Ciber Novasoft: Herausforderung Chemie und Pharma
22.10.2011 -
Ciber Novasoft: Herausforderung Chemie und Pharma
Deutschland steht im internationalen Vergleich der Chemieproduktion auf Rang drei und ist mit 12 % der Ausfuhren Exportweltmeister. Der damit entstandene Wettbewerbsdruck hatte in den letzten Jahren auch Auswirkungen auf die Anforderungen, die Unternehmen an ihre IT haben. So übernimmt ein leistungsfähiges ERP-System inzwischen viele Aufgaben, die bis vor nicht allzu langer Zeit manuell erledigt werden mussten. Im Interview mit CHEManager erläutern Jörg Dietmann, Vorstand von Ciber Novasoft und Andreas Kremer, Leiter der Business Unit Chemicals & Pharmaceuticals, was für ein SAP-Beratungshaus den Reiz an der Chemie- und Pharmabranche ausmacht.
CHEManager: Herr Dietmann, bei den Zahlen der Chemiebranche erübrigt sich die Frage vermutlich, ob sich eine Fokussierung auf diese Branche lohnt. Welchen Anteil am Umsatz von Ciber Novasoft haben Projekte in der Chemie- und Pharmabranche?
Jörg Dietmann: Projekte in der Chemie- und Pharmabranche machen bei uns ein gutes Drittel des Umsatzes aus. Das heißt, wir sprechen nicht nur über einen Branchenschwerpunkt, wir praktizieren ihn auch – inzwischen seit etwa zehn Jahren. Damit unterscheiden wir uns von den Wettbewerbern, besitzen eine hohe Glaubwürdigkeit. Und dazu dient eine Branchenfokussierung ja vor allem: zur Differenzierung und der Vermittlung von Know-how am Markt. Die Chemie- und Pharmabranche bietet für unser Beratungshaus ein enormes Potential. Sie ist unglaublich herausfordernd: Viele der Unternehmen sind international tätig – was Folgen für den Projektumfang haben kann.
CHEManager: Herr Dietmann, laut VCI können sich die deutschen Chemieunternehmen in diesem Jahr über ein stabiles Wachstum freuen. Macht sich dieses Wachstum auch bei Ihnen bemerkbar?
Jörg Dietmann: Ja, der Aufschwung macht sich durchaus bemerkbar. Große Ersteinführungsprojekte gibt es allerdings nur sehr vereinzelt. Die Chemie- und Pharmabranche ist ein SAP-Anwender der ersten Stunde. Es gibt einen hohen SAP-Durchdringungsgrad, also kaum ein Unternehmen ohne SAP-System. Wir können trotzdem sehr zufrieden sein. Wir haben uns als Experten für die Branche etabliert und positioniert.
CHEManager: Fusionen und Übernahmen sind besonders in der Chemieund Pharmabranche wichtige Schlagworte: Knapp neun Prozent der M&A-Transaktionen im ersten Halbjahr 2007 gingen in der Chemie- und Pharmabranche über die Bühne. Sind diese Transaktionen die zentrale Herausforderung für die Branche?
Andreas Kremer: In der Tat ist gerade die Chemie- und Pharmabranche durch M&A-Transaktionen sowie Konsolidierungen geprägt, die immer schneller vonstatten gehen. Die Aufgabe der IT besteht darin, diese auch technisch zu verdauen und rasch umzusetzen. Die IT soll dazu beitragen, die beabsichtigten Synergie-Effekte schnell zu realisieren. Zur Herausforderung wird diese Aufgabe, weil viele Systeme derzeit eher heterogen gewachsen und weder dynamisch noch skalierbar gestaltet sind. Dem Stammdatenmanagement kommt zum Beispiel eine große Bedeutung zu.
Jörg. Dietmann: Gerade in Projekten, die auf eine M&A-Transaktion folgen, ist eine Profilierung als langjähriger und verlässlicher Partner zentral. Die intensive Partnerschaft zur SAP im Bereich Chemie ist ein wichtiger Baustein, der uns eine frühzeitige Positionierung im Projekt ermöglicht. Wir sind deshalb nicht nur ausführend, sondern auch beratend tätig und bereits in das Planungsstadium der IT-Infrastruktur eingebunden.
CHEManager: Herr Kremer, besonders der Export legte nach VCI-Angaben kräftig zu, konkret um 12 %. Spüren Sie diesen größeren Bedarf ebenfalls in Ihren Auftragsbüchern durch eine steigende Zahl an Aufträgen, die sich mit dem Thema Außenhandel befassen?
Andreas Kremer: Auf jeden Fall. Der Export ist in der Chemie- und Pharmabranche bestimmt von zahlreichen Auflagen, wie beispielsweise den Regularien der FDA oder den international gültigen Good Manufacturing Practices. Wir stellen fest, dass das Thema Compliance mehr und mehr als eigenständiges Thema wahrgenommen wird. Deutlich wird dies beispielsweise durch die steigende Zahl der Projekte zur Einführung von SAP GTS, der Außenhandelslösung der SAP. Deren Ziel ist es, sensible Prozesse standardmäßig an das ERP-System abzugeben.
