Anlagenbau & Prozesstechnik

F&E-Sonderanlagen erfolgreich realisieren

Sieben Erfolgsfaktoren für Durchlaufzeit, Kosten und Risiko von Fertigung und Montage

19.03.2025 - Mechanisch-verfahrenstechnische Sonderanlagen werden in Forschung und Entwicklung nach wie vor benötigt, um Prozesse zu testen und um digitale Modelle und Simulationen abzusichern.

Je anspruchsvoller die Anlage aus Sicht von Anforderungen, Herstellung und Konformität ist, desto entscheidender ist das Zusammenspiel bestimmter Erfolgsfaktoren für Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Durchlaufzeit des Realisierungsprozesses. Dies gilt insbesondere, wenn mehrere Regelwerke gleichzeitig zu erfüllen sind.

Die sieben Erfolgsfaktoren sind: Fertigungs-Know-how, Regelwerksexpertise, Lösung aus einer Hand, Partnernetzwerk, eigene Kapazitäten, persönliche Zusammenarbeit sowie der Schutz des geistigen Eigentums. Ein individueller, fertigungstechnisch äußerst herausfordernder F&E-Doppelwellenmischer mit Konformität zur Maschinen- und Druckgeräterichtlinie dient als passendes Projektbeispiel zur Illustration dieser Erfolgsfaktoren.

Schweißtechnik mit Zerspanung treibt die Risiken

Der wesentliche Treiber für Risiken hinsichtlich Fertigung, Durchlaufzeit und Konformität besteht in der Kombination aus Schweißtechnik und mechanischer Bearbeitung. Das gilt umso mehr für Werkstoffe mit größerer Verzugsneigung wie Chrom-Nickel-Stähle und Nickelbasislegierungen. Daher ist der Erfolgsfaktor Fertigungs-Know-how zwingende Grundlage und erstreckt sich idealerweise über alle erforderlichen Fertigungsschritte. Mit breitem, erfahrungsbasiertem Fertigungswissen kann Optimierungspotenzial identifiziert und gehoben sowie auf unvermeidliche Probleme im Projektverlauf reagiert werden.

Für die realistische Vorplanung, Durchführung und Dokumentation ist Regelwerksexpertise erforderlich. Dieser Erfolgsfaktor, im Paket mit Fertigungs- und Qualitätssicherungswissen, sichert die Konstruktion von Beginn an ab, lässt die richtigen Haltepunkte für Prüfung und Dokumentation planen und minimiert somit das Risiko der Nicht-Konformität.

 

„Trotz aller Vorteile der Digitalisierung sind die Faktoren Mensch und persönliche Zusammenarbeit nach wie vor entscheidend.“

 

Volle Kontrolle über Fertigungskapazitäten ist essenziell

Die sogenannte Lösung aus einer Hand wird für Kunden nur dann zum Erfolgsfaktor, wenn der Projektpartner eigene Kapazitäten für die wichtigsten Fertigungsprozesse besitzt. Je geringer die Anzahl an Schnittstellen ist, desto besser ist der Kommunikationsfluss und desto geringer sind Zeitverluste und Beschädigungsrisiken bei Verpackung und Transport. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die ungleich höhere Flexibilität bei ungeplanten Änderungen, die mit zunehmender Projektkomplexität immer wahrscheinlicher werden.

Praktisch kein Sonderfertiger verfügt selbst über alle Herstellprozesse. Ein funktionierendes Partnernetzwerk für Materialbeschaffung und Dienstleistungen wird damit zum vierten Erfolgsfaktor für anspruchsvolle Projekte im Sonderanlagenbau.

Aus organisatorischer Sicht hat das Projektmanagement einen maßgeblichen Einfluss. Dieses sollte beim Herstellpartner liegen, sofern die Erfolgsfaktoren eins bis vier von diesem erfüllt werden. Auch hier ist es Ziel, Schnittstellen zu minimieren und Verantwortung zu zentralisieren. Idealerweise führt ein Projektmanager nach dem Prinzip „One Face to the Customer“ das Projekt, um dem Kunden Prozesskosten und Kommunikationsstress zu ersparen. Zusammen mit dem Erfolgsfaktor der eigenen Kapazitäten entsteht ein effizienter Gesamtprozess.

Erfolgsfaktor Mensch und Verantwortung

Nicht zu unterschätzen ist der weiche Erfolgsfaktor sechs der persönlichen Zusammenarbeit. Dabei geht es um die Bereitschaft, insbesondere auf Seiten des Herstellpartners, Anforderungen zu verstehen und im Dialog mit den Prozessexperten in Richtung Machbarkeit und Konformität zu bringen. Die Beteiligten auf Seiten des Herstellers müssen mit dem Frustrationspotenzial mehrerer Iterationen und Überraschungen umgehen können.

