Anlagenbau & Prozesstechnik

Ein faszinierender Werkstoff

Vorteile von Borosilicatglas 3.3 für den Apparatebau

26.03.2010 -

Es sind vier Haupteigenschaften, die Borosilicatglas 3.3 zu einem bevorzugten Werkstoff für Apparate und Rohrleitungen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie machen: Zu allererst ist es die fast universelle Korrosionsfestigkeit, eingeschränkt nur durch Flusssäure, heiße Laugen und konzentrierte Phosphorsäure. In Zeiten der gestiegenen GMP-Anforderungen kann man korrosionsfest auch mit inert übersetzen, d.h. ohne Wechselwirkung auf den verarbeiteten Stoff und damit für Pharmaanwendungen bestens geeignet.

Als zweite herausragende Eigenschaft gilt die extrem glatte Oberfläche, die ein Anbacken von Stoffen erschwert und durch die gute Reinigungsmöglichkeit ebenfalls in die Richtung von GMP-Anwendungen weist. Die Durchsichtigkeit stellt einen weiteren entscheidenden Vorteil von Borosilicatglas 3.3 dar. Nicht nur im Störfall oder beim Anfahren von Anlagen ist die visuelle Kontrolle des Prozesses von Vorteil, auch beim Überwachen der Produktion durch das Bedienpersonal können oft schon Veränderungen wahrgenommen werden, welche die Mess- und Regeltechnik lange nicht anzeigt, wie z.B. Verfärbungen im Produkt. Als vierte Besonderheit ist schließlich das umfassende Baukastensystem in den Nennweiten DN15 bis DN1000 für Komponenten aus Borosilicatglas 3.3. zu nennen, das schnelle Erweiterungen oder Umbauten bei kurzen Stillstandszeiten ermöglicht.

Preis-Leistungsverhältnis

Im Bereich des korrosionsfesten Apparate-, Anlagen- und Rohrleitungsbaus ist Borosilicatglas 3.3 bei fachgerechter Anwendung der Werkstoff mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis. Neben den genannten Eigenschaften ist eine fundierte Kenntnis über den Werkstoff Borosilicatglas 3.3 und dessen Anwendung hilfreich, damit unbegründete Unsicherheiten und Vorbehalte vermieden werden. Dieses Wissen soll mit den folgenden Ausführungen vermittelt werden:

Werkstoffeigenschaften

Die chemischen und mechanischen Eigenschaften von Borosilcatglas 3.3 sind in der DIN ISO 3585 bzw. EN1595 festgeschrieben. Die kennzeichnende Werkstoffkenngröße ist der äußerst geringe lineare Wärmeausdehnungskoeffizient von 3,3 ± 0,05 x 106 K-1, der sich auch in der vollständigen Bezeichnung "Borosilicatglas 3.3" widerspiegelt. Die geringe Wärmeausdehnung ist die kleinste unter den großtechnisch geschmolzenen, chemisch hoch beständigen Massengläsern und bedingt eine sehr geringe spezifische Wärmespannung. Dies ist von großer Bedeutung, da Glas ein relativ schlechter Wärmeleiter ist, was zur Folge hat, dass zwischen Innen- und Außenseite des Glases hohe Temperaturunterschiede entstehen können, die zu unterschiedlicher Ausdehnung und damit zu Wärmespannungen führen. Durch den extrem kleinen Wärmeausdehnungskoeffizient sind diese Spannungen bei Borosilicatglas 3.3 minimiert, so dass dieses Glas auch Temperaturschocks von 120°C widersteht. Der Temperaturbereich für Glasbauteile erstreckt sich von -80 bis +300°C. Unzulässig hohe Wärmespannungen lassen sich z.B. durch Isolierungen in entsprechender Dicke vermeiden.
Glas ist kein kristalliner Werkstoff, sondern eine amorphe, erstarrte Flüssigkeit, die hohen Druckkräften widersteht, aber nur geringen Zug- und Biegespannungen ausgesetzt werden darf. Der Unterschied der beiden Belastungsarten beträgt K/S=100 N/mm² bei Druck und K/S=7 N/mm² bei Zug, d.h. die Druckbeanspruchung darf mehr als zehnmal so groß sein wie die Zugbelastung. Dies ist bei der Konstruktion von Glasbauteilen und deren Einsatz zu berücksichtigen, wie z.B. durch die spannungsfreie Montage mittels Faltenbälgen und das Vermeiden aller Reaktionskräfte auf die Glasrohrleitung.