Auftraggeber sind sowohl kleine als auch große Unternehmen. Im Chemie- und Pharmabereich sind viele mittelständische Unternehmen auch international tätig. In puncto Compliance stehen also alle Unternehmen – unabhängig von der Größe – vor den gleichen Herausforderungen: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie im Hinblick auf Gesetze und Vorschriften auf der sicheren Seite sein.
CHEManager: Herr Kremer, die Optimierung der Geschäftsprozesse, beispielsweise durch ein effizientes ERP-System, hat nach einer aktuellen Studie höchste Priorität bei IT-Verantwortlichen, um Einsparpotentiale zu nutzen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Trotzdem ist seit einiger Zeit der „Upgrade-Stau“ in aller Munde. Welche Rolle spielt dieser Upgrade-Stau in der Chemieund Pharmabranche?
Andreas Kremer: Vorhanden ist der Upgrade-Stau durchaus. Auch in der Chemie- und Pharmabranche liegen bei einer Reihe von Unternehmen die neuen SAP-Lizenzen in der Schublade und warten auf ihren Einsatz. Wir beobachten bei unseren Kunden, dass die Verknüpfung eines Upgrades mit einem Harmonisierungs- oder Konsolidierungsprojekt Kosten- und Nutzenvorteile mit sich bringt, beziehungsweise den Startschuss für ein später in ein Gesamtvorhaben integriertes Upgradeprojekt darstellt.
Oftmals zeigt sich, dass das neue Release eine Reihe von Prozessen bereits standardmäßig enthält, die dann nicht mehr manuell angepasst werden müssen. Der Umfang der anschließenden Harmonisierung fällt deshalb deutlich geringer – und häufig auch günstiger aus als erwartet.
CHEManager: Herr Kremer, gibt es konkrete Produkte oder Lösungen, durch die Ihre Kunden von der umfangreichen Erfahrung im Chemie- und Pharmabereich profitieren können?
Andreas Kremer: Seitdem unser Beratungshaus die Chemie und Pharmabranche fokussiert, haben wir uns intensiv mit internationalen Templateund Roll-Out-Projekten in alle Kontinente befasst. Dank dieser 700 Personenjahre Entwicklungsarbeit und Erfahrung wissen wir, wie man effiziente Templates in Abhängigkeit zur Kundenorganisation baut und was die essentiellen Bestandteile sind. Das Know-how im Sinne von Methodologie und Projektorganisation ist ein Schwerpunkt von uns.
Eine zweite Möglichkeit, durch die unsere Kunden an unserem Branchen-Know-how teilhaben können, ist NovaChem, unsere eigene branchenspezifische Best-Practice-Lösung für die Chemie. Und last but not least sind natürlich Branchenlösungen der SAP wichtige Leistungsschwerpunkte von Ciber Novasoft. Für einige sind wir ’Strategic Expertise Partner’. Zu diesen Lösungen gehört die Supply Chain Execution SCE, früher bekannt unter dem Namen LES oder auch die Manufacturing Execution xMII. Mit den Aspekten Governance, Risk und Compliance befassen sich die Lösungen GRC und GTS.
CHEManager: Welchen Vorteil hat eine solche Best-Practice-Lösung für den Anwender?
Andreas Kremer: Best-Practice-Lösungen sind vorkonfigurierte Lösungen, dank derer der Anwender im Projekt eine Basis hat und nicht bei Null anfangen muss. Novachem ist einsetzbar als Add-On zu den ‚Best- Practices for Chemicals’ der SAP, die wir ebenfalls mitentwickelt haben. Unsere Lösung ergänzt diese Best-Practices an verschiedenen Stellen – mit einem Schwerpunkt auf der Logistik.
Jörg Dietmann: Novachem richtet sich vor allem an den mittleren und den großen Mittelstand. Damit sprechen wir einen Großteil der Chemieunternehmen in Deutschland an, von denen über 90 % dem Mittelstand zugerechnet werden. So bestehen auch ‚die Großen’ der Branche, wie BASF oder Bayer, aus vielen kleinen Landesgesellschaften und Tochterunternehmen. Dank eines Best-Practice kann auch der Mittelstand an Innovation und Know-how teilhaben. Herr Dietmann, seit Ende 2004 ist Ciber Novasoft Teil des internationalen Ciber-Konzerns.
CHEManager: Profitieren Sie in der Chemie- und Pharmabranche von diesen neuen Strukturen?
Jörg. Dietmann: Die Größe hat mit Sicherheit Auswirkung auf das Vertrauen, das einem Unternehmen am Markt entgegengebracht wird. Seitdem wir zum Ciber-Konzern gehören, verfügen wir über eine deutlich größere Beratermannschaft und eine breitere Dienstleistungspalette. SAP ist nach wie vor unser Kerngeschäft, das Leistungsspektrum hat sich durch Ciber aber erweitert. Die großen Unternehmen der Chemie und Pharmabranche setzen häufig auf große Partner. Diese Partner sollen zum einen die Zielländer und -märkte kennen und zum anderen international aufgestellt sein. Wir verfügen über 150 Prozessindustrieberater – und über ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit und Referenzen aus vergangen Projekten.