Wertorientierte Unternehmenskultur in Asien
31.01.2013 -
Wertorientierte Unternehmenskultur in Asien. Die Rolle der Finanzfunktion befindet sich im Wandel – auch in China.
Chinesische Unternehmen investieren derzeit stark in den Aufbau ihrer Finanzfunktionen, um bei rasantem Wachstum und zunehmend privatwirtschaftlichen Marktstrukturen die Steuerungsfähigkeit und den Unternehmenserfolg zu sichern.
Im Vordergrund stehen dabei eine Verbesserung der Grundfunktionen, also die Schaffung effizienter Prozesse und Kennzahlensysteme, sowie das Risikomanagement.
Dies ergab eine Studie von Accenture, welche die Erfolgsstrategien fernöstlicher Unternehmen in Bezug auf Finanzfunktionen untersuchte. Die Rolle der Finanzfunktion befindet sich im Wandel.
Aus traditioneller Rechnungslegung wurde schon früh die Bereitstellung wichtiger Finanzkennzahlen für die Unternehmenssteuerung. In leistungsstarken Betrieben - den so genannten High Performance Unternehmen - kommt der Finanzfunktion heute sogar die Rolle eines strategischen Vordenkers zu.
Das heißt, Finanzfunktionen übernehmen nicht mehr nur Auswertungen für einzelne Unternehmensbereiche, sondern unterstützen aktiv Veränderungen, die das gesamte Unternehmen betreffen können.
So treiben sie die Unternehmensentwicklung und die Verbreitung einer „wertorientierten Unternehmenskultur" im Sinne des Shareholder Value Ansatzes voran.
Die Herausforderung diese Potentiale zu realisieren, nehmen auch immer mehr chinesische Unternehmen an. Viele chinesische Unternehmen sind in den letzten Jahren rasant gewachsen.
Dabei geht der Anteil an staatlichen Unternehmensstrukturen zurück und der Bedarf an leistungsstarken Finanzbereichen mit Strukturen und Prozessen steigt, die in der Lage sind, der Unternehmensführung genaue Informationen pünktlich und effektiv zur Verfügung zu stellen.
Gleichzeitig rücken die Fähigkeiten zur Identifikation, Messung und raschen Ausführung dessen, was „wertschaffend" für ein Unternehmen ist, in den Vordergrund. Ein solches „Enterprise Performance Management" gilt auch bei chinesischen Managern als wichtige Voraussetzung für eine Finanzfunktion, die eine wertorientierte Unternehmensführung gewährleistet.
Das Thema Risikomanagement ist in China besonders wichtig. Aufgrund der sich erst entwickelnden Finanzinfrastrukturen haben chinesische Unternehmen bisher jedoch nur begrenzt Möglichkeiten, Risiken abzusichern.
Deshalb setzen sie vor allem auf den Ausbau von Grundfunktionen zur Risikominimierung. Bessere Finanzfunktionen könnten auch hier helfen, mehr Transparenz zu schaffen und wertschaffender zu agieren.
Das „asiatische Finanzmodell"
Trotz vieler Investitionen in den Ausbau der Finanzfunktionen ist der Abstand der chinesischen Unternehmen zu international führenden Organisationsstrukturen und Prozessen immer noch beträchtlich.
Budgets werden deutlich weniger wertorientiert strukturiert als beispielsweise in europäischen und nordamerikanischen Unternehmen.
Die strategische Bedeutung des Finanzwesens für alle anderen Unternehmensbereiche ist ausbaufähig - ebenso die Formulierung klarer Leistungsziele und Anreizsysteme für Aufgaben- und Verantwortungsbereiche. Die konsequente Optimierung dieser Aspekte wird durch den Mangel an qualifiziertem Personal bis auf weiteres erschwert.
Ungeachtet dessen, wird von den Finanzmanagern großer Chemieunternehmen schon heute in China erwartet, dass sie komplexere Strukturen überblicken und kontrollieren können. Darüber hinaus sollen sie in der Geschäftsführung bei strategischen Entscheidungen mitwirken.
Um mit begrenzten Möglichkeiten den steigenden Anforderungen zu begegnen, hat sich ein praktikables „asiatisches Finanzmodell" herausgebildet.
Im Unterschied zu den zentralisierten, integrierten Finanzfunktionen westlicher Unternehmen, zeichnet sich es durch die Existenz zweier Zentralbereiche und paralleler regionaler Einheiten aus: Während der eine Zentralbereich auf die die operative Abwicklung von Finanztransaktionen spezialisiert ist, konzentrieren sich in dem anderen die Finanzmanager auf Analysen, Planung, Steuerung, Kontrolle und Risikomanagement.
Daneben existieren regionale Einheiten für Planungs- und Budgetprozesse sowie Analysen. Im Idealfall sind die regionalen Finanzfunktionen in die Unternehmensplanungsprozesse integriert.
Mit dieser Struktur können chinesische Unternehmen kurzfristig spezifische strategische sowie operative Kompetenzen im Unternehmen selbst oder bei einem Outsourcing-Partner bündeln.
Fachkräftemangel als zentrale Herausforderung
Führungskräfte multinationaler Chemieunternehmen bestätigten jetzt die Schwierigkeiten im Finanzwesen auf dem chinesischen Markt: Im Rahmen eines von Accenture durchgeführten Expertengesprächs im März 2007 in Schanghai wiesen sie darauf hin, dass gerade ein genaues, extrapoliertes Planungsergebnis für viele regionale Finanzmanager immer noch eine große Herausforderung sei.
Schwierigkeiten entstünden speziell bei strategischer Planung. Viele Finanzmanager agierten eher mit Wunschlisten statt realistischen Plänen.
