Chemie & Life Sciences

Es werde Licht!

Organische Halbleitermaterialien für hoch effiziente Lichtanwendungen

01.02.2010 -

Lichtspendende und farbvariable Tapeten, Lichtkacheln an der Decke oder transparente Leuchtfenster: Organische Leuchtdioden beleuchten die Umwelt besonders energieeffizient. Das Herz der modernen Lichtquellen sind Gläser und Folien. - BASF-Forscher entwickeln effiziente Halbleitermaterialien für die neuartigen Leuchtdioden. Die sparen Energie und helfen so beim Klimaschutz.

Revolutionieren OLEDs in naher Zukunft den Lichtmarkt?
Beleuchten demnächst dünne Lichtkacheln und Folien statt ungemütlich kalt strahlende Leuchtstoffröhren weltweit unsere Büros und Häuser? Ist die Energiesparlampe gar schon ein Auslaufmodell, wie vielleicht auch demnächst schon die altbekannte, aber stromfressende Glühbirne? Alles noch Spekulation. Dennoch steht fest: Alle Welt braucht Licht - es ist lebensnotwendig. Für Beleuchtung werden heute weltweit rund 20 % der elektrischen Energie verwendet. Dieser Verbrauch lässt sich reduzieren, wenn konventionelle Lampenkonzepte durch neue Technologien ersetzt werden. Ein Ansatz, der zu mehr Energieeffizienz führt und so den CO2-Ausstoß reduziert, sind organische Leuchtdioden, sogenannte OLEDs (Organic Light Emitting Diodes). Das Herzstück der neuartigen auf Elektrolumineszenz basierenden Leuchtdioden besteht aus einem nur wenige Hundert Nanometer dünnen organischen, halbleitenden Film.
Mit OLEDs lässt sich flächig strahlendes Licht erzeugen - viel angenehmer für das menschliche Auge als die grelle Glühbirne oder andere Punktstrahler. OLED-Lichtkacheln bieten ganz neue Möglichkeiten in der Beleuchtungstechnologie, wie Fenster als transparente Lichtquellen oder Taschenlampen im Scheckkartenformat. Auch leuchtende Tapeten, Rollos oder Vorhänge sind aus Sicht von Materialexperten, Architekten und Designern in der Zukunft denkbar.
Organische Leuchtdioden eignen sich wegen ihrer dünnen und leichten Form besonders für großflächige Anwendungen wie Lichtquellen an Decken und Wänden oder Displays in mobilen Elektronikgeräten. Auch für Monitore und TV-Bildschirme kann diese Technik interessant werden. Denn mit organischen Leuchtdioden leuchten die Bildpunkte selbst, benötigen also im Gegensatz zu LCD-Displays keine Hintergrundbeleuchtung mehr und verbrauchen deshalb auch weniger Strom. Auch im Vergleich zu Leuchtstoffröhren bringen die neuartigen Leuchtdioden eine enorme Verbesserung: OLEDs haben das Potential, doppelt so energieeffizient wie Leuchtstoffröhren zu sein. Darüber hinaus lassen sich OLEDs wesentlich einfacher und vielfältiger dimmen und so an die individuellen Lichtverhältnisse anpassen, bei gleichzeitig energieeffizienter Lichterzeugung. Ein weiterer Vorteil von OLEDs ist, dass sie farbig sein können und gleichzeitig effizient bleiben. Um bei einer Glühlampe farbiges Licht zu erzeugen, müssen die Farben gefiltert werden. Das macht sie deutlich unwirtschaftlicher als OLEDs.

