Chemieindustrie trotzt Kostendruck
Horváth-Studie prognostiziert Aufwärtstrend und Optimismus für 2025
Die Aussichten für 2025 sind optimistischer: Dann erwarten deutlich mehr Unternehmensverantwortliche ein stärkeres Umsatzwachstum und zudem eine positive Entwicklung des Bottom-Line-Wachstums. Dies sind Ergebnisse der jährlichen Studie „Chemicals Executives Flash Report“ der Managementberatung Horváth.
Die Chemieindustrie hat die Talsohle bei der Umsatzentwicklung durchschritten, Preise und Volumen erholen sich und das laufende Jahr soll mit moderatem Wachstum abgeschlossen werden. Als Wachstumsmärkte gelten dabei vor allem Regionen außerhalb Europas. Sowohl die Top-Line- als auch die Bottom-Line-Entwicklung ist steigend, Kostensenkungsinitiativen zeigen ihre Wirkung. Positiv hervorzuheben ist, dass trotzdem in Forschung und Entwicklung sowie Marketing und Vertrieb investiert wird und die Unternehmen die dafür benötigen Ressourcen und Zukunftschancen fest im Blick haben.
Resilienz gewinnt an Bedeutung
Die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber komplexen und unvorhersehbaren Marktschwankungen, weiter zu erhöhen und gleichzeitig die Fähigkeit, sich in günstigeren Marktbedingungen ergebende Chancen flexibel zu nutzen, sind der Studie zufolge zur größten Herausforderung und wichtigsten Aufgabe des Managements in der Chemieproduktion geworden.
Eines der Topthemen ist in diesem Zusammenhang die Sicherstellung von Cybersecurity geworden, gefolgt von der Green Transformation und einem verbesserten Performance- und Risikomanagement. Ebenfalls als sehr oder eher wichtig bewerteten die Befragten eine nachhaltige Verbesserung von Liquiditätsmanagement sowie Kosten- und Erlösstrukturen, die Überarbeitung oder Neuaufstellung von Strategie und Geschäftsmodellen, die digitale Transformation, die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur und die Anpassung von organisatorischen Strukturen und Prozessen.
Energiewende mit all ihren Herausforderungen vorantreiben
Hinter den Klimaschutzzielen von EU und Bundesregierung steht die Branche geschlossen. Die Übergangszeit, bis grüne Energie in ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung steht, gilt jedoch als großer Kraftakt. Zunehmende Energiepreise und steigende CO2-Kosten, insbesondere in Deutschland, werden als nicht marktgerecht angesehen. Auch die Regulierung sowie Produktanforderungen und Berichtspflichten stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen.
„Die Chemieindustrie hat die Talsohle bei der Umsatzentwicklung durchschritten.“
Mehr als 90 % befürchten neue Anforderungen und dadurch anhaltende bzw. verstärkte Marktunsicherheiten. Steigende Energie- und CO2-Kosten nennen 80 % als große Herausforderung. Zudem sehen viele Befragte steigende Produktstandards kritisch für ihr Geschäft, etwa im Hinblick auf die CO2-Intensität (71 %).
Gefragt nach Maßnahmen zur Lösung ökologischer Herausforderungen und Beschleunigung der Energiewende wird am häufigsten die Optimierung der Energieeffizienz genannt (83 %). Weitere 77 % setzen auf den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien, um die Dekarbonisierung des eigenen Unternehmens umzusetzen. Eine Verlagerung energieintensiver Produktionen haben aktuell 44 % der Unternehmen geplant – immerhin fast jedes zweite Unternehmen. Es ist also erforderlich, auf Kostendisziplin zu setzen, um das verhalten positive Wachstum weiter abzusichern.
Fünf Empfehlungen für erfolgreiches Wachstum
Die Studie fasst fünf zentrale Kernpunkte bzw. Empfehlungen zusammen, die Unternehmen bei ihrer Transformation und ihrem Wachstum unterstützen sollen: Erstens, in volatilen Marktentwicklungen auf eine strenge Kostendisziplin zu setzen. Durch eine Kontrolle der Kosten für Verwaltung, Material und Lieferkette erhöht sich der finanzielle Spielraum und erhebliche Kosteneinsparungen sind realisierbar.
„Hinter den Klimaschutzzielen von EU und Bundesregierung steht die Branche geschlossen.“
Zweitens, die kommerziellen Fähigkeiten in einem Umfeld mit geringer Nachfrage zu verbessern. Ein besonderer Schwerpunkt sollte dabei auf Spitzenleistungen im Vertrieb und einer effektiven Preisgestaltung liegen, um einen maximalen Mehrwert zu erzielen. An dritter Stelle rückt die Zukunftssicherheit des Geschäftsmodells in den Fokus, wobei die Vorbereitung auf Net-Zero eine wichtige Rolle spielt: Unternehmen sollten vorausschauend einen Geschäftsplan für das Jahr 2050 ausarbeiten, um die Transformation des Kohlenwasserstoffgeschäfts und der Anlagen zu prognostizieren. Die vierte Empfehlung ist der Impuls, Innovationen zu beschleunigen, um sich vom Wettbewerb abzuheben und in der Transformationsreise einen Vorsprung zu haben. Die fünfte und letzte Empfehlung lautet, M&A für die strategische Neuausrichtung zu nutzen, das unternehmerische Portfolio zu straffen und sich Zugang zu neuen Technologien und wachsenden, profitablen Märkten zu verschaffen.
Peter Hartl, Associate Partner, Horváth AG, München
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Zur Person
Peter Hartl ist Associate Partner und Chemie- und Energieexperte bei der Managementberatung Horváth. Er berät seit vielen Jahren Unternehmen aus der Energie-, Chemie-, Öl- und Rohstoffindustrie bei ihrer Business Transformation und richtet sie auf Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung und Zirkularität aus. In vergangenen Projekten hat er sich u.a. mit Wasserstoff, Carbon Management, Energiemanagement, Geothermie, und grüner Transformation bestehender Produktionsanlagen beschäftigt. Hartl studierte Chemie und Biologie an der LMU und Wirtschaftsbiologie an der TU München.
Über die Studie
Für die Studie „Chemicals Executives Flash Report“ wurden Führungskräfte aus aller Welt befragt, die in Unternehmen der Chemieindustrie mit Schwerpunkt Europa tätig sind. Die Befragung wurde Ende des ersten Quartals 2024 abgeschlossen und im Mai 2024 ausgewertet.
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Die detaillierten Studienergebnisse finden Sie unter bit.ly/Horvath-Studie-2024