Für die Zentralbereiche ist es oftmals schwierig eine vertrauensvolle Kooperation mit den dezentralen Finanzfunktionen zu etablieren, die in der Regel einen besseren, direkten Zugang zu regionalen Marktinformationen verfügen.
Die Teilnehmer stimmten überein, dass der Zugang und vor allem die Bindung qualifizierten Finanzpersonals zurzeit eine der größten Herausforderungen beim Aufbau einer Finanzorganisation sei. Insbesondere in den Regionen der Pearl- und Yangtze-Delta bestehe besonders hoher Bedarf an qualifizierten Fachkräften.
Grund für die extreme Personalknappheit seien die enormen Wachstumsraten, mit jährlich über 10 % steigendem Bruttoinlandsprodukt. Das führe zu einer hohen Nachfrage nach Personal mit Managementkompetenz und technischen Fähigkeiten sowie „westlicher Denke" in Bezug auf die Geschäftspraxis.
Zum rasanten Marktwachstum komme, dass Gehaltsniveau und Bezahlpraxis sowohl regional als auch zwischen staatlich und privat geführten Unternehmen sehr stark variierten.
Gerade in der Chemiebranche bestünde eine hohe Intransparenz hinsichtlich der Gehälter. Auch die Bindung des Personals an das Unternehmen ist in China eine spezielle Herausforderung - in kultureller Hinsicht. Die Loyalität der Mitarbeiter hat eine hohe Bedeutung.
Entsprechend wichtig ist daher, dass die Unternehmen eine gute Reputation hinsichtlich eines wertschätzenden Umgangs mit den Beschäftigten genießen.
Der Vorteil dieses Loyalitätsbegriffs und des entsprechenden Engagements ist, dass sich nachhaltige Investitionen in die Personalentwicklung auf lange Sicht tatsächlich auszahlen.
Trotz der Wichtigkeit für den Erfolg eines Unternehmens, wird dem Erfolgsfaktor Personal im Bereich Finanzen vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt.
Ein Drittel der Finanzführungskräfte geben lediglich 2 % oder weniger für die Entwicklung ihres Personals aus. Investitionen in Prozesse und Technologie haben deutlich Vorrang.
So verwundert nicht, dass Finanzführungskräfte die eigenen Entwicklungsprogramme als unzureichend bezeichnen. Weniger als ein Drittel ist mit den Qualifikationen und Fähigkeiten der Mitarbeiter zufrieden.
Besonders die innere Einstellung potentialstarker Kandidaten, die fachliche Weiterentwicklung sowie die Entwicklung von Führungsqualitäten sehen sie als Herausforderungen.
Zwischen Outsourcing und Personalentwicklung
Chemieunternehmen in China greifen auf unterschiedliche Lösungsansätze zurück, um die Finanzfunktion zu stärken und Personalherausforderungen zu begegnen. Hierzu gehören das Outsourcing von Routinetransaktionen und administrativen Funktionen an spezialisierte Dienstleister.
Dies hilft, Qualität und Pünktlichkeit zu gewährleisten Risiken zu minimieren und knappes eigenes Personal zu entlasten. Kurzfristig können dabei Sprachbarrieren und das noch weitgehend fehlende Verständnis von westlichen Vertragsmechanismen zur Herausforderung werden.
Die Verbesserung des chinesischen Bildungsniveaus, zunehmende internationale Erfahrung von Mitarbeitern in chinesischen Outsourcing-Zentren und die Gewöhnung an Wissenstransfer im Rahmen der Auslagerung unkritischer Transaktionsprozesse werden Probleme dieser Art jedoch schnell relativieren.
Neben der Auslagerung kann eine gezielte Qualifizierung von eigenen Finanzfachkräften vor Ort durch speziell für den chinesischen Markt entwickelte Trainingsprogramme erreicht werden.
Um die Abwanderung von qualifiziertem Personal zu vermindern, empfehlen die Finanzführungskräfte in China ansässiger Chemieunternehmen in erster Linie „Vertrauen":
Viele entsenden potentialstarke Mitarbeiter für ein oder zwei Jahre in die Unternehmenszentrale nach Europa oder Nordamerika. Damit zielen sie auf eine stärkere Bindung und gleichzeitig ein besseres Konzernverständnis beim jeweiligen Teammitglied.
Der asiatisch-pazifische Raum ist geprägt durch Wachstum, einen hohen Grad an Komplexität und regionale Unterschiede. Kostenstruktur, Steuergesetzgebung und Sprache sind nur ein Teil der vielfältigen Herausforderungen.
Die Marktdynamik lässt Marktführern nur wenig Zeit, eine erfolgreiche Organisation und nachhaltiges Geschäft aufzubauen. Personalknappheit und der wachsende Anspruch an Finanzmanager, neben Analyse, Planung und Kontrolle auch zunehmend als strategischer Partner der Geschäftsführung zu agieren, führt in China zu besonderen Herausforderungen.
Chinesische und in China operierende internationale Unternehmen adressieren leistungsfähige Finanzfunktionen als Schlüssel zur Steigerung ihrer Unternehmenswerte.
Auf dem Weg von staatlichen zu privaten Strukturen investieren insbesondere chinesische Unternehmen erheblich, um ihre Finanzfähigkeiten zu stärken und auszubauen.
Für Finanzmanager eröffnen sich damit vielfältige Gelegenheiten, regionale als auch globale Finanzkompetenz aufzubauen und dieses Potential gemeinsam zu heben.
Kontakt:
Accenture GmbH, Kronberg
Dr. Marcus Hübel
Tel.: 0211/9120-64070
Fax: 06173/94-44070
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Susanne Lohrke
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