Industrie und Wissenschaft forschen gemeinsam an Lichtquellen der Zukunft
Im unternehmenseigenen Joint Innovation Lab (JIL) in Ludwigshafen arbeiten Forscher der BASF gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Hochschulen an hoch effizienten maßgeschneiderten Materialien für OLEDs. Die BASF Future Business erforscht mit Partnern aus der Industrie, wie Osram, Philips, Aixtron und der Firma Applied Materials, im Rahmen der OLED-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) OLEDs für Anwendungen im Lichtmarkt. Ziel des Projekts ist es, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen zu schaffen, um eine OLED-Lampenfertigung in Deutschland starten zu können. Das BMBF und die beteiligten Unternehmen beabsichtigen, insgesamt rund 600 Mio. Euro Forschungsmittel in diese neue Technologie zu investieren.
OLEDs mit zwei oder drei phosphoreszenten Emittersystemen - die zusammen weißes Licht abgeben - zeigen zurzeit zwar die höchste Effizienz, sind jedoch wegen der Instabilität des blauen Emitters in ihrer Lebensdauer noch sehr begrenzt. BASF erforscht und entwickelt die aktiven, organischen Materialien für OLEDs deshalb vor allem hinsichtlich der Verbesserung von tiefblauen phosphoreszenten Emittersystemen und hat sich dabei eine starke Patentposition erarbeitet. Mit dem breiten Wissen auf den Gebieten der Farbstoffe, dem Design, der Synthese und Produktion komplexer organischer Verbindungen bietet das Unternehmen hierzu ein breites Spektrum an analytischen und synthetischen Möglichkeiten in seinem Forschungsverbund in Ludwigshafen und Basel. Damit will BASF die Emissionscharakteristik von OLEDs optimieren, ihre Effizienz steigern und die Lebensdauer verlängern. Das Unternehmen arbeitet aber auch an rot- und grün-phosphoreszierenden Systemen mit einer besser an die Augenempfindlichkeit angepassten Emissionscharakteristik. In Zukunft will BASF ein breit anwendbares Materialset für effiziente, langlebige OLEDs bereitstellen.

