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Mit fünf Schritten aus der Projektkrise

„Quick Wins“ helfen bei der Projektrettung

09.08.2011 -

Jedes dritte Projekt in Deutschland gerät in eine Krise und scheitert, wie Experten schätzen. Der Beitrag nennt Ursachen und Lösungsansätze.

Das Budget um 18 % gekürzt - mit dieser knappen Mitteilung stürzte das Unternehmen eines seiner wichtigsten Projekte in die Krise. Das Team sollte ein Diagnosegerät zur Produktionsreife bringen. Nach der Hiobsbotschaft musste der Projektmanager freien Softwareberatern kündigen, sein Team reduzieren und das zu entwickelnde Gerät vereinfachen. Es half nichts, das Projekt steckte bereits in der Krise. Sonst pünktliche Mitarbeiter verspäteten sich auf Projektbesprechungen und waren unvorbereitet.

Hatten seine Mitarbeiter früher per fröhlichen Handschlag Vereinbarungen getroffen, sicherten sie sich jetzt mit E-Mails ab. Zu Stand und Fortschritt der Arbeiten erfuhr der Projektmanager kaum noch Greifbares. Ihre Aufgabe, so sagten Mitarbeiter, sei „fast erledigt"; auf Termine wollte sich aber niemand mehr festlegen. „Ich konnte weder fundierte Entscheidungen treffen noch meinen Auftraggebern berichten", klagte der Projektmanager.

Ursachen für Projektkrisen

Jedes dritte Projekt in Deutschland gerät in eine Krise und scheitert, wie Experten schätzen. Die Ursachen hat das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) ermittelt. In einer Studie, an der auch Unternehmen der Chemie und Pharmabranche mitgewirkt haben, macht das Institut überwiegend fehlende Zieldefinition sowie das Ausbleiben von Entscheidungen verantwortlich. Auch unrealistische Projektplanung gilt als eine der Ursachen für die Fiaskos. Fest steht: Wo präzise Ziele, belastbare Pläne und schnelle Entscheidungen fehlen, wird hektisch gewerkelt. Das Projekt aber tritt auf der Stelle - und gerät schnell in die Krise.

„Früh genug erkannt kann man Projektkrisen gut entschärfen", erklärt Projektberaterin Dr. Dagmar Börsch (Project Solutions, Ludwigshafen). Seit sechzehn Jahren in Projekten der Pharma- und Medizintechnik-Branche tätig kennt sie die typischen Krisensymptome. Früheste Anzeichen sind veränderte Atmosphäre und Zusammenarbeit im Team. So deuten beispielsweise ausufernde Projektbesprechungen auf Schwierigkeiten hin. „Statt an Lösungen zu arbeiten schieben sich die Mitarbeiter gegenseitig die Schuld für Probleme zu", berichtet Dr. Börsch. Zudem finden sich am Konferenztisch plötzlich projektfremde Abteilungsleiter, die sich ein Bild von dem havarierenden Projekt machen wollen. Ein weiteres Indiz: Krisenprojekte verbrauchen zunächst deutlich weniger Budget als geplant. Das Geld bleibt in der Kasse, weil das Projekt nicht vorankommt.

Rettungsaktion in fünf Schritten

Erfahrene Projektmanager haben gelernt, eine Krise zu akzeptieren und offen im Team anzusprechen. Sie verkneifen sich, Schuldige zu finden; sie blicken nach vorne und suchen mit ihren Mitarbeitern nach Auswegen und Schadensbegrenzung. Vor allem: Statt an den Symptomen herumzudoktern und Flickschusterei zu betreiben, stoppen sie das Projekt und starten eine Rettungsaktion in fünf Schritten.

Schritt 1 - Bestandsaufnahme: Wo stehen wir wirklich? Mit dieser Frage wendet sich der Projektmanager an sein Team. Profis berichten von Detektivarbeit, mit der sie die Fakten aus Rechtfertigungen und Geheimniskrämereien herauslesen müssen. „Viele Mitarbeiter halten Informationen über Verzögerungen und Detailprobleme zurück", weiß Dr. Börsch, „niemand will als erster die Katze aus dem Sack lassen." Das Eis bricht erst, wenn einer den Anfang macht, die sogenannte „rote Laterne" nimmt und seine Schwierigkeiten bekennt. Ihm werden sich die anderen anschließen. „Dem Projektmanager muss durch geschickte Führung diesen Durchbruch herbeiführen", sagt die Fachfrau.

Schritt 2 - „Health Check": Nur wenige Projekte geraten durch Budgetkürzungen oder andere „äußerlichen" Gründe in Schwierigkeiten. Die Ursachen liegen zumeist im Projekt selbst: Es war schlichtweg schlecht vorbereitet. „Mit Krisen rächen sich früh versäumte Managementaufgaben, z.B. mangelhafte Zieldefinition, fehlende Kommunikationsplanung oder unrealistisches Risikomanagement", erklärt Prof. Franz Egle von der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in Mannheim. An welchen handwerklichen Versäumnissen das Projekt konkret krankt - dazu können in einfachen Fällen Kollegen oder Mentoren Hinweise geben. Bei verwickelteren Problemen sollten externe Fachleute das Projekt mit einem so genannten „Assessment" gründlich durchchecken.

Schritt 3 - Vertrauen wiederherstellen: Krisen verunsichern Mitarbeiter zutiefst. Bevor sie an Lösungen mitarbeiten, brauchen sie Zuspruch und das Gefühl von Sicherheit. Projektprofis reden mit ihnen über Ängste und Sorgen - und bitten ihre Mitarbeiter dann ausdrücklich um Hilfe, das Projekt aus den Schwierigkeiten zu befreien. Zudem verpflichten sie ihre Mitarbeiter, nur abgestimmte Informationen nach außen zu geben. Je mehr das Team „mit einer Stimme" spricht, desto eher gewinnt es das Vertrauen von Auftraggebern, Partnern und anderen interessierten Parteien zurück.

Schritt 4 - Sofortmaßnahmen und „Quick Wins": Die Zeit für die Rettungsaktion läuft! Projektmanager müssen die Analyse zügig auswerten, ihre Optionen durchdenken und einen ersten Maßnahmenkatalog entwickeln. Denn Auftraggeber, Mitarbeiter und Partner wollen schnell erste, ermutigende Erfolge sehen („Quick Wins"). Trotz der gebotenen Eile sollten Projektmanager Prioritäten setzen und keine falsche Hektik aufkommen lassen. „Anderenfalls leidet die disziplinierte Arbeit im Team", so Prof. Egle.

Schritt 5 - Neuplanung: Viele Krisenprojekte müssen nur nachjustiert werden, manche brauchen eine komplette Neuplanung. Immer aber muss der Projektmanager die alternativen Krisenlösungen mit dem Auftraggeber erörtern und sich dessen Einverständnis versichern. Wichtig: Während der Rettungsaktion halten Projektmanager die Ohren offen für erneute Krisensignale. Sie forcieren den Dialog mit Mitarbeitern, Kunden, Partnern und Interessengruppen; z.B. nehmen sie an Besprechungen von Arbeitsgruppen teil oder lassen sich an Laborplätzen, Werkbänken oder Bildschirmen die Arbeitsfortschritte erklären. „Der enge Kontakt zu allen Beteiligten entscheidet mit über den Erfolg der Krisenrettung", erklärt Dr. Dagmar Börsch. 

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