von Sicherheit und Gesundheit in den Betrieben. Die kontinuierlichen Veränderungen in der Arbeitswelt, erfordern eine stetige Anpassung der Präventionsarbeit. Daher wurden die bestehenden Angebote der BG RCI um die Begutachtung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements erweitert. Auf freiwilliger Basis haben damit die Betriebe die Möglichkeit, aufbauend auf ihrem Arbeitsschutzmanagementsystem, ihr betriebliches Gesundheitsmanagement im Sinne eines integrierten Managementsystems für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit begutachten zu lassen. Damit kann der Betrieb sein BGM unabhängig überprüfen, es verbessern und nach außen und innen belegen, dass er das Thema „Gesundheit im Betrieb“ erfolgreich und nachhaltig betreibt.
„Die Verleihung des Zertifikats bedeutet, dass Gesundheit als strategischer Erfolgsfaktor im Unternehmen tatsächlich angekommen ist.“, so Nicole Jansen, Leiterin Referat Gesundheitsmanagement, BG RCI. „Verständlich, dass manch ein Unternehmen im Aufbau eines BGMs große Herausforderungen und Hürden sieht. Die BG RCI unterstützt daher Unternehmen beim Aufbau ihres Gesundheitsmanagements. Mit Hilfe unserer Fachberater finden IST-Analysen und deren Begutachtung statt, auch konkrete Umsetzungshilfen, Seminare und Beratungen bietet unsere Berufsgenossenschaft interessierten Unternehmen.“
Zum Aufbau oder zur Verbesserung eines BGM empfehlen sich folgende Schritte:
- Bestandsaufnahme belastender und auch gesundheitsförderlicher Faktoren im Betrieb
(z.B. Gefährdungsbeurteilung nutzen, Gesundheitsdaten auswerten, Beschäftigte fragen) - Festlegung vorrangig zu bearbeitender Gesundheitsthemen
(z.B. Muskel-/Skelett- oder Kreislauferkrankungen, psychische Belastungen, Suchtprävention) - Festlegung von Gesundheitszielen und Ableitung von Maßnahmen
- Festlegung von Kenngrößen zur Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen
- Berücksichtigung der festgelegten Gesundheitsthemen, -Ziele, -Maßnahmen und -Kenngrößen im betrieblichen Management für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.
Neben der Berufsgenossenschaft, kann der Betrieb auch oftmals auf Netzwerke wie Krankenkassen oder Verbände zurückgreifen und hier Unterstützung erfahren.
Bei der Begutachtung wird durch Interviews, Einsicht in Unterlagen und Beobachtung vor Ort die Wirksamkeit des Managementsystems für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit beurteilt. „Der Betrieb erhält anschließend einen Bericht, der auch Optimierungsvorschläge enthält“, erklärt Jansen. „Wenn es mal im ersten Anlauf nicht klappen sollte, kann somit stets nachgebessert werden und nach positiver Begutachtung erhält der Betrieb dann das Zertifikat und die Berechtigung, das Gütesiegel für drei Jahre zu nutzen.“
Budenheim erhält erweitertes BGM Gütesiegel
Anforderungen an ein BGM klingen zunächst abstrakt, doch beschäftigt man sich näher mit dem Thema, wird klar, dass die unabhängige Bewertung der eigenen Gesundheitsmaßnahmen und -systeme das Unternehmen schnell nach vorne bringt, nicht nur weil alle Maßnahmen stets auf Langfristigkeit ausgelegt sind.
Das Beispiel der Chemischen Fabrik Budenheim zeigt, dass schon heute Unternehmen den Faktor Mensch in den Mittelpunkt stellen und ihren Mitarbeitern verschiedenste Gesundheitsförderungsmaßnahmen zukommen lassen. Das mittelständische Unternehmen hat als erste Unternehmen in Rheinland-Pfalz das erweiterte Gütesiegel „Sicher mit System“ der Berufsgenossenschaft erhalten.
Der Wandel der Arbeitswelt mit seinen verschiedenen Auswirkungen wird weiter fortschreiten. Negative Folgen dürfen wir dabei aber nicht aus den Augen verlieren, denn die menschengerechte Gestaltung von Arbeit muss weiter unser Ziel sein, damit Wandel nicht erdrückt, sondern als Chance wahrgenommen werden kann.
So ist gut gestaltete Arbeit heute die Voraussetzung für gesunde und motiviert arbeitende Erwerbstätige von morgen. Unzweifelhaft kann wohl gelten, dass der Erhalt und die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit in unser aller Interesse liegen – von Politik, Gesellschaft, Unternehmen und von jedem Einzelnen von uns.