CHEMonitor-Befragung: Deutsche Chemiemanager rechnen mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten
15.11.2012 -
Deutsche Chemiemanager rechnen mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten. Die Folgen steigender Energie- und Rohstoffkosten werden nicht nur in der Industrie sondern zunehmend auch in allen anderen Bereichen der Gesellschaft diskutiert. Vor allem der Wirtschaftsboom in den aufstrebenden Ländern Asiens trägt zu einem signifikanten Anstieg der Energie- und Rohstoffnachfrage bei und führt neben Preisanstiegen auch zu Rohstoff-Engpässen. In der chemischen Industrie ist die Diskussion um Energie- und Rohstoffkosten jedoch kein Novum: Seit jeher stellen sie entscheidende Kostenfaktoren in der Produktion dar. Vor allem in Hochlohnländern ist daher die effiziente Nutzung dieser beiden Produktionsfaktoren zu einem wesentlichen Element der internationalen Wettbewerbsfähigkeit geworden: Seit 1990 hat die deutsche Chemieindustrie nach Angaben des Verband der Chemischen Industrie (VCI) ihren Energieverbrauch um 28 % senken und somit Wettbewerbsvorteile sichern können. Damit dies auch in Zukunft gelingt, werden weitere Anstrengungen notwendig sein. Dies ergab die aktuelle CHEMonitor-Befragung vom August 2008. Dem gemeinsamen Panel der Unternehmensberatung Droege & Comp. und des CHEManager gehören rund 300 Entscheider der Chemiebranche an.
Auch wenn sich die Lage auf den internationalen Rohstoffmärkten in den letzten Monaten leicht entspannt hat, ist der steigende Preistrend aus Sicht vieler Marktteilnehmer ungebrochen. Die Mehrzahl der Chemiemanager, die während der siebten CHEMonitor- Befragung zum Themenkomplex Rohstoffe und Energie interviewt wurden, sieht dies genauso: In den kommenden 12 Monaten erwarten 87 % einen Preisanstieg bei Energie und 78 % höhere Preise bei Rohstoffen (vgl. Grafik 1). Dabei erwarten die Chemie-Entscheider stärkere Aufschläge bei den Energiekosten: 29 %, und damit die Mehrheit, rechnen mit einem durchschnittlichen Energiepreis-Anstieg von 6-10 %, 25 % mit einer Verteuerung von 11-15 % und mit 22 % mehr als jedes fünfte Panelmitglied sogar mit Preissteigerungen über 15 %. Lediglich 4 % gehen von einem konstanten Preisniveau in den nächsten 12 Monaten aus; niemand glaubt an sinkende Preise. Bei den Rohstoffen prognostizieren mit 40 % die Mehrheit der Befragten einen Anstieg zwischen 6-10 %; immerhin 16 % gehen von einer durchschnittlichen Preissteigerungsrate von über 15 % aus. 7 % glauben an ein konstantes Niveau und 3 % sogar an sinkende Preise.
Energie und Rohstoffe gehören zu den wichtigsten Kostensenkungshebeln
Trotz massiv gestiegener Energie- und Rohstoffkosten in den vergangenen Monaten und einem starken Eurokurs konnte die Chemieindustrie ihre Produktion in der ersten Jahreshälfte 2008 um 3 % ausweiten. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich damit die Wachstumsdynamik signifikant reduziert. Auch in den nächsten Monaten sieht der VCI keine positiven Wachstumsimpulse und geht von einer weiteren Abkühlung der Chemiekonjunktur aus. Die Abschwächung der Chemiekonjunktur wirkt sich auf die Prioritäten der Chemieunternehmen aus: Auf die Frage nach den zukünftigen Prioritäten in der Unternehmensführung antworten mit 54 % die Mehrheit der Befragten mit einem ausgewogenen Mix aus Wachstum- und Kostensenkungsthemen, 34 % zeigen sich sogar unbeeindruckt von der wirtschaftlichen Entwicklung und verfolgen weiterhin einen klaren Wachstumskurs (vgl. Grafik 2). Mit 10 % antwortet jedoch jedes zehnte Mitglied des CHEMonitor-Panels in der August-Befragung mit Kostensenkung als aktueller Unternehmenspriorität. Im Vergleich zur Befragung vom Dezember 2007 hat sich diese Zahl damit nahezu verdoppelt. Auf die Frage nach Schwerpunkten bei Kostensenkungsmaßnahmen antworten 46 % mit Rohstoffen, 41 % mit Personalkosten und 39 % mit Energie (vgl. Grafik 3). „Nach mehreren Jahren dynamischen Wachstums ist das Abflachen der Chemiekonjunktur seit einigen Monaten am Horizont zu erkennen“, meint Dr. Juan Rigall, Geschäftsführender Partner der Unternehmensberatung Droege & Comp. „Durch fortwährende Produktivitätsfortschritte, durchgängig gestiegene Forschungsetats und verbesserte Kostenstrukturflexibilität sind die Unternehmen der deutschen Chemieindustrie heute besser gegen den Konjunkturrückgang gerüstet als je zuvor.“
