Ein Zeichen für Optimismus und Zukunftsgewandtheit
Mit dem systemisch-ganzheitlichen Blickwinkel langfristig auf die Gewinnspur
Die Hauptsitzung der Namur wird in diesem Jahr von Tech-Konzern Schneider Electric gesponsert, der für sein explizit auf nachhaltiges Wirtschaften ausgerichtetes Geschäftsmodell bekannt ist. Im Vorfeld der Namur-Hauptsitzung sprach CHEManager-Redakteur Volker Oestreich mit Barbara Frei, Executive Vice President Industrial Automation, und Jessica Bethune, Vice President Industrial and Process Automation DACH, über Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und die Welt der Automatisierung.
CHEManager: Frau Frei, als Executive Vice President Industrial Automation leiten Sie das weltweite Industriegeschäft von Schneider Electric. Was hat der Tech-Konzern für die Prozessindustrie zu bieten?
Barbara Frei: Wenn Sie unser branchenspezifisches Portfolio meinen, dann können wir wirklich die komplette Mess- und Regelungstechnik, Steuerungskomponenten, Prozessleitsysteme, Sicherheitslösungen, Softwareanwendungen und jede Menge Services bieten. Alles im Sinne des IIoT digital vernetzt und eingebettet in unsere offene Lösungsarchitektur EcoStruxure. Aber rein durch diese Aufzählung erschließt sich der Mehrwert unserer Technologien natürlich nicht. Denn was wir ermöglichen ist wirklich eine datenbasierte Zusammenführung aller Bereiche eines Betriebs – von der Energieverteilung über die Automatisierung bis hin zu Lagermanagement, Auftragsabwicklung und Verwaltung. Auf diese Weise können wir ein Unternehmen so optimieren, dass das Gesamtsystem wirklich mehr ist als die Summe seiner Teile.
Wie genau ist das zu verstehen?
B. Frei: Ohne die Voraussetzungen einer bestehenden Anlage grundlegend zu verändern, unterstützen wir unsere Kunden dabei, dass ein System neue, verbesserte Eigenschaften erhält. Und zwar Eigenschaften, die über das reine Aufaddieren der Fähigkeiten einzelner Elemente hinausgehen.
Um welche Eigenschaften geht es dabei genau?
B. Frei: Mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit sind natürlich an oberster Stelle zu nennen. Aber es geht auch um den Wirkungsgrad. Denn in fast allen Bestandsanlagen der Prozessindustrie lässt sich noch jede Menge an Energieeffizienz herausholen. Das ist zumindest unsere Erfahrung. Aber, und das ist entscheidend, dieser Mehrwert lässt sich nur abschöpfen, wenn Sie statt einer singulären Silo-Perspektive einen systemisch-ganzheitlichen Blickwinkel einnehmen. Wenn Unternehmen also Produktions-, Gebäude- und Energiedaten miteinander zusammenbringen und eine systemweite Sichtbarkeit verschiedener Kausalitäten und Abhängigkeiten etablieren. Damit wird das gesamte System auf eine völlig neue Evolutionsstufe gehoben – etwa hinsichtlich Energieverbrauch oder vorausschauender Wartung. Und das meist nur, indem Sie – oder eine KI – bestimmte Feinheiten des Zusammenspiels der Einzelteile ganz gezielt neu justieren.
Das klingt vermutlich einfacher als es ist.
B. Frei: Keine Frage, je nach Gegebenheiten kann das eine komplizierte Aufgabe sein. Aber wenn Sie mich fragen was Schneider Electric für die Prozessindustrie zu bieten hat, dann haben Sie hier Ihre Antwort. Wir unterstützen unsere Kunden exakt mit diesem speziellen Mix aus Technologie und Beratung, den es braucht, um eine Anlage nicht grundlegend verändern zu müssen, aber dennoch auf neue Anforderungen wie Klimaschutz, Energiepreise und Fachkräftemangel angemessen reagieren zu können. Der IoT-basierten Digitalisierung kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Denn sie schafft im wahrsten Sinne des Wortes einen Mehrwert. Für eine effizientere Energieverteilung, eine flexiblere und resilientere Automatisierung und für die Verknüpfung beider Bereiche.
