Digitalisierung macht Anlagenbetrieb sicherer
Mehr Sicherheit für Personal und Anlagen mit Wireless Technologien
Jetzt ist es möglich, viele Systeme zu integrieren, die bisher voneinander getrennt waren, wie Basis-Prozessregelung, Anlagenzustandsüberwachung oder Daten-Historian-Anwendungen.
Durch die Verknüpfung dieser Systeme können Daten nun an einem zentralen Ort geteilt werden, um ein umfassenderes Bild des Betriebs zu erhalten. Zu den Verbesserungen, die diese Integration vereinfachen, gehören Empfehlungen wie die NAMUR NOA bzgl. der M&O Sensoren. Ein hohes Maß an Trennung ist nicht mehr erforderlich und macht eine Anlage auch nicht unbedingt sicherer. Die Erfassung der Daten von Sicherheitssystemen ist ohne den Eingriff in wesentliche Funktionen, wie z.B. Überdruckventile an einem Reaktor, