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Energie muss nachhaltiger werden

GETEC CEO Thomas Stephanblome sieht die Chemieindustrie in der Schlüsselrolle

13.12.2023 - Der Energie- und Chemieparkdienstleister GETEC will weiter wachsen – in Deutschland und Europa. Dabei setzt er auf Energielösungen für Chemiekunden, die zukunftsfähig und wirtschaftlich sind.

Technologieoffenheit spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn kein Kunde ist wie der andere, sagt Thomas Stephanblome, CEO, GETEC Deutschland. Mit ihm sprach Oliver Pruys über die Pläne des Unternehmens und wie sich das Lösungsangebot für die Chemieindustrie angesichts stetig ändernder Rahmenbedingungen weiterentwickelt.

CHEManager: Herr Stephanblome, Sie sehen mit der Brille des Dienstleisters auf die Chemieindustrie. Was sehen Sie da?

Thomas Stephanblome: Die Chemieindustrie ist eine der wichtigsten Schlüsselindustrien Deutschlands. Aber auch hier steigt der Kostendruck mit Blick auf die globale Konkurrenz. Zwei Betrachtungsebenen sind deshalb für die Chemieindustrie wichtig. Zum einen die zu hohen und teils sehr volatilen Energiekosten, zum anderen kostenintensive, gleichwohl notwendige Dienstleistungen, die nicht zur Kernwertschöpfung der Unternehmen gehören wie der Industrieparkbetrieb. Auf diesen beiden Ebenen setzen wir an. Wir bieten Energielösungen für unsere Chemiekunden, die neben Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit auch Wirtschaftlichkeit bieten und damit bezahlbar sind. Zum zweiten liegen unsere Kompetenzen nicht allein bei der Energie, sondern bei allen Infrastrukturdienstleistungen für den gesamten Industrieparkbetrieb. Wir bieten das gesamte Spektrum für die Chemieindustrie aus einer Hand.

Betrachten wir zunächst die Energielösungen für Ihre Chemiekunden. Mit Blick auf Kohleausstieg und steigende CO2-Kosten – wird die Luft für großdimensionierte Energielösungen da nicht langsam dünn?

T. Stephanblome: Das sind in der Tat Rahmenbedingungen, die große Auswirkungen auf die Zukunft der Energieversorgung haben. Aber der Weg ist der richtige. GETEC fühlt sich nachfolgenden Generationen verpflichtet, die Energiewende von vorne anzuführen. Energie für die Chemieindustrie muss nachhaltiger werden und dennoch Versorgungssicherheit bieten, um die Produktion aufrecht zu erhalten.

Fast alle unsere Industrielösungen sind im Schwerpunkt wärmegeführt und generieren Prozesswärme und Dampf in zumeist höheren Temperaturstufen. Die gibt es eher selten aus dem Netz und daher müssen andere innovative Ansätze her. Dazu schauen wir uns zunächst sehr genau die Produktionsprozesse unserer Kunden an.

Stichwort Kreislaufwirtschaft und Waste-to-Value: Gibt es etwa flüssige, gasförmige oder feste Reststoffe aus der Produktion, die für die Energieerzeugung nutzbar sind? Für unseren Kunden Haltermann Carless in Speyer verwerten wir anfallende Produktionsgase effizient zur Energieerzeugung. Für Clariant nutzen wir den Reststoff Lignin aus der Bioethanolerzeugung aus Weizenstroh, um damit den kompletten Produktionsstandort im rumänischen Podari mit Wärme und Strom zu versorgen. Neuestes Beispiel ist unser Projekt für CropEnergies, einer Südzucker-Tochter. Neben Biomasse werden wir auch flüssige und gasförmige Produktionsreststoffe zur thermischen Verwertung nutzen und versorgen die in Europa einzigartige neue Produktionsanlage von CropEnergies für erneuerbares Ethylacetat mit Wärme und Strom. Das Projekt wird im Contracting umgesetzt, wir investieren hier 50 Mio. EUR.