Höhere Energie- und Rohstoffkosten werden weitgehend weitergegeben
Mit 61 % gibt die klare Mehrheit der Chemie-Entscheider an, die erhöhten Kosten weitgehend an die Abnehmer bzw. Kunden weiterzugeben (vgl. Grafik 4). 18 % sogar nahezu vollständig. Nur 3 % geben die Preiserhöhungen nahezu gar nicht weiter. Obwohl der größte Teil der Befragten die gestiegenen Kosten bei Energie und Rohstoffen zumindest teilweise weitergeben kann, wirkte sich der hohe Ölpreis in den vergangenen 12 Monaten größtenteils negativ auf die Gewinne der Unternehmen des CHEMonitor- Panels aus: Bei 43 % sank der Gewinn, bei 2 % sogar deutlich um über 20 % (vgl. Grafik 5). Mit 32 % gibt es jedoch auch einen großen Anteil an Unternehmen, bei denen der höhere Ölpreis keine nennenswerten Einflüsse auf den Gewinn hat und 12 % partizipieren sogar mit steigenden Gewinnen an der Ölpreis-Hausse.
Jeder zweite Chemiemanager beklagt Rohstoff-Engpässe
Eine genauere Analyse der oben bereits angesprochenen Rohstoff-Engpässe zeigt, dass über 50 % der Panelteilnehmer in den letzten 12 Monaten auf Probleme in der Rohstoffversorgung reagieren mussten (vgl. Grafik 6). Es zeigt sich, dass 18 % der Befragten in einem hohen Maße und mit 40 % die Mehrheit auf sog. „Shortage“- Situationen reagiert haben. Mit 25 % antwortet jeder Vierte mit eher nein, lediglich 15 % der Befragten haben keine Rohstoff- Engpässe in ihren Supply Chains verzeichnet.
Kostensenkung durch optimiertes Lieferantenportfolio
Der Trend zu steigenden Preisen bei Energie und Rohstoffen ist erkannt und beide Produktionsfaktoren sind als wichtigste Kostensenkungsthemen identifiziert. Welche Maßnahmen aber werden von den Chemie- Entscheidern getroffen, um sich gegen die Energie- und Rohstoffpreis-Risiken abzusichern? Der Abschluss langfristiger Lieferverträge sowie die Beschaffung der Ressourcen über mehrere konkurrierende Lieferanten sind für je 49 % der Befragten die Haupthebel gegen ausufernde Preise, wobei Mehrfachnennungen möglich waren (vgl. Grafik 7). 18 % der Befragten setzen auf die Beschaffung von Energie und Rohstoffen an Spotmärkten und 15 % auf Hedging-Maßnahmen. Auf die Frage welche Rohstoffe abgesichert werden, antwortet jeder zweite und damit die Mehrheit der Befragten mit chemischen Grundstoffen. 35 % sichern die Stromkosten ab und 23 % Erdgas. Kunststoffe und Öl werden dagegen nur von 6 % bzw. 10 % der Panelteilnehmer abgesichert (vgl. Grafik 8).
Ein strategisches Mittel zur Absicherung der Rohstoffversorgung eines Unternehmens sind Rückwärtsintegrationen von entsprechenden Lieferanten. 27 % der Befragten haben bereits in den letzten fünf Jahren Unternehmen vor diesem Hintergrund übernommen und 12 % planen dies aktuell (vgl. Grafik 9). Mit 49 % hat jedoch die Mehrheit der Befragten Rückwärtsintegrationen zum Zweck der Rohstoffabsicherung weder in den letzten fünf Jahren durchgeführt noch ist dies zukünftig in Planung.
21 % der Chemiemanager prognostizieren sinkende Beschäftigungszahlen
Durch die stabile Chemiekonjunktur in den vergangenen Monaten hatten die steigenden Energie- und Rohstoffpreise nach Angaben von 87 % der befragten Top-Entscheider der deutschen Chemieindustrie keine Auswirkung auf die Beschäftigtenzahl ihrer Unternehmen (vgl. Grafik 10). Und nur bei 4 % sank die Zahl der Beschäftigten aufgrund dieser Kostenfaktoren. Dies könnte sich in Zukunft ändern: Für die Zukunft prognostizieren 21 % des CHEMonitor-Panels eine sinkende Zahl an Arbeitsplätzen in ihrem Unternehmen durch steigende Energie- und Rohstoffkosten und nur noch 62 % rechnen mit keinen Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahlen.