Strahlmahlung anorganischer Stoffe & Trockenmahlung bis in den Nanobereich
15.03.2010 -
Strahlmahlung anorganischer Stoffe & Trockenmahlung bis in den Nanobereich - Teil 2 -
Bereits in Ausgabe 5/2009 wurde im Artikel „Energie: Eintrag und Bedarf" ein neu entwickeltes Verfahren für Strahlmühlen mit optimiertem Energiebedarf beschrieben. Der zweite Teil stellt ein weiteres neues Strahlmahlverfahren des gleichen Herstellers vor. Er beschreibt, wie Dampf als Mahlmedium einen signifikant höheren diskreten Energieeintrag liefert um die Leistungsfähigkeit von Strahlmühlen zu erhöhen und gleichzeitig die Eigenschaften des Dampfs zu nutzen um den Klassierungsprozess aufzuwerten und damit Produktfeinheiten zu erreichen, die mit einem Trockenmahlprozess bislang nicht möglich waren.
Dampf ist die älteste von Menschen angewandte thermische Energie. Dampferzeugung ist ein wesentlicher Teil des Prozesses bei der Erzeugung elektrischer Energie in Kraftwerken (Kohle, Gas und Kernkraft).
Ökologisch mittels Dampf
Die Primärenergieeffizienz großer Kraftwerke beträgt ca. 40 %. Umspannung und Leitungsverlust sind Ursachen für eine weitere Minderung von ca. 10 %. Bis der Strom beim Verbraucher ankommt liegt sein Wirkungsgrad also bei ca. 36 % im Vergleich zur Primärenergie. Von der elektrischen Energiezufuhr eines Luftkompressors bis hin zur adiabaten Energie einer Strahlmühle verringert sich der Gesamtwirkungsgrad erneut. Er liegt für einen konventionellen zweistufigen Kompressors bei 58 %. Multipliziert mit den 36 % aus dem Kraftwerk ergibt sich eine tatsächliche Arbeitsleistung von nur 21 %. Auch im Falle eines effizienteren einstufigen Kompressors mit Gesamtwirkungsgrad von 78 % ergibt sich bei gleicher Rechnung eine Arbeitsleistung von nur 28 %.
Bei der Erzeugung von Druckluft wird das Gas von einem Kompressor angesaugt und verdichtet wodurch das Gasvolumen reduziert und der Druck erhöht wird. Gleichzeitig wird Abwärme erzeugt, die bis zu einem bestimmten Grad weiter verwendet werden kann. Eine Zwischenkühlung ist erforderlich wenn eine zweite Druckstufe benötigt wird, wodurch der thermische Energieanteil null beträgt. Dadurch wird deutlich weshalb man sich bei der ökonomischen Druckerzeugung mittels Gas auf einstufige Kompressoren beschränken sollte.
Die Druckerzeugung mittels Dampf erfolgt natürlich anders. Hier wird Wasser in einem Kessel erhitzt, Dampf wird erzeugt und mit Hilfe einer Speisepumpe wird ein Überdruck im Kessel erreicht. Während der Dampf entnommen wird, fördert die Pumpe die gleiche Menge frisches Wasser in den Tank.
Flüssigkeiten sind von Natur aus nicht komprimierbar. Sie behalten ihr Volumen egal wie viel Druck sie ausgesetzt werden. Deswegen können mit Flüssigkeiten höhere Drücke erzeugt werden als mit gasförmigen Medien. Dies ist ein Vorteil des flüssigen Mediums.
Zerkleinerung bis in den Nanobereich durch Dampf
Um mit Strahlmühlen deutlich feinere Partikeln zu erzielen als bislang erreicht, sind höhere Strahlgeschwindigkeiten erforderlich. Und dies wird durch überhitzem Wasserdampf anstelle von Luft als Medium möglich! Hier liegen die möglichen Strahlgeschwindigkeiten bei bis zu 1,200 m/sec! Dies ist annähernd die doppelte Strahlgeschwindigkeit die man mit Druckluft überhaupt erreichen kann.
Und der diskrete Energieeintrag wird fast vervierfacht. Je nach Dampfdruck erhöht sich aber auch der Gesamtenergieeintrag um ca. Faktor 2,6 im Verlgleich zu Luft. Die Ausstoßleistung einer Mühle kann bei vergleichbarer Partikelgröße entsprechend um einen ähnlichen Faktor erhöht werden. Was liegt also näher, als die Verwendung von Wasserdampf als Zerkleinerungsmedium!
Das Sichtverfahren und die Herstellung von Partikeln im Nanobereich
Nachdem die Energiestrahlen mit erhöhter Geschwindigkeit aufeinander geprallt sind und die darin enthaltenen Produktpartikel bis in den Nanobereich zerkleinert wurden, steigt das Gas in der Mühle nach oben und entweicht durch die Austrittsöffnung der Maschine. Gleichzeitig werden Partikeln aller Größen „mitgezogen". Diese Schleppkraft ist dafür verantwortlich, dass die feinen Partikel letztendlich aus der Mühle transportiert werden. Indes müssen größere Partikeln daran gehindert werden die Mühle zu verlassen. Dies ist die Aufgabe eines integrierten Windsichters. Ein radial mit Schaufeln besetzter Rotor dreht innerhalb der Mühle. Die Partikeln werden Fliehkräften ausgesetzt, die durch seine Umfangsgeschwindigkeit (bis zu 140 m/sec) entstehen, und werden durch die Widerstandskraft spiralförmig im sog. „Potentialwirbel" nach innen zur Austrittsöffnung des Rotors gezogen. Die Zentrifugalkräfte wirken entsprechend dagegen und drängen die Partikeln nach außen in den Raum um den Rotor. Es gelingt also nur Partikeln bis zu einer bestimmten Größe den Weg in die Austrittsöffnung zu erreichen und vom nachgeschalteten Filter abgeschieden zu werden.
