Strategie & Management

Digitalisierung von menschlicher Wahrnehmung

Von einer digitalen Lösung zur Weinempfehlung bis zu medizinischen Sensordaten

09.12.2020 - Genie Enterprise treibt die Erforschung und Entwicklung von Sensor- und KI-Lösungen voran, um die menschliche Geschmacks- und Geruchswahrnehmung und das Lernen zu verstehen

Viele Bereiche unseres Lebens erfordern Expertenwissen oder eine geschulte Wahrnehmung. Die Vision von Genie Enterprise ist es, beides für jeden verfügbar zu machen. Gegründet 2018, um – basierend auf künstlicher Intelligenz (KI) – Lösungen für die Digitalisierung des Weinsommelier-Geschäfts zu entwickeln, dehnte das Start-up seine Ansätze schnell auf andere Branchen aus. Der Schwerpunkt liegt auf der Erforschung und Entwicklung von Sensor- und KI-Lösungen, um die menschliche Wahrnehmung sowie das Lernen zu verstehen und auch das Wissen aus Texten und Sensordaten zu nutzen. Regina Keßler (CEO) und Thomas Keßler (CTO) erläutern ihren außergewöhnlichen unternehmerischen Weg.

CHEManager: Frau Keßler, wie hat alles angefangen und was war zuerst da: die Idee oder das Unternehmen?

Regina Keßler: In meinem Fall war die Idee zuerst da. Ich suchte eine digitale Lösung zur Weinempfehlung, die nicht nur die üblichen Fragen beantwortet, sondern tiefgründiger und individueller ist. Um eine Basis zu haben, die unserer ersten Idee Stabilität verlieh, gründete ich die Firma.

Warum haben Sie für Ihr Unternehmen den Namen Genie Enterprise gewählt?

R. Keßler: ‚Genie‘ ist von meinem Vornamen Regina inspiriert. Als Kind bekam ich den Spitznamen ‚Gini‘, ausgesprochen wie in der US-Fernsehserie „Bezaubernde Jeannie“ (im engl. Original „I Dream of Jeannie“). Vielleicht habe ich diesen Spitznamen verdient, weil ich oft ein bisschen zu spitzbübisch war und mit einem Lächeln doch immer vieles entschuldigen konnte. Der Firmenname wiederum ist also inspiriert von dem Flaschengeist, den wir aus der Flasche befreien wollen, um neue Ideen zu verwirklichen, aber auch von der Geschichte des Raumschiffs ‘Enterprise‘ aus der Fernsehserie und den ‘Star Trek‘-Filmen, das unbekannte Welten erforscht. In unserem Fall sind dies die unerforschten Welten der künstlichen Intelligenz.

Was waren die spannendsten Projekte bisher?

Thomas Keßler: Jedes Projekt ist auf seine Weise besonders und spannend. Aber ich glaube, dass unsere anstehenden Forschungsprojekte zu Sensoren in Kombination mit künstlicher Intelligenz, welche die Wahrnehmung der menschlichen Nase nachahmen, um genauer, aber auch zuverlässiger messen zu können, besonders spannend sein werden.

Welche Hindernisse mussten Sie bisher meistern?

T. Keßler: Um ehrlich zu sein, wir haben bisher sehr viel Glück gehabt. Sicherlich war es anfangs schwierig, gute Mitarbeiter zu finden, aber dank einiger Kooperationen mit Universitäten konnten wir dieses Pro­blem recht schnell lösen, indem wir einen guten Zugang zu talentierten Masterstudenten bekamen, die wir Schritt für Schritt ausbilden können.
Auch dank der Unterstützung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und Weinbau und vieler Verbände wie 5-HT Digital Hub, KI-Map und der Ecoliance konnten wir ein wirklich gutes Netzwerk aufbauen, sodass aufkommende Probleme recht gut und schnell gelöst werden können.

Was werden die nächsten Schritte zur Entwicklung von Genie Enterprise sein?

R. Keßler: Unsere nächsten Schritte gehen definitiv in Richtung Forschung. Hier warten wir derzeit auf die Bestätigung einiger Forschungsprojekte, die unseren Interessen besonders nahekommen. Es wird auch spannend sein, mit Studenten und Universitäten an unserem Gesundheitsprojekt zu arbeiten.

Sie sind Deutsche und leben in Deutschland, aber Ihr Firmensitz ist in den Vereinigten Staaten. Was hat es damit auf sich?

R. Keßler: Der Hintergrund des Headquarters in den USA liegt darin begründet, dass wir den Hauptmarkt für unser erstes Produkt WineGenie in den USA gesehen haben. In den USA sind das Geschäft und die Strukturen für Weinverkauf komplett gegensätzlich zum deutschen Markt, sodass wir denken, dass es einfacher ist dort Fuß zu fassen. Außerdem sind Unternehmen in den USA generell ein wenig mehr „open-minded“ gegenüber Digitalisierung. Da US-amerikanische Unternehmen viel eher Geschäfte mit Unternehmen machen, die ebenfalls in den USA ansässig sind, war dieser Schritt nur logisch. Das hat unter anderem auch mit dem amerikanischen Rechtssystem zu tun. Da wir aber in Deutschland wohnen und gute Entwickler hier doch viel günstiger sind, haben wir uns entschieden, unser Forschungs- & Entwicklungszentrum hier zu gründen. Zumal so auch der Zugang zu Forschungsinstitutionen und die Zusammenarbeit mit Ministerien hervorragend sind.

