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Tony Van Osselaer: Wir brauchen Planungssicherheit

15.11.2010 -

Tony Van Osselaer im Interview. Bayer will zur Verbindung der Standorte Dormagen und Uerdingen eine Pipeline bauen. Doch nicht bei allen trifft dieses Vorhaben auf Gegenliebe, schließlich soll Kohlenmonoxid durch die Leitungen laufen. Jetzt hat das OVG Münster nach Klagen von Anwohnern die Inbetriebnahme vorläufig gestoppt. Was das für NRW und Bayer bedeutet, weiß Dr. Tony Van Osselaer, Mitglied des Vorstands von Bayer Materialscience und Arbeitsdirektor des Unternehmens. Die Fragen stellte Dr. Michael Klinge.

CHEManager: Herr Dr. Van Osselaer, welche wirtschaftlichen Gründe haben Bayer dazu bewogen, eine CO-Pipeline zwischen Dormagen und Uerdingen zu bauen?

T. V. Osselaer: Mit der Pipeline wollen wir einen standortübergreifenden Transportweg für Kohlenmonoxid schaffen, das wir für die Herstellung hochwertiger Kunststoffe benötigen. Im Chemiepark Krefeld-Uerdingen reicht die Kohlenmonoxid-Produktion nicht mehr aus, während am Standort Dormagen ausreichend Kapazität zur Verfügung steht.

Es ist ein klassisches Verbund-Thema: In Dormagen wird in zwei modernen CO-Reformern Kohlenmonoxid hergestellt. Dazu wird neben Wasserdampf und Erdgas auch Kohlendioxid benötigt. Letzteres fällt in großen Mengen als Nebenprodukt in Dormagen an und würde ansonsten in die Atmosphäre abgegeben. Zudem entsteht im Herstellungsprozess neben CO auch Wasserstoff. Dieser kann in Dormagen wiederum als Rohstoff für andere Produktionsabläufe verwendet werden. Am Standort Uerdingen hingegen sind wir für die CO-Produktion auf einen speziellen Importkoks aus China angewiesen. Durch die Pipeline wollen wir unter anderem diese Abhängigkeit senken und die Versorgungssicherheit der Standorte mit einem bedeutenden Grundstoff erhöhen.

Das OVG Münster hat im Dezember die Inbetriebnahme der Pipeline vorerst untersagt. Können Sie die Entscheidung nachvollziehen?

T. V. Osselaer: Wir bedauern die Eilentscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Bayer Materialscience hat alles unternommen, um den Bau nach geltendem Recht realisieren zu können. So haben unter anderem der nordrhein-westfälische Landtag und auch die Bezirksregierung Düsseldorf dem Vorhaben zugestimmt. Den Weiterbau der Leitung hat uns das OVG allerdings ausdrücklich erlaubt.

Welche Folgen hätte es für Bayer und die Chemieregion am Rhein, sollte der Bau oder die Inbetriebnahme der Pipeline endgültig untersagt werden?

T. V. Osselaer: Dies wäre ein sehr negatives Signal für die Region und insbesondere für den Standort Krefeld-Uerdingen. Unternehmen brauchen für ihre Investitionen Planungssicherheit. Und es muss nach unserer Überzeugung möglich sein, in einem Industrieland wie NRW eine Leitung zu bauen, die dem Stand der Technik entspricht und deren Sicherheitsvorkehrungen über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen. Auf eine sichere Rohstoffversorgung sind nicht nur die Chemieparks angewiesen - in der Produktionskette gilt das auch für die weiterverarbeitende Industrie. Die Kunststoff-Industrie hat in NRW einen hohen volkswirtschaftlichen Stellenwert: Von ihr hängen über 76.000 Beschäftigte und ihre Familien ab, der Umsatz lag im Jahr 2006 bei rund 21 Mrd. €.

Bei der CO-Pipeline geht es also nicht nur um einen Ausbau der industriellen Infrastruktur, sondern auch um die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region. Vertreter der Landesregierung haben sich deshalb mit Nachdruck für das Projekt ausgesprochen und auf seine hohe Bedeutung für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen hingewiesen.