Bei genauer Betrachtung der Partikeln und der auf sie einwirkenden Kräfte ist festzuhalten, dass Widerstandskraft eine Funktion
der Querschnittsfläche des einzelnen Partikel: seinem Durchmesser, seiner Größe
der Relativgeschwindigkeit (die Geschwindigkeit mit der das Gas am einzelnen Partikel vorbei strömt)
des Widerstandsbeiwerts (Strömungs-widerstand)
ist:
Nun versuchen diese aufeinander wirkenden Faktoren die Partikeln in den Sichter zu ziehen.
Die Zentrifugalkraft (Massenkraft) ist eine Funktion von:
der Masse (d.h. dem Gewicht) des Partikels
der Umfangsbeschleunigung
Dies bedeutet je höher die Umfangsgeschwindigkeit und je größer die Masse des Partikels desto größer auch die Zentrifugalkraft. Mit anderen Worten, je größer die Zentrifugalkraft desto geringer ist die Möglichkeit durch Widerstandskraft die Partikel nach innen zu ziehen.
Hierdurch bleiben die Partikeln, die eine kritische Größe überschreiten, in der Mühle und werden erneut dem Mahlprozess unterzogen.
Die feinere Trennung
Das bislang praktizierte Konzept der stetigen Erhöhung der Sichterdrehzahl zur Herstellung von immer feiner klassiertem -Material, ist mittlerweile aufgezehrt. Die Umfangsgeschwindigkeit (und letztendlich die Zentrifugalkraft) ist durch die mechanischen Teile eines Sichters eingeschränkt.
Die Geschwindigkeit des Potentialwirbels, d.h. die Verwirbelung zwischen Sichtradschaufeln und der Austrittsöffnung des Luftsichters, könnte zwar durch Reduzierung des Austragsdurchmessers beliebig erhöht werden, aber da Luft und andere Gase nicht problemlos über ihre Schallgeschwindigkeit hinaus beschleunigt werden können, muss diese Idee eine Theorie bleiben. Die Physik legt demzufolge die Grenzen der Klassierung.
Ferner, da alle Gase komprimierbare Medien sind, wäre ein enormer Druck erforderlich um die benötigten Hochgeschwindigkeiten zu erreichen. Druckerzeugung ist energieintensiv und dadurch mit hohen Kosten verbunden. Dies ist einer der Gründe weshalb in der Praxis maximale Geschwindigkeiten von 200 m/sec zur Erzeugung von Fliehkraft genutzt werden.
Trennung mit Dampf
Soviel also zu den Auswirkung von steigenden Umfangsgeschwindigkeiten und seiner Grenzen. Wodurch wird es also möglich feinere Partikelgrößen, die mittels des diskreten Mahlenergieeintrags von Dampf erzielt werden können, exakt zu kontrollieren?
Die Lösung ist die Nutzung von Gasen, die eine niedrigere dynamische Viskosität und eine größere Schallgeschwindigkeit als Luft besitzen, oder Dämpfe, die die gleichen Eigenschaften eines Gases haben. Wasserdampf erfüllt diese Anforderung.
Da Dampf eine signifikant höhere Schallgeschwindigkeit hat als Luft, kann damit auch eine erheblich höhere Umfangsgeschwindigkeit der Gasströmung erreicht werden. Somit erhöht sich auch die Beschleunigung der Partikeln. Steigert sich beispielsweise diese Umfangsgeschwindigkeit von 200 auf 300 m/sec, bedeutet dies umgerechnet (zum Quadrat) eine Erhöhung um den Faktor von 2,25. Das Ergebnis: allein die Erhöhung der Umfangsgeschwindigkeit der Gasströmung erhöht ebenfalls die effektive Zentrifugalbeschleunigung um das 2,25 fache.
Zentrifugalkraft ist wiederum Masse x Beschleunigung. Dies bedeutet, dass die Zentrifugalkraft um den gleichen Wert erhöht werden kann wie die Zentrifugalbeschleunigung. Dies ist der entscheidende Schritt, der es nun ermöglicht die Grenze in den Submikronbereich zu überwinden.
Die verminderte dynamische Viskosität von Wasserdampf trägt auch dazu bei die Widerstandskraft auf die Partikeln zu reduzieren. Diese beiden Faktoren in Kombination verringern die Trenngrenze eines Sichters um den Faktor 0,63. Dies bedeutet z.B., dass ein Sichter bei einer Sichtung von 1 µm mittels Luft eine Trenngrenze von 0,63 µm mit Dampf darstellen kann.
Schlussfolgerungen
Das vom Hersteller Netzsch-Condux Mahltechnik neu entwickelte Mahlverfahren s-Jet öffnet mittels überhitztem Wasserdampf neue Türen für die trockene Herstellung von Partikelgrößen im Submikronbereich mit enger Korngrößenverteilung. Durch Dampf wird die Darstellung von feineren Partikeln im Mahlprozess und einem feineren Trennpunkt im Sichter ermöglicht. Wegen des höheren Gesamtenergieeintrages im Vergleich zur konventionellen Strahlvermahlung kann Dampf aber auch bei gröberen Mahlfeinheiten mit einer signifikanten Steigerung der Durchsatzleistung angewendet werden.
Quelle
Dr. Roland Nied, Bonstetten: Der Trockenstrahlmahlung wird Dampf gemacht
Thomas Schneider
Netzsch-Condux Mahltechnik GmbH, Hanau
Tel.: 06181/506-225
Fax: 06181/571270
thomas.schneider@ncx.netzsch.com
www.netzsch-condux.de