Formgedächtnis-Polymer aus thermoplastischem Polyurethan
Auch Kunststoffe können ein Gedächtnis haben. Das zeigt das Beispiel eines neuen thermoplastischen Polyurethans (TPU), das Bayer MaterialScience gemeinsam mit der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin, entwickelt hat. Teile aus solchen Kunststoffen können vorübergehend in eine andere Form gebracht und in dieser Form fixiert werden. Werden sie über eine bestimmte Temperatur, die sog. Schalttemperatur, erwärmt, dann "erinnern" sie sich an ihre ursprüngliche Form und nehmen diese fast unverändert wieder ein. Im Fall des neuen Produkts Desmopan DP 2795A SMP liegt die Schalttemperatur bei rund 40°C. Die Abkürzung SMP steht dabei für die englische Bezeichnung solcher Kunststoffe als "Shape Memory Plastics". Der TPU-Werkstoff ist frei von Weichmacheradditiven und Hydrolyseschutzmitteln. Er bietet sich deshalb auch für Anwendungen an, die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen. Darüber hinaus zeichnet er sich durch die typischen Vorzüge von TPU aus wie hohe Abriebfestigkeit, Elastizität und gute Chemikalienbeständigkeit.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
"Angesichts dieser besonderen Eigenschaft dürften den Einsatzmöglichkeiten des Kunststoffs kaum Grenzen gesetzt sein", freut sich Jürgen Hättig, Leiter des Business Development für TPU bei Bayer MaterialScience. "Wir können uns Anwendungen in Bereichen vorstellen, die vom Maschinenbau über die Automobil-, Textil-, Sport- und Freizeitindustrie bis hin zur Spielzeugherstellung sowie der Luft- und Raumfahrt reichen." Denkbare Anwendungen sind u. a. Karosserieschäden, die einfach mittels Fön repariert werden, ferner Temperatursensoren, künstliche Muskeln, Scharniere, sich selbst lockernde Schrauben, Verpackungen, Schrumpfschläuche und vieles mehr.
Anwendungsbeispiel: Fälschungssichere Etiketten
Ein Beispiel für den Einsatz des neuen Werkstoffs ist der Produkt- und Markenschutz. So hat die BAM auf Basis des TPU-Produkts Etiketten mit eingravierten, farbigen Quick-Response (QR)-Codes entwickelt. Letztere sind nur zu lesen, wenn die Etiketten in ihrer permanenten Form vorliegen. "Die Etiketten eignen sich daher sehr gut als Informationsspeicher, um Waren fälschungssicher zu kennzeichnen und zu identifizieren", erklärt Dr. Thorsten Pretsch, der in der BAM an Polymeren mit Formgedächtnis forscht. Das Projekt über Etiketten mit schaltbarer Lesbarkeit wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.