„Wir können ein Unternehmen so optimieren, dass das Gesamtsystem wirklich mehr ist als die Summe seiner Teile.“
Frau Bethune, laut eigener Aussage ist es das Geschäftsmodell von Schneider Electric, andere Unternehmen bei nachhaltigerem Wirtschaften zu unterstützen. Was steckt dahinter?
Jessica Bethune: Was viele nicht wissen ist, dass Schneider Electric wirklich ein Early Adopter bei Themen wie nachhaltiges Wirtschaften, klimafreundliche Industrie und Energiemanagement ist. Für uns ist Nachhaltigkeit also kein Buzzword. In den vergangenen 20 Jahren haben wir alle Geschäftsbereiche, inklusive deren Ökosystem, voll auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Entsprechend fokussiert sind wir hier. Das betrifft unsere Produkte und Lösungen, unsere Service- und Beratungsleistungen, unsere Akquisestrategie, aber auch unsere eigenen Standorte, unsere Mitarbeitenden und unser Wertschöpfungsnetzwerk. Schon 2005 haben wir den ersten Bericht veröffentlicht, der unsere Maßnahmen für nachhaltiges Wirtschaften detailliert dokumentierte. Seither berichten wir regelmäßig über unsere Ziele und Fortschritte. 2022 konnten wir sogar den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewinnen.
Und jetzt bringen Sie das Thema Nachhaltigkeit mit zur NAMUR Hauptsitzung?
J. Bethune: Genau. Aber nicht als moralischen Appell, sondern als unternehmerische Kernkompetenz. Das ist uns sehr wichtig. Wenn ich sehe, dass bei einer aktuellen DIHK-Umfrage mehr als 50 % der befragten Unternehmen angeben, die Energiewende sei eine Belastung für das eigene Geschäft, dann ist das nachvollziehbar, aber auch bedenklich. Denn ein von Nachhaltigkeit geprägtes Mindset kann gerade jetzt, in Krisenzeiten, große Vorteile in Sachen Unternehmensresilienz bringen.
Klingt gut, aber wie soll das gehen?
J. Bethune: Wenn Sie den Begriff Nachhaltigkeit in gängige Eigenschaften einer Industrieanlage übersetzen, dann wären das zum Beispiel mehr Ausfallsicherheit, Flexibilität und Energieeffizienz. Denn all das führt zu weniger Rohstoff- und Energieverbrauch – in vielen Fällen also auch zu weniger CO2-Emissionen – und macht ein Unternehmen damit insgesamt nachhaltiger. Gleichzeitig bedeutet eine zuverlässigere und nachfragegerechte Produktion natürlich auch, dass Betriebskosten sinken, mehr Flexibilität und Unabhängigkeit in Krisenzeiten bestehen und die Produktivität ganz allgemein steigt. Der Nachhaltigkeitseffekt ist also ökologischer und wirtschaftlicher Natur.
Und wie genau lässt sich sowas realisieren?
