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Evolution statt Revolution: Interview mit Dr. Heinz-Jürgen Bertram, Symrise

Deutscher Duft- und Geschmackstoffhersteller setzt auf Kontinuität, um auch in Krisenzeiten schneller als der Markt zu wachsen

05.11.2009 -

Das Holzmindener Unternehmen Symrise zählt mit einem Jahresumsatz von 1,32 Mrd. € und einem Marktanteil von 10% zu den vier größten Anbietern im Weltmarkt für Duft- und Geschmackstoffe. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 5.100 Mitarbeiter und verkauft seine Produkte in mehr als 160 Länder. Anfang Juli übernahm Dr. Heinz-Jürgen Bertram, bis dahin Vorstand des Geschäftsbereichs Flavor & Nutrition, den Vorstandsvorsitz von Dr. Gerold Linzbach. CHEManager befragte den neuen Unternehmenschef. Die Fragen stellte Dr. Andrea Gruß.

CHEManager: Die Unternehmen der Chemiebranche sind - abhängig von ihren Abnehmerindustrien - unterschiedlich stark von der Wirtschaftskrise betroffen. Wie entwickelte sich das Geschäft von Symrise seit Krisenbeginn?

Dr. H.-J. Bertram: Kunden von Symrise sind zum einen die Hersteller von Lebensmitteln und Getränken und zum anderen Hersteller von Parfümerie- und Kosmetikprodukten sowie von Waschmitteln und Haushaltsreinigern. Im 1. Halbjahr hatte die gesamte Duft- und Geschmackstoffbranche weltweit mit einer zurückhaltenden Nachfrage seitens der Kunden zu kämpfen. Grund dafür war vor allem das Bestreben auf der Herstellerseite, die Lagerbestände zu räumen und so weit wie irgend möglich herunterzufahren. Hinzu kam eine schwächere Nachfrage auf Konsumentenseite, speziell bei den höherpreisigen Luxusartikeln der Feinparfümerie. Im 1. Halbjahr erzielten wir mit 685 Mio. € einen leichten Umsatzzuwachs von 1%. Die bereinigte EBITDA-Marge lag bei 18,9%. Insgesamt erwarten wir für das Jahr 2009, dass der Markt der Duft- und Geschmackstoffe leicht schrumpft. Wir gehen aber dennoch davon aus, dass die Umsatzentwicklung von Symrise besser ausfallen wird als die allgemeine Marktentwicklung.

Die chemische Industrie konnte die negativen Einflüsse der Wirtschaftskrise teilweise durch fallende Rohstoffpreise kompensieren. Gilt das auch für Duft- und Geschmackstoffhersteller?

Dr. H.-J. Bertram: Nein, das gilt leider so nicht. Viele unserer Rohstoffe, vornehmlich natürliche Produkte, verharren nach wie vor auf einem hohen Niveau. Hier ist es uns nur zum Teil gelungen, gestiegene Rohstoffkosten über Preiserhöhungen zu kompensieren. Daher lag und liegt unser Hauptaugenmerk auf der Verbesserung unserer Prozesse, auch im Hinblick auf Schlüsselrohstoffe und deren Einsatz, um so unsere Effektivität zu steigern. Darüber hinaus haben wir unser Geschäft durch Restrukturierungsmaßnahmen sehr schnell den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst.

Welche Rohstoffe verarbeitet Symrise?

Dr. H.-J. Bertram: Insgesamt verarbeiten wir rund 10.000 Rohmaterialien zu mehr als 30.000 verschiedenen Produkten. Dabei handelt es sich, wie gesagt, in großem Maße um natürliche Rohstoffe, und diese befinden sich nach wie vor auf einem hohen Preisniveau. Allerdings sehen wir schon eine leichte Entspannung, speziell bei den hochwertigen Naturprodukten. Hier sind wir von der Qualität der Ernten abhängig, die dann letztendlich über die Marktpreise entscheidet.

Wie entstehen Innovationen bei Symrise?