Als siebter Erfolgsfaktor ist der Schutz des geistigen Eigentums zu nennen. Idealerweise hat der Herstellpartner kein Interesse am Prozess selbst und auch grundsätzlich kein Know-how in der verfahrenstechnischen Prozesstechnik. Das ist Grundlage für Vertrauen und Offenheit.

Das Projekt Doppelwellenmischer

Wie diese sieben Erfolgsfaktoren zusammenspielen, zeigt das Projekt Doppelwellenmischer beim Münchner Maschinen- und Anlagenbauunternehmen Zettl, das mit Halmosi als Herstellpartner realisiert wurde.

Der Doppelwellenmischer dient der Umsetzung eines Forschungsprojektes am Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) im Pilotanlagenzentrum in Schkopau. In diesem Projekt geht es um die Maßstabsübertragung eines energieeffizienten und ressourcenschonenden Verfahrens zur lösemittelfreien Herstellung von Synthesekautschuk.

Die Besonderheit des Doppelwellenmischers aus fertigungstechnischer Sicht besteht in dem schweißtechnisch sehr ungünstigen Aufbau des Mischergehäuses, der jedoch aus Prozesssicht nötig war. Die Hauptabmessungen des Gehäuses betragen in der Länge 1.500 mm, in der Breite 700 mm und in der Höhe 400 mm.

Der Gehäusequerschnitt in Form einer liegenden Acht, die asymmetrische Gestaltung der Zuführung und der Beheizung zeigen eine sehr große Verzugsneigung in der Schweißtechnik. Die Einhaltung der Mindestwandstärke für die Konformität zur europäischen Druckgeräterichtlinie hat die Freiheitsgrade weiter erheblich verringert, zumal der Mischertunnel komplett mechanisch zu bearbeiten war mit hoher Anforderung an die Oberflächenrauheit auf den produktberührten Flächen.

Herstellbarkeit und Konformität sicherstellen

Schon zu Beginn waren Fertigungs-Know-how und Regelwerkswissen kombiniert anzuwenden, um die Konstruktion hinsichtlich Konformität, Herstellbarkeit, zugelassener Halbzeuge, aktueller Materialverfügbarkeit, Kosten und Durchlaufzeit zu bewerten und abzusichern. Maschinenrichtlinie und Druckgeräterichtlinie waren dabei parallel zu berücksichtigen mit allen relevanten Aspekten wie Sicherheit, Risiken und Qualitätssicherungsmaßnahmen.

Bei der Ausarbeitung der Fertigungs- und Montageschritte zeigte sich, wie wichtig die Kombination der technischen Erfolgsfaktoren Fertigungswissen, Regelwerkskompetenz, Kontrolle über Kapazitäten und Partnernetzwerk ist. Weil diese in einer Hand lagen, konnten die Planungsiterationen schnell und sicher durchlaufen werden mit dem wichtigsten Ziel, die Auswirkungen der Schweißtechnik unter Kontrolle zu halten. Die Festlegung der Materialzugaben, die Konzeption von Spannvorrichtungen und die Abfolge von Schweißungen, Prüfschritten und mechanischer Zwischen- und Endbearbeitung stellen die wichtigsten Aspekte dar. Dieselben Vorteile zeigten sich in der Fertigungs- und Montagephase: Auf Abweichungen und Probleme konnte schnell und umfassend reagiert werden, weil Projektleitung, Fertigung und Montage innerhalb einer Organisation stattgefunden haben.

Der Erfolgsfaktor der persönlichen, vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Kunde und Herstellpartner zeigte seine Bedeutung eindrücklich in der Montage- und Testphase. Die Montage erforderte mehrere Stufen mit der besonderen Herausforderung, die Mischerwellen präzise auszurichten und zu synchronisieren für die abschließenden Funktions- und Abnahmetests.

Fazit

Das Vorhandensein und das Zusammenspiel der Erfolgsfaktoren ist Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Realisierung anspruchsvoller, innovativer Projekte im F&E-Sonderanlagenbau. Derartige Projekte stellen hohe Anforderungen, sowohl technisch als auch organisatorisch, an den Herstellpartner. Trotz aller Vorteile der Digitalisierung, sind die Faktoren Mensch und persönliche Zusammenarbeit, insbesondere auf der Seite des Herstellpartners, nach wie vor entscheidend.

Autoren: Marco Bannat, Projektleiter, Halmosi GmbH, Heilbronn
               Michael Zettl, CEO, Zettl GmbH, München
 

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