Oder denken wir bitte auch in die andere Richtung – von der Indus­trie zur Wohnungswirtschaft. So viel ungenutzte Abwärme aus Industrieproduktion lässt sich in Nah- und Fernwärmenetzen im Bereich der kommunalen Wärmeplanung nutzen. Da ergeben sich mit neuen Partnerschaften zwischen Indus­trie, Stadtwerken, Kommunen und Energiedienstleister eine Vielzahl an Möglichkeiten.

Wie sieht es aus mit elektrischen Lösungen? Das dürfte für die Industrie doch generell schwierig sein.

T. Stephanblome: Tatsächlich haben wir gerade einen Vertrag mit einem Industriekunden unterzeichnet, wo wir im mittleren Temperaturbereich ausschließlich mit elektrischen Lösungen arbeiten. Hierzu nutzen wir eine einzigartige Kombination aus einer großdimensionierten Wärmepumpenkaskade und einem E-Kessel.

Die Wärmepumpenkaskade besteht aus einem zweistufigen System: In der ersten Stufe wird der Umgebungsluft über Luft-Wasser-­Wärmepumpen Energie entzogen und in einem Quellspeicher zwischengelagert. In der zweiten Stufe transformieren dann Wasser-Wasser-Wärmepumpen die Energie aus dem Quellspeicher auf das gewünschte Ausgangstemperaturniveau. Der E-Kessel selbst dient zur Spitzenlastabdeckung, soll aber hauptsächlich die Erlöspotenziale am Regelenergiemarkt, dem Intra-Day und Day-Ahead-Handel nutzen und damit dem Kunden einen zusätzlichen Mehrwert bringen. Durch dieses Verfahren erreichen wir, dass zunächst die stromkostentechnisch günstigere und viel effizientere Wärmepumpenlösung ausgereizt wird und dann der vergleichsweise kostenintensivere E-Kessel die Temperaturlücke schließt. Diese einzigartige Kombination der Wärmepumpenkaskade mit einer Nennleistung von 4,3 MW ist dann die größte Luft-Wasser-Wärmepumpenanlage in Deutschland. Das ganze Konzept, also auch in Verbindung mit dem geplanten 1.000 m³ Schichtladespeicher, stellt im Übrigen auch eine Blaupause für ein innovatives All-Electric-Fernwärmenetz dar. Und genau da liegt unsere Stärke. Kein Kunde ist wie der andere. Doch wir bemühen uns, immer die richtige Energielösung zu finden.

 

„Energie für die Chemieindustrie muss nachhaltiger werden und dennoch Versorgungssicherheit bieten.“

 

Wasserstoff scheint die neue Hoffnung in Europa zu sein für die Ablösung fossiler Brennstoffe, zumindest grüner Wasserstoff. Welche Möglichkeiten sehen Sie hier?

T. Stephanblome: Ich sehe eine Vielzahl an Möglichkeiten. GETEC beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Wasserstoff und kann bereits erste Anwendungen vorweisen. Wir sind Teil des Hydrogen-Valley-Netzwerks in den Niederlanden und sitzen dort direkt an der Quelle. Weiterhin haben wir ein weitreichendes und globales Partnernetzwerk mit direkten Bezugsmöglichkeiten an grünem Wasserstoff beziehungsweise vorwiegend natürlich an grünem Ammoniak als Trägermolekül geschlossen. Bei diesen Entwicklungen sind wir vorne dabei, aber auch bei den Anwendungen. Durch Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR – haben wir die Brennertechnik an unseren Anlagen modifizieren können und derzeit eine Beimischungsquote von 18 % Wasserstoff realisiert, bis 2025 werden es 100 % sein. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch die Feststellung, dass grüner Wasserstoff erst mittelfristig, frühestens ab 2026 in größeren Mengen zur Verfügung stehen wird. Die oben genannten Lösungen sind dagegen sofort verfügbar.

Sie erwähnten als zweite Ebene den Industrieparkbetrieb. Was bieten Sie der Chemiebranche dort konkret an?