Dr. H.-J. Bertram: Die Innovationskraft eines Unternehmens ist in unserer Branche ein absolut entscheidendes Erfolgskriterium. Da ist Symrise sehr gut aufgestellt: Unsere Patent­anmeldungen pro Jahr liegen signifikant über dem Branchendurchschnitt. Im Bereich der Mittel- und Langfristforschung arbeiten wir in einem ganzheitlichen Innovationsprozess: So fließt unser Wissen über die Entwicklung der unterschiedlichen Märkte, die Vorlieben und Wünsche der Konsumenten und die Bedürfnisse unserer Kunden und deren Marken in die Entwicklung neuer Konzepte und Produkte ein.
Unsere Forschungs- und Innovationsnetzwerke sowie strategischen Allianzen im Bereich neuer Technologien sind dabei immens wichtig: So treiben wir den Innovationsprozess nicht nur von innen aus dem Unternehmen heraus, sondern auch mit Impulsen von außen. Diese Mischung hat sich bewährt.

Wo sehen sie die wichtigsten Wachstumsmärkte für Ihr Unternehmen?

Dr. H.-J. Bertram: Wichtige Wachstumsregionen sind natürlich auch für Symrise die aufstrebenden, sich entwickelnden Märkte in Osteuropa, im Mittleren und Nahen Osten, in Teilen Asiens und natürlich in Südamerika. Fast 40% unseres Umsatzes generieren wir bereits heute in den schnell wachsenden Schwellenländern.
Hier haben wir in den letzten Jahren stetig an der Verbesserung unserer Infrastruktur gearbeitet, sodass wir auch an dem Marktwachstum entsprechend partizipieren können. Natürlich sind für uns aber nach wie vor auch die entwickelten Märkte von großer Bedeutung; mit unseren großen multinationalen Kunden decken wir hier wichtige Marktsegmente ab, die sich auch in Zukunft gut entwickeln werden. Dies belegen auch die Zahlen des 1. Halbjahres: Rund ein Drittel unseres Konzernumsatzes entfällt auf unsere zehn größten Kunden. In dieser Kundengruppe konnten wir im 1. Halbjahr 2009 ein überdurchschnittliches Wachstum von 5,0% im Segment Scent & Care und 3,1% im Segment Flavor & Nutrition erzielen. Das stimmt uns zuversichtlich für die zweite Jahreshälfte.

Welche Rolle spielt der Standort Deutschland für Symrise?

Dr. H.-J. Bertram: Deutschland ist für Symrise von jeher ein wichtiger Standort. Hier ist unser Stammhaus in Holzminden mit mehr als 2.000 Mitarbeitern. Hier haben wir auch die größte Produktionsstätte und bündeln unsere Forschungsaktivitäten. Seit vielen Jahren investieren wir einen mehrstelligen Millionenbetrag in unsere deutschen Standorte. Unser Bestreben ist es, diese Standorte auch für die Zukunft zu stärken und hinreichend wettbewerbsfähig zu gestalten.

Sie haben den Vorstandsvorsitz der Symrise zum 1. Juli 2009 übernommen. Was haben Sie seitdem verändert?

Dr. H.-J. Bertram: Seit meinem Amtsantritt habe ich gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen begonnen, aus unseren divisionalen Strategien der Bereiche Flavor & Nutrition und Scent & Care bis Ende des Jahres eine übergreifende Unternehmensstrategie zu entwickeln. Das wird keine Revolution, kein harter Bruch mit der bisherigen Symrise-Strategie, sondern eine Evolution. Ich lege großen Wert darauf, unsere definierte Strategie und den eingeschlagenen Pfad erfolgreich fortzusetzen. Schließlich habe ich als Vorstandsmitglied diese Strategie mit gestaltet und geprägt. Wir sind zuversichtlich, und da spreche ich im Namen meiner Kollegen, dass wir mit dem eingeschlagenen Weg weiterhin erfolgreich sein werden.

www.symrise.de