Logistik & Supply Chain

Grundlagen für eine klimaneutrale Industrie in Europa

Mehr für weniger: Hafen Antwerpen-Brügge investiert in Projekte im Bereich Klimaneutralität und Energietransition

17.10.2023 - Unter dem Motto „Mehr (Investitionen) für weniger (CO2)“ fördert der Hafen Antwerpen-Brügge gezielt Initiativen zur Klimaneutralität.

Energieintensive Industrien wie die Chemie und Petrochemie sind bei ihren Vorhaben zur Klimaneutralität auf die notwendigen Infrastrukturen und Partner angewiesen. Dazu zählen Energieversorger ebenso wie Häfen und Terminals, in denen der Umschlag und die Lagerung alternativer Energieträger erfolgt, oder Logistikunternehmen und Netzwerkbetreiber, die für den Transport bis ins Werk sorgen. Der Hafen Antwerpen-Brügge bietet in diesem Bereich eine Art Schmelztiegel für unterschiedlichste Projekte und Lösungen – von Wasserstoff und Ammoniak bis Carbon Capture and Utilisation/Storage, kurz CCUS.

Erst im September dieses Jahres haben sich vier Unternehmen dort zusammengeschlossen und mit der „Fluxys C-Grid“ ein Joint Venture gegründet, das als CO2-Netzbetreiber die Chemieindustrie bei der Erreichung ihrer Zwischenziele auf dem Weg zur vollständigen Klimaneutralität unterstützen will. Die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlenstoff kann einen wichtigen Beitrag zur schnellen Verringerung der Kohlenstoffbelastung in der chemischen Industrie leisten. Die „Fluxys C-Grid“ möchte der Indus­trie damit die CO2-Abnahmemöglichkeiten bieten, die sie zur Aufrechterhaltung ihrer Tätigkeit benötigt. Das neue Netzwerk beschränkt sich dabei nicht auf Belgien oder das Chemiecluster am Hafen Antwerpen. Stattdessen sollen kurzfristig auch Chemiestandorte der europäischen Nachbarländer an das Netzwerk angeschlossen werden.

Grenzüberschreitender CO2-Transport

Ziel des Joint Venture ist es, das CO2-Netz mit der Exportinfrastruktur und der angrenzenden Infrastruktur in den Nachbarländern zu verbinden, um ein hohes Transitvolumen über ein CO2-Backbone zu ermöglichen. Bis 2030 soll es möglich sein, jährlich rund 30 Mio. t CO2 darüber zu transportieren. Den Start wird eine Verbindung zwischen Antwerpen und Gent machen. So soll die Industrie optimal und zu einem wettbewerbsfähigen Tarif bedient werden können.

An dem neuen Unternehmen „Fluxys C-Grid“ beteiligt sind

Fluxys Belgium, eine an der Euronext notierte Tochtergesellschaft der Infrastrukturgruppe Fluxys, die sich im Bereich Transport von Wasserstoff, Biomethan oder anderen kohlenstoffneutralen Energieträgern sowie von CO2 engagiert, Pipelink, eine Tochtergesellschaft des Hafens Antwerpen-Brügge, die ein rund 750 km langes eigenes Pipeline-Netzwerk für die chemische Industrie betreibt, Socofe, eine Finanzholding, die sich auf strategische Beteiligungen an vielversprechenden Unternehmen und Projekten im Bereich Energielandschaft der Zukunft spezialisiert hat, und
der belgische Staatsfonds SFPIM (Société Fédérale de Participations et d‘Investissement), der u.a. in neue und florierende Sektoren wie Energie und Versorgungsunternehmen sowie Verkehr und Mobilität investiert.

Sowohl Fluxys Belgium als auch Pipe­link verfügen über umfangreiche und langjährige Erfahrung in der Entwicklung, dem Bau und dem sicheren Betrieb von Pipeline-Infrastrukturen. Neben dem Fachwissen verfügen die Anteilseigner gemeinsam über eine solide finanzielle Ausgangslage, um die Investitionen für die Entwicklung und den Betrieb des umfangreichen CO2-Netzes angemessen finanzieren zu können.

Investitionen in europäische Wasserstoff­versorgung: Aufbau eines Ammoniak-Hubs

Langfristig wird CCUS aber nicht ausreichen, um die Klimaneutralität der chemischen Industrie voranzutreiben. Hier gilt Ammoniak als einer der großen grünen Hoffnungsträger. Durch die Umwandlung in Ammoniak kann Wasserstoff leicht über große Entfernungen transportiert werden. Entsprechend gibt es gleich mehrere Projekte und Initiativen, in die verschiedene Unternehmen und der Hafen Antwerpen-Brügge derzeit investieren.