T. Stephanblome: Kurz und knapp? Alles. In den vergangenen Jahren hat sich GETEC in Europa enorme zusätzliche Kompetenzen in diesem Feld erworben. Hatten wir traditionell bereits vorher etwa im Industriepark Zeitz die Energiezentrale weitergedacht und entlang der Wertschöpfungskette weitere Dienstleistungen für die Parkkunden angeboten und entwickelt, so konnten wir dann mit der Übernahme des großen Industrieparks Emmen und des Kaufs der beiden Chemie- und Life-Science-Parks in Muttenz von Novartis und Clariant, heute zusammengeführt zum GETEC Park Swiss, das vollständige Spektrum an Infrastrukturdienstleistungen für unsere Chemie- und Pharmakunden bieten. Neben Energie sind hier auch weitere Medien, Analytik, Lösemittelregeneration, Abwasserreinigung, Logistik und vieles mehr inbegriffen. Jüngst haben unsere schweizerischen Kollegen die Übernahme des Life-Science-Parks Rheintal im schweizerischen Stein von Novartis gezeichnet, und weitere Projekte sind bereits in unserer Pipeline.

Auch in Deutschland?

T. Stephanblome: Aber ja. Da haben wir aktuell sogar sehr konkret ein tolles Projekt vertraglich fixiert. Leider kann ich noch nicht mehr dazu sagen. Aber ich verspreche, dass Sie es bald erfahren werden.

GETEC hat offenbar einiges vor. Wie sehen Ihre Pläne in Deutschland für die nächsten Jahre aus?

T. Stephanblome: Wir wollen in Deutschland weiter wachsen und hier unseren Umsatz in den kommenden Jahren signifikant steigern. Wir sind überzeugt, dass unsere Stärken als Energiedienstleister gerade in Zeiten der Energiewende vermehrt nachgefragt werden. Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung sind enorm wichtige Bestandteile einer guten Unternehmensführung geworden. Auch Investoren honorieren diese Entwicklung, denken Sie nur an Sustainable Finance und die EU-Taxonomie. Der Markt für Contracting ist nach unseren Analysen in Deutschland so groß wie in keinem anderen europäischen Land und keineswegs auch nur annähernd ausgereizt. Eine der wichtigsten Branchen bleibt für uns die Chemie- und Life-­Sciences-Industrie. Aber auch in der Papier- und Nahrungsmittelindustrie sowie in der Wohnungswirtschaft und bei Kommunen sehen wir große Potenziale. Neben zunehmenden Digitalisierungsangeboten legen wir dazu den Fokus besonders auf Dekarbonisierungstechnologien in Systemverbünden und bei der Beschaffung grüner Brennstoffe. Wir müssen bei unseren Kunden mit Lösungen überzeugen, denn nur gemeinsam mit unseren Kunden gelingt die Energiewende.

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Zur Person

Thomas Stephanblome ist CEO der ­GETEC Plattform Deutschland. Der Di­plomingenieur promovierte im Bereich Elektrotechnik an der TU Dortmund. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Energieindustrie und hatte zuvor verschiedene Stationen in mittelständischen wie Großunternehmen inne, zuletzt als Director of Global On-­Site Generation Business bei Eon.

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Energie für mehr

GETEC ist Partner der Industrie und der Immobilienwirtschaft für effiziente und grüne Energielösungen in Europa. Das Versprechen "Energie für mehr" ist Leitlinie für über 2.400 Mitarbeiter, die mit großem Engineering-Know-how sowie Regulatorik- und Nachhaltigkeitsexpertise ihre Kunden durch eine immer komplexere Energiewelt navigieren und dabei den ökologischen Fußabdruck reduzieren. Mit 12.000 Anlagen, die mehr als 6,1 GW thermische Energie erzeugen, ist das Dienstleistungsunternehmen von seinen vier regionalen Plattformen in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und Italien aus in insgesamt neun Ländern aktiv und erwirtschaftete im Jahr 2022 einen Umsatz von über 1,5 Mrd. EUR.

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