Eignung für Druckgeräte

Bei der Auslegung von Glasbauteilen gemäß Druckgeräterichtlinie (DGRL) und AD-Merkblatt N4 wird vorausgesetzt, dass das Glasbauteil selbst spannungsfrei ist. Dies wird dadurch erreicht, dass nach der glasbläserischen Verarbeitung, z.B. dem Anschmelzen eines Stutzens oder dem Anformen des Rohrendes, das Bauteil auf die "Kühltemperatur" von über 500°C erwärmt und zeitgesteuert über mehrere Stunden abgekühlt wird, damit die Spannungen ausgeglichen werden.
Alle Druckbehälter mit einem zulässigen Druck größer 0,5 bar und einem Hauptdurchmesser größer DN 25 unterliegen der DGRL. Solche Bauteile werden individuell gerechnet und gemäß der erforderlichen Mindestwandstärke ausgelegt. Im Abhängigkeit vom Nenndurchmesser und der Betriebstemperatur sind zulässige Drücke bis 6 bar möglich. In diesem Zusammenhang sind die folgenden wesentlichen herstellerseitigen Voraussetzungen hervorzuheben:

  • Der Hersteller benötigt eine vorhandene Zulassung und Zertifizierung als Druckgerätehersteller nach EN729-2.
  • Um nicht auf vorgeprüfte Fertigungsunterlagen oder Einzelprüfungen angewiesen zu sein, benötigt der Hersteller die Zertifizierung gemäß Modul H, dem Modul mit den höchsten Anforderungen, was ein umfassendes Qualitätsmanagement nach DIN ISO 9001 erforderlich macht. Dadurch ist er berechtigt, Druckgeräte selbstständig in Verkehr zu bringen.
  • Die DGRL betont die "Berücksichtigung aller relevanten Faktoren, welche die Sicherheit des Druckgerätes beeinflussen". Diese Forderung wird erfüllt, wenn die im Anhang I der DGRL aufgeführte Gefahrenanalyse durchgeführt und das Gerät entsprechend gefertigt, überprüft und mit Benutzungsanweisung ausgeliefert wird.

De Dietrich Process Systems (ehemals QVF Engineering) erfüllt diese Punkte und kennzeichnet alle Einzelbauteile entsprechend der DGRL mit dem CE-Zeichen, der Artikelnummer und der Fertigungsnummer, um dem Baukastenprinzip gerecht zu werden.

Maximale Sicherheit

Die meisten Betriebsstörungen in der chemischen Industrie werden durch Korrosion verursacht. Aufgrund seiner herausragenden Korrosionsbeständigkeit ist Borosilicatglas 3.3 ein Garant für eine hohe Anlagenverfügbarkeit.
Beschädigungen an Glasbauteilen von außen lassen sich nie mit 100-prozentiger Sicherheit ausschließen. Dies gilt in erster Linie für den relativ rauhen Betrieb in Produktionsanlagen und zwar insbesondere dann, wenn kein zusätzlicher Schutz durch Isolierungen gegeben ist. Um auch dort, wo derartige Gefahren bestehen, nicht auf den Werkstoff Borosilicatglas 3.3 mit all seinen Vorteilen verzichten zu müssen und dem ständig steigenden Sicherheitsbedürfnis der Industrie zu entsprechen, können Bauteile aus Glas mit einer elektrisch ableitfähigen PU-Beschichtung versehen werden, so dass beschichtete Glasbauteile in der Ex-Zone 1 ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen elektrostatische Aufladung von außen eingesetzt werden können. Dieses Coating stellt für den Fall eines Glasbruches eine Art "äußeres Rohr" dar, d.h. Splitter werden zurückgehalten, und die Gefahr durch austretende giftige oder aggressive Medien wird reduziert.
Ein sicherlich etwas überraschender Beleg für die Sicherheit von Glasanlagen ist der erfolgreiche Einsatz in Erdbebengebieten: Durch die modulare Bauweise und die spannungsfreie Montage der Glasapparate mit flexiblen Dichtungen und Verbindungen besteht eine extreme Resistenz auch gegenüber terrestrischen Erschütterungen.

Fazit

Eine hohe Qualität der Bauteile aus Borosilicatglas 3.3 und die werkstoffgerechte Konstruktion ermöglichen den Anlagen- und Rohrleitungsbau für hochkorrosive bzw. hochreine Produkte. Unter Hinzunahme anderer hochkorrosionsbeständiger Werkstoffe und unter Beachtung der gültigen Regelwerke führen diese Anwendungen zu sehr wirtschaftlichen Problemlösungen. Diese zeichnen sich durch die weitgehende Wartungsfreiheit und hohe Betriebssicherheit aus, die dem Borosilicatglas den Weg als anerkannter Apparatebauwerkstoff in der chemischen und pharmazeutischen Industrie geebnet hat.

Kontakt

De Dietrich Process Systems

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