Was macht eine Organische Leuchtdiode im Detail aus?
Eine OLED wird im Wesentlichen durch drei Messgrößen charakterisiert. Die Farbe des abgestrahlten Lichts, die Effizienz, mit der die Diode das Licht aussendet, und die Langzeitstabilität der Diode. Diese drei Grundgrößen werden im Folgenden näher erläutert.
Die Bestimmung der Emissionsfarbe erfolgt über das aufgenommene Spektrum. Dadurch erhält man eine physikalische Größe, anhand derer beispielsweise die mittlere Wellenlänge bzw. die mittlere Photonenenergie des Lichtes bestimmt werden kann. Zur Beurteilung des subjektiven Farbeindrucks einer Lichtquelle muss zusätzlich die spektrale Empfindlichkeit des Auges in die Betrachtung mit einbezogen werden. Das menschliche Auge hat sich im Laufe der Evolution an das Sonnenlicht angepasst, das sein Emissionsmaximum im grün-gelben Spektralbereich, mit einem Maximum bei 555 nm, aufweist. Dies hat zur Folge, dass die spektrale Empfindlichkeit des Auges ebenfalls bei 555 nm ihr Maximum hat. Zu kleineren oder größeren Wellenlängen hin nimmt die Empfindlichkeit des Auges ab. Folglich werden rotes und blaues Licht weit weniger gut vom Auge ‚detektiert‘. Durch eine Überlagerung des abgestrahlten physikalischen Lichtspektrums mit der spektralen Empfindlichkeit des Auges werden sogenannte fotometrische Größen definiert, die das subjektive Farbempfinden des Menschen nachbilden. Konkret bedeutet das, dass eine blau leuchtende OLED mehr Photonen emittieren muss als eine gelbe, um den gleichen Helligkeitseindruck im Auge zu hinterlassen. Sie muss somit mit einer stärkeren elektrischen Leistung betrieben werden.
Die Bereitstellung der drei Grundfarben Rot, Grün und Blau hat bei den konventionellen, anorganischen LEDs die Materialforschung Jahrzehnte beschäftigt. Ein großer Vorteil der organischen Elektronik ist die enorme Vielfalt an funktionellen Molekülen, die die organische Chemie bereitstellen kann. Durch gezielte Veränderungen der Molekülstruktur kann die Emissionsfarbe über das gesamte sichtbare Spektrum maßgeschneidert eingestellt werden. Aus diesem Grund konnten OLEDs innerhalb weniger Jahre in allen Farben des Spektrums hergestellt werden. Der Farbcharakter des Lichts lässt sich durch die richtige Mischung der verschiedenfarbigen Dioden stufenlos einstellen. So können OLEDs im Gegensatz zu Standardneonröhren mit einem Wert von über 90 eine fast perfekte Farbwiedergabe erreichen.
Ähnlich wie bei den Farbeigenschaften können auch bei der Effizienz der OLED physikalische und fotometrische Größen definiert werden. Zwei oft gebrauchte Effizienzgrößen sind die Quanteneffizienz und die fotometrische Leistungseffizienz. Die Leistungseffizienz gibt an, wie viel - auf das Auge gewichtete - Lichtleistung pro aufgewendete elektrische Energie erzeugt wird. Die Quanteneffizienz wird in Prozent angegeben und ist definiert als die Anzahl der emittierten Photonen pro eingebrachter Ladungsträger.
Die interne Quanteneffizienz von OLEDs kann heute bis nahezu 100 % betragen, was bedeutet, dass in der Leuchtdiode jedes Elektron in ein Photon umgewandelt wird. Dies ist einer der Gründe, warum die OLED-Technologie als vielversprechende Alternative für energieeffiziente Lichtquellen in der Beleuchtungs- und Displayindustrie angesehen wird. Um diesen hohen internen Wirkungsgrad zu erzielen, werden phosphoreszente Metall-Organische-Komplexe als Leuchtstoffe eingesetzt.
Der interne Wirkungsgrad betrachtet allerdings nur die Umwandlung des elektrischen Stroms in Licht innerhalb des Bauteils. Das erzeugte Licht muss folglich noch aus dem Bauteil ‚ausgekoppelt‘ werden. Hierbei ergeben sich erhebliche Verluste. Ein Großteil des Lichts wird innerhalb des Bauteils aufgrund des Brechungsindexsprungs an der ITO(Indium Zinn Oxid)-Glas- bzw. Glas-Luft-Grenzfläche reflektiert und ist damit innerhalb der OLED „gefangen". Bei typischen Glassubstraten werden nur ca. 25 % des erzeugten Lichts aus dem Bauteil ausgekoppelt. Wird die Substratoberfläche z. B. durch spezielle Auskoppelfolien verändert, kann die Auskopplungseffizienz um den Faktor 1,5-2 verbessert werden. Damit ergeben sich theoretisch erreichbare maximale externe Quanteneffizienzen von 30-40 %. Das Thema der Lichtauskopplung ist ein sehr aktives und wichtiges Forschungsfeld, und weitere Steigerungen sind in naher Zukunft zu erwarten.
Aufgrund der starken Reflexion des Lichts an der Al-Kathode und der teilweisen Reflexion an den Schichtgrenzen verhält sich die OLED wie ein optischer Resonator. Durch den Abstand d (Abb. 2) der Emissionszone zur spiegelnden Al-Kathode kann der Resonator optimal auf das vom Emitter ausgestrahlte Licht eingestellt werden.
Die größte Hürde der OLED-Technologie zum kommerziellen Massenprodukt ist die Langzeitstabilität der Bauteile unter kontinuierlichem Betrieb. Während des Betriebs degradiert das Bauteil beispielsweise durch morphologische Veränderungen oder durch chemische Zersetzung der organischen Moleküle. Angefangen bei wenigen Hundert Stunden, konnten die typischen Bauteillebensdauern von OLEDs aber mittlerweile um Größenordnungen gesteigert werden. Kommerziell erhältliche OLED-Produkte liegen mit ihren Spezifikationen bereits bei mehr als 10.000 Stunden. Im Labor konnten allerdings auch schon weit mehr als 100.000 Stunden Lebensdauer mit roten OLEDs nachgewiesen werden. Farbreine tiefblaue Emitter mit hoher Effizienz weisen noch das größte Entwicklungspotential auf. Hier ist die BASF SE mit der Klasse der phosphoreszenten Iridium-Carben-Komplexe stark aufgestellt.
Auch wenn die Hürden zur Farbreinheit, Effizienz und Stabilität bereits einzeln mit sehr vielversprechenden Werten geschafft wurden, bleibt die Verknüpfung aller Eigenschaften noch eine komplexe Aufgabe für Forschung und Industrie.
Weiterführende Literatur und Quellenangaben sind auf Anfrage bei den Autoren erhältlich.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei den Mitarbeitern der BASF-Forschung, den Kooperationspartnern und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die finanzielle Unterstützung bei der Durchführung der Forschungsarbeiten (FKZ13N8992).

Dr. Christian Schildknecht
Dr. Elmar Keßenich