Eines davon ist ein Open-Access-Importterminal für nachhaltiges Ammoniak. Auf dem Weg zur Umsetzung dieses Knotenpunkts für erneuerbare Energien wurde der erste wichtige Meilenstein inzwischen erreicht. Im vergangenen Jahr sind Advario Stolthaven Antwerpen, Advario Gas Terminal und Fluxys eine strategische Partnerschaft eingegangen, um die Machbarkeit dieses grünen Ammoniak-Importterminals im Hafen Antwerpen-Brügge zu untersuchen. Diese Machbarkeitsstudie wurde vor Kurzem abgeschlossen, so dass die Partner nun das Interessenbekundungsverfahren starten. Ziel ist es, Anfang 2024 eine FEED-Studie (FEED = Front-End Engineering and Design) einzuleiten. Gemeinsam streben die Partner an, die Importinfrastruktur bis 2027/2028 in Betrieb zu nehmen. Neben dem Transport per Bahn und Binnenschiff ins europäische Hinterland soll das geplante Ammoniak-/Wasserstoff-Ökosystem über Pipelines für Ammoniak und Wasserstoff in die umliegende chemische Industrie sowie darüber hinaus ins Hinterland eingebettet werden, wobei die Wasserstoff-Verbindung über das Fluxys-Netz erfolgen soll.

Bereits ein Jahr früher will VTTI, ein internationaler Anbieter von unabhängigen Energiespeichern und -dienstleistungen, den Bau eines Ammoniak-Importterminals und einer Ammoniak-Cracker-Anlage im Weltmaßstab im Hafen Antwerpen-Brügge abgeschlossen haben. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, ein europäisches Netz von Ammoniak-Importterminals und Ammoniak-Crackern aufzubauen und parallel dazu weitere Infrastrukturlösungen für den Export und Import von Ammoniak und anderen Wasserstoffträgern zu entwickeln. Das „Projekt AmplifHY“ soll die Dekarbonisierung der europäischen Schlüsselindustrien, wie der Chemie und Petrochemie, unterstützen. Das Terminal in Antwerpen soll bereits 2026 mehr als 1 Mio. t sauberen Wasserstoff liefern und damit das Gesetzespaket „Fit for 55“ und die REPowerEU-Ini­tiative unterstützt. „AmplifHy“ steht auf der Anwärterliste für ein „Projekt von allgemeinem Interesse“ der EU.

Und auch Vopak hat große Ambitionen, neue Energien an dem neu erworbenen strategischen Standort in Antwerpen, dem Vopak Energy Park Antwerp, zu entwickeln. Vopak möchte zur Dekarbonisierung des Industrieclusters beitragen, indem es die Konzession umgestaltet und ein neues Zentrum für grüne Energie entwickelt.

Pilotanlage für emissionsarmen Cracker

Air Liquide investiert ebenfalls in Wasserstofftechnologie im Hafen Antwerpen-Brügge. Bis 2024 will der Gaskonzern eine innovative Pilotanlage zum Cracken von Ammoniak im industriellen Maßstab in Betrieb nehmen. Mit Hilfe einer neuartigen Technologie soll diese Anlage die Umwandlung von Ammoniak in Wasserstoff (H2) mit einem optimierten Kohlenstoff-Fußabdruck ermöglichen und damit einen weiteren Beitrag zur Entwicklung von Wasserstoff als Schlüsseltechnologie für die Energiewende leisten. Ziel der Demoanlage, die auf dem BASF-Gelände errichtet wird, ist es, das katalytische Verfahren zu testen und die niedrigen Emissionen zu demon­strieren. Finanzielle Unterstützung erhält Air Liquide durch die VLAIO, die staatliche Flämische Agentur für Innovation und Unternehmertum. In Kürze sollen die Bauarbeiten für die Pilotanlage beginnen.

Schließlich wurde im September 2023 noch ein weiteres ehrgeiziges Projekt gestartet, das einen wettbewerbsfähigen Markt für erneuerbaren und kohlenstoffarmen Wasserstoff in Belgien schaffen soll, der gut in das europäische Netz integriert ist. Dies soll durch die Entwicklung und den Pilottest eines Wasserstoffhandelsplatzes und durch die Untersuchung der erforderlichen Dimensionen, Infrastrukturen und Zertifizierungsanforderungen für ein ausgewogenes und konformes landesweites Wasserstoffnetz erreicht werden. Damit zielt „HyBex“ darauf ab, die notwendigen wirtschaftlichen Instrumentarien zu entwickeln, um die Anforderungen an Speicherung, Flexibilität, Zertifizierung und Bilanzierung zu erfüllen. An „HyBex“ sind die Unternehmen Fluxys, Hinicio und der Hafen Antwerpen-Brügge selbst beteiligt. Das Projekt wird mit föderaler Unterstützung durch den Energy Transition Fund (FOD Economie) durchgeführt und soll innerhalb von 14 Monaten abgeschlossen werden.

Autor: Tom Hautekiet, CCO, Hafen Antwerpen-Brügge, Antwerpen, Belgien

„Ziel des Joint Venture ist es, das CO2-Netz mit der Exportinfrastruktur und der angrenzenden Infrastruktur in den Nachbarländern zu verbinden.“

Downloads

Kontakt

Hafen von Antwerpen

Zaha Hadidplein 1
Antwerpen
Belgien

Antwerp Port Authority

Entrepotkaai 1
2000 Antwerpen
Belgien

+32/3/2052011
+32/3/2052269