J. Bethune: Die Schlüsseltechnologie ist die IoT-basierte Digitalisierung. Von der Grundidee her geht es also darum, alles mit allem zu vernetzen – so granular und kleinteilig wie möglich. Nur dann stehen die Daten dafür bereit, um Anlagen vorausschauend zu warten, nachfragegerecht zu steuern oder Ineffizienzen zu vermeiden. Aber natürlich müssen die Voraussetzungen dafür stimmen. Ebenso wie es politische Rahmenbedingungen und Anreize braucht, um Investitionen in die Energiewende attraktiver zu machen, müssen auch die Technologien bestimmte Bedingungen erfüllen. Und da sehe ich uns Hersteller in der Pflicht. Nur wenn Lösungen offen und skalierbar konzipiert sind, bringen sie einen langfristigen Gewinn. Nur dann haben Digitalisierungsprojekte eine langfristige Wirkung und sorgen nicht für Frust. Bei Schneider Electric setzen wir genau aus diesem Grund auf eine herstellerunabhängige Automatisierungsphilosophie. Da werfen wir nicht alles über den Haufen, was in der Vergangenheit gut funktioniert hat, sondern bringen einfach eine neue Logik rein. Wenn Hardware und Entwicklungsumgebungen nicht mehr herstellerspezifisch aneinandergebunden sind, ergeben sich gerade für Anlagenbauer und Anwender erstaunliche Vorteile: Software kann wiederverwendet werden, Migration und Integration sind erheblich vereinfacht und völlig neue ingenieurstechnische Freiheiten entstehen.
„Nur wenn Lösungen offen und skalierbar konzipiert sind, bringen sie einen langfristigen Gewinn.“
Frau Frei, Frau Bethune, was erhoffen Sie sich von der diesjährigen Hauptsitzung?
B. Frei: Die Hauptsitzung findet in einer Zeit statt, die von vielen Unsicherheiten geprägt ist. Neben diversen globalen Krisenherden, ist insbesondere die Wirtschaftslage in Deutschland eine enorme Herausforderung für die energieintensiven Prozessindustrien. Mit unserer Expertise und Erfahrung möchten wir daher ein Zeichen für Optimismus und Zukunftsgewandtheit setzen. Das Potenzial in den deutschen Werkhallen ist riesig und gerade mit einer nachhaltigen Denkweise lässt es sich nutzen. Manchmal braucht es einfach nur den richtigen Impuls. Und den möchten wir setzen.
J. Bethune: In einer Studie des Umweltbundesamts habe ich neulich gelesen, dass mehr als 90 % der Deutschen einen klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft befürworten. Das hat mich sehr gefreut. Und darin steckt auch großes Potenzial. Denn letztlich wollen wir doch alle, dass die Ökonomie läuft und unser Planet gleichzeitig für kommende Generationen lebenswert bleibt. Bei Schneider Electric haben wir bereits ein hohes Maß an Expertise dazu aufgebaut, wie auch Automatisierer mit ihrem spezifischen Know-how zu diesem Ziel beitragen können. Und dieses Wissen möchten wir auf der Hauptsitzung teilen.
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Zur Person
Barbara Frei ist seit Dezember 2016 in verschiedenen Führungspositionen bei Schneider Electric und leitet dort seit Mai 2021 das weltweite Industriegeschäft. Davor war die promovierte Elektrotechnikerin (ETH Zürich) in verantwortlichen Aufgaben bei ABB beschäftigt.
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Zur Person
Jessica Bethune ist als Vice President Industrial and Process Automation DACH zuständig für den Industriebereich von Schneider Electric in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die studierte Wirtschaftsrechtlerin ist seit Januar 2022 beim Tech-Konzern tätig und war zuvor als Managing Director für das Segment Prozessautomation in der Region Mitteleuropa zuständig. Die in Deutschland aufgewachsene Amerikanerin besitzt ein hohes Maß an Expertise bei der Digitalisierung verschiedener Branchen aus ihren früheren Tätigkeiten bei unterschiedlichen Softwareunternehmen. Sie engagiert sich aktiv in Branchenverbänden (VDMA, ZVEI) und setzt sich auch außerberuflich für Diversität und Integration ein.
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Schneider Electric beschäftigt weltweit rund 135.000 Mitarbeitende und ist für sein explizit auf nachhaltiges Wirtschaften ausgerichtetes Geschäftsmodell bekannt. 2022 erwirtschaftete der Konzern einen Rekordumsatz von 34 Mrd. EUR. Fachleuten aus der Prozessindustrie sind insbesondere die Schneider-Electric-Marken Aveva, Foxboro, Modicon, ProLeiT und Triconex ein Begriff.