Thermisch-katalytische Abluftreinigung
IVOC-X: Innovative Technologie zur Reinigung von Prozessabluft reduziert Energiebedarf und CO2-Ausstoß
Vorhandene Technologien zur Luftreinigung erzeugen hohe Lebenszykluskosten und belasten die Umwelt durch einen hohen CO2-Ausstoß. Das Anfang 2019 gegründete Tech-Start-up IVOC-X aus Jena will dieses Problem mit eigens entwickelten thermisch-katalytischen Luftreinigungsanlagen lösen, die energieeffizienter als der Stand der Technik sind. Die Querschnittstechnologie beseitigt gasförmige Luftschadstoffe (VOCs) und Gerüche in der Produktion. Dennis Sippach und Thomas Krech, die das Start-up gemeinsam mit Torsten Langer gründeten, erläutern Ihre Vision für effizient gereinigte Prozessabluft.
CHEManager: Der Zweck von Innovation ist es, den Stand der Technik zu verbessern. Wo sind heute die Grenzen der Abluftreinigung?
Thomas Krech: Neben verfügbaren thermischen Verfahren zur VOC-Behandlung, die die Wärmerückgewinnung nur sehr ineffizient bis gar nicht nutzen, kommen auch andere Verfahren wie z. B. Adsorption, Wäscher oder biologische Reinigungsverfahren zum Einsatz. Letztere reduzieren jedoch die organische Schadstoffkonzentration in der Abluft nur anteilig. Zudem verlagern sie das Problem der Schadstoffe in eine andere Phase, so dass diese entweder in einer Flüssigkeit oder an einen Feststoff gebunden und anschließend als Sondermüll aufwändig entsorgt werden müssen. So ist z. B. der CO2-Fußabdruck eines Aktivkohlesystems um mindestens das 20-Fache schlechter als bei der IVOC-X-Technologie.
Wie kam die Idee zustande, das Problem selbst zu lösen und ein Start-up zu gründen?
Dennis Sippach: Inspiriert durch die im Gründerteam gebündelte Erfahrung im internationalen Markt für Luftreinigungssysteme wollten wir etwas Einzigartiges schaffen, das da ansetzt, wo bestehende Technologien an Ihre Grenzen stoßen. Wir haben ja die Probleme der Kunden hautnah miterlebt. Daraus entstand die Vision, die Marke IVOC-X langfristig als Technologieführer zu etablieren und den Kunden zu helfen, Betriebskosten einzusparen,
ihre Produktion effizienter zu machen und die Umwelt zu entlasten.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie seitdem konfrontiert?
D. Sippach: Auch wenn wir mit der Entwicklung des Verfahrensprozesses, dem Aufbau des Prototyps, dem Patentierungsverfahren, der Erstellung des Businessplans sowie der Aufstellung der Finanzierung im Plan lagen, nahm der formelle Gründungsprozess viel Zeit in Anspruch. Wir konnten jedoch zu Beginn des Projekts eine erfahrene Fachjury von unserer Idee überzeugen, so dass wir als erstes Team die Thüringer Gründerprämie für innovative Geschäftsideen erhalten haben. Die größte Herausforderung ist die Neukundengewinnung, da es sich in diesem Markt um investive Maßnahmen handelt und die Entscheidungsprozesse bei den Kunden und behördliche Zulassungen dafür teilweise ein bis zwei Jahre erfordern.
Wie können IVOC-X-Kunden von Ihrer Technologie profitieren?
T. Krech: Unsere Kunden profitieren von geringen Betriebskosten über den gesamten Produktlebenszyklus und schützen ihre Mitarbeiter vor Schadstoffbelastungen. Zudem führt die hohe Reduktion des CO2-Ausstoßes dazu, dass Unternehmen Ihre Belastungen aus der CO2-Steuer gemäß dem Klimapaket der Bundesregierung reduzieren und so einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz leisten. Die Investitionen sind vergleichbar mit anderen thermischen Systemen, jedoch sparen unsere Kunden ab dem ersten Tag bares Geld.
Wer sind Ihre Kunden und in welchen Märkten finden Sie diese?
D. Sippach: Unsere Zielbranchen sind die Chemie-, Kunststoff- und Druckindustrie sowie die Laser- und Oberflächentechnik. Unsere Kunden – Anlagenbetreiber und Maschinenbauer – sind im produzierenden Gewerbe zu finden, wo im Prozess Lösungsmittel, Geruchsstoffe oder Gase freigesetzt werden. Neben der thermischen Verwertung sind die Module ebenso für effiziente Synthesen im Bereich der heterogenen Gasphasenkatalyse oder zur Auskondensation von Lösungsmitteln bei Recyclingprozessen einsetzbar.
ZUR PERSON
Thomas Krech, Co-Founder und CEO, studierte Chemie an der FSU Jena und promovierte anschließend auf dem Gebiet der Katalyse. Hierbei generierte er Kenntnisse in den Bereichen Materialsynthese, Analytik, Toxikologie und Verfahrenstechnik. Anschließend war er bei Jenoptik von 2011 bis 2018 als Produktmanager und F&E-Projektleiter für das Produktportfolio der Luftreinigungssysteme verantwortlich, inkl. Fördermittelbeschaffung, Marketing, F&E-Controlling und IP-Management. Seit Februar 2019 führt er zusammen mit Dennis Sippach das Unternehmen IVOC-X.