 

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ZUR PERSON

Regina Keßler, Gründerin und CEO von Genie Enterprise, ist Sommeliére und sammelte bereits Erfahrungen in der Erstellung digitaler Produkte für die Weinbranche. Ihr beruflicher Hintergrund liegt im Marketing und Vertrieb von Konsumgütern und digitalen Dienstleistungen in verschiedenen Unternehmen.

Thomas Keßler, CTO von Genie Enterprise, hat einen akademischen Hintergrund in Mathematik, Informatik und künstlicher Intelligenz (KI) vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er arbeitet seit über 20 Jahren als Berater und Software Architekt für Unternehmen, die ihre Geschäfte mit Software und KI digitalisieren.

Business Idea: Digitalisierung der Wahrnehmung

Die Vision von Genie Enterprise ist es, neuartige Ideen zu identifizieren, menschliche Grenzen zu überwinden und menschliches Wissen und Erleben durch digitales Lernen zu verbessern. Daher entwickelt das Start-up datengetriebene Produkte und Lösungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren. Genie Enterprise digitalisiert menschliches Expertenwissen und die menschliche Wahrnehmung, um sie für die Welt anwendbar und verfügbar zu machen, und nutzt modernste Forschungsergebnisse zur Entwicklung praktisch nutzbarer und nachhaltiger Lösungen.

Obwohl die Vision weit gefasst ist, begann das Unternehmen mit sehr spezifischen Problemstellungen und befasste sich zunächst mit dem individuellen menschlichen Geschmacks- und Geruchssinn und wie die Wahrnehmung die Wahl von Produkten beeinflusst. Aus der Weinbranche kommend begann die Gründerin mit der Lösung des Problems der limitierten Fähigkeit, persönliche Geschmacks- und Geruchspräferenzen zu beschreiben oder zu definieren und sie mit komplexen Produkten in Einklang zu bringen.

Das erste Produkt, das aus dieser Problemstellung entstand, ist ein Beispiel der Forschungs-, Technologie- und Anpassungsdienstleistungen des Start-ups. WineGenie  – ein Hightech-Wein-empfehlungssystem, das auf dem individuellen Geschmacksprofil des Weintrinkers basiert – soll die Transformation der Weinindustrie durch kundenorientierte Weinlösungen beschleunigen.

Das Team des Start-Up-Unternehmens forscht an Konzepten, die Anwendung von Sensoren und KI zur Vorhersage der menschlichen Wahrnehmung von Geschmack und Gerüchen zu verbessern. Diese Lösungen können bspw. dort eingesetzt werden, wo die Geruchswahrnehmung für die Qualität von Produkten wie Wein, Lebensmitteln, Düften, aber auch bei Kunststoffen wie z. B. in Autoinnenräumen, relevant ist.

Ein weiteres Problemfeld tauchte während der Covid-19-Pandemie Anfang dieses Jahres auf. Das Unternehmen erforscht und entwickelt nun ein Produkt, das es jeder Person ermöglicht, ihren Gesundheitszustand mit alltäglichen Hilfsmitteln wie Smartphone und Smart Wearables zu überwachen, um aufkommende Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Diese Produktlinie wird auf Risikopa­tientengruppen und Pflegedienste ausgerichtet sein.

Elevator Pitch

Genie Enterprise mit Hauptsitz in Wilmington, Delaware/USA, und einem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Ludwigshafen, Deutschland, wurde 2018 von Regina Keßler gegründet und ist inzwischen auf ein Team von 10 Mitarbeitern angewachsen. Drei der vier Geschäftszweige generieren Umsatz und Cashflow, während die Forschung im vierten Zweig eine solide Grundlage für die Fähigkeiten des Start-up-Unternehmens bildet. Das junge Unternehmen entwickelt seine eigenen Produkte, die es mit Partnern vermarktet. Die erste Produktlinie ist ein persönlicher digitaler Sommelier namens WineGenie, der als Online-Shop-Plugin oder als In-Store-­Lösung auf SaaS-Basis erhältlich ist.

Der Geschäftszweig Lösungen stellt Kunden KI- und Software-Bausteine zur Verfügung, mit denen sie ihre eigenen Produkte erstellen können. Das Professional-Services-Team unterstützt Kunden beim Aufbau datengestützter oder KI-basierter Lösungen unter Verwendung der Lösungen oder des Fachwissens des Start-up-Unternehmens.

Das Forschungs- und Entwicklungsteam arbeitet in Projekten mit Forschungsinstituten und Universitäten an der Entwicklung zukünftiger Produkte und Lösungen. Neben Sensoren und KI-Technologien zur Vorhersage der menschlichen Geschmacks- und Geruchswahrnehmung befasst sich ein zweiter Forschungsbereich mit der Analyse von medizinischen Sensordaten, um schwere Krankheiten zu verhindern.

Meilensteine

2018

  • Gründung von Genie Enterprise Inc.in Wilmington, USA,
  • Ausgewählt für „Step NYC“, organisiert von der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer und dem Wirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz.

2019

  • Präsentation im Rahmen von „Young Tech Enterprises“ auf der Hannover Messe

2020

  • Beitritt zum Umwelttechnologie-Netzwerk Ecoliance
  • Beitritt zum 5-HT Digital Hub Chemistry & Health
  • Markteinführung des ersten eigenen Produkts WineGenie
  • Beitritt zum ZIM-Netzwerk KI-MAP
  • Förderung der Machbarkeitsstudie zum Projekt „Genie Requirements Analyser“ durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EU/EFRE) und der Investitions- und Strukturbank (ISB) Rheinland-Pfalz

2021

  • Ausweitung der internen Forschung und der Zusammenarbeit mit Universitäten.

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Donnersbergweg 1
67059 Ludwigshafen
Deutschland