Dennis Sippach, Co-Founder und CEO, studierte Versorgungs- und Umwelttechnik an der BA Glauchau und erwarb 2013 an der EAH Jena im Fernstudium den MBA-Abschluss. Weitere Qualifikationen und praktische Erfahrungen kann er im Bereich Qualitäts- und Projektmanagement nachweisen. Über seine beruflichen Stationen vom kleinen Umwelt-Ingenieurbüro über das Thüringer Wirtschaftsministerium bis hin zu Großkonzernen erlangte er Expertise in den verschiedensten Querschnittsbereichen. Zuletzt arbeitete er als Projektmanager im internationalen Umfeld für Lasermaschinen bei Jenoptik.
BUSINESS IDEA
Innovative Lösungen für saubere Luft
IVOC-X baut und vertreibt kompakte thermisch-katalytische Luftreinigungssysteme. Die effizienten Seriensysteme substituieren individuelle Sonderlösungen. Das Angebot wird durch Dienstleistungen wie fundierte Prozess- und Schadstoffanalysen mit eigener Analysetechnik sowie Beratung, Service und Wartung ergänzt. Die IVOC-X-Systeme messen, analysieren und visualisieren nicht nur die Prozessdaten, sondern bieten durch die Kombination mit der IVOC-X-Luftreinhaltungstechnik auch eine Lösung zum Abbau der gasförmigen organischen Schadstoffe (z. B. nach BImSchG, TA Luft etc.). Dieser Ansatz soll in der Unternehmensentwicklung auf den B2C-Sektor ausgeweitet werden.
IVOC-X Systeme kombinieren
die Vorteile aus der Wärmespeicherung und der katalytischen Nachbehandlung zu thermischen Systemen mit beispielloser Energieeffizienz. Die notwendige Prozesswärme verbleibt durch den hohen Wärmerückgewinnungsgrad (WRG) nahezu vollständig im System. Dadurch profitieren Anwender gegenüber dem heutigen Stand der Technik von stark reduzierten Betriebskosten. Derzeit erfolgt das Upscaling auf die Modulgröße mit 2.500 m³/h in Norm in Containerbauweise, was bei größeren Systemen zu jährlichen Mindesteinsparungen im höheren fünfstelligen Bereich führt.
USPs auf einen Blick:
- bis zu 90 % Betriebskosteneinsparung
- bis zu 50 % Investitionszuschüsse vom Staat
- Rückführung überschüssiger Verbrennungswärme in den Produktionsprozess
- autothermer Betrieb bei niedrigsten Schadstoffkonzentrationen ab 100 mg/m³
- Schadstoffabbaurate > 99 %
- Reduktion des CO2-Ausstoßes um > 70 %
- skalierbare und modulare Bauweise für beliebige Volumenströme
- 12-16 Wochen Lieferzeit der Serienprodukte
Neue Möglichkeiten:
Das weiterführende Geschäftsmodell sieht ein Performanced-Based Contracting-Modell vor, bei dem eine nach Abnahmemenge gestaffelte Kostenstruktur pro Kubikmeter gereinigter Luft aufgerufen wird. Ähnlich dem Modell von Energieversorgern wird ein Grundpreis sowie ein Arbeitspreis erhoben.
ELEVATOR PITCH
Erfolge, Auszeichnungen, Pläne
Wegweisend für die Entwicklung von IVOC-X – die Abkürzung steht für: Innovative Volatile Organic Compound – Oxidation – als einem innovativen Anbieter von Hardware und Dienstleistungen sind die Kompetenzen des Co-Gründers Torsten Langer in den Bereichen Konstruktion, Mechanik und Elektrik. Der Nachweis der Wirksamkeit der IVOC-X-Technologie und der dauerhafte Betrieb in der Praxis sind u. a. mit dem CX80-System im Bereich des Laserschneidens von Plexiglas (PMMA) und mit dem CX10-System in der additiven Fertigung von Kunststoffen abgeschlossen. Im ersten Fall wurde ein 2.000 m³/h-Aktivkohlesystem durch ein mit nur 35 m³/h betriebenes thermisches System ersetzt und die Schadstoffkonzentration von 3 g/m³ auf 3 mg/m³ reduziert. Im zweiten Fall wurden in einem 3D-FDM-Druckverfahren mit ABS stark toxische Schadstoffe nachgewiesen und dauerhaft abgebaut.
Meilensteine
2018
- Vorgründungsphase
- Verfahrensentwicklung der Produktgruppe IVOC-X CX
- Aufbau des Vorseriengeräts und Funktionsnachweis
- Patentanmeldung
2019
- Gründung der IVOC-X GmbH
- Einstellung erster Mitarbeiter
- Entwicklung und Ausbau Produktgruppe IVOC-X CX
- Umsetzung erster Projekte und Verkauf erster Standardsysteme
- Umzug mit Flächenerweiterung und eigenem Fertigungsbereich
Auszeichnungen
- Gewinner Gründerpreis
- Thüringen (ThEx-Award 2019), Erfurt
- Gewinner Pitch Gründer- und Innovationstag (2019), Jena
Roadmap
- Patenterteilung und Internationalisierung
- Skalierung und Vernetzung der Produktgruppe IVOC-X CX
- Suche nach qualifizierten Mitarbeitern und Partnern
- Ausbau des deutschen Markts
- Erschließung weiterer Zielmärkte
- Aufbau der Serienproduktion
Über CHEManager Innovation Pitch
CHEManager Innovation Pitch ist nicht nur eine Präsentationsplattform für Start-ups in den monatlichen Printausgaben des CHEManager, sondern auch auf einer eigenen Online-Plattform. Besuchen Sie www.chemanager-innovationpitch.de und finden Sie weitere Start-ups aus der Chemiebranche und Informationen über unsere Sponsoren, die den CHEManager Innovation Pitch unterstützen.
Kontakt
IVOC-X GmbH
Hans-Knöll-Str. 6
Jena
+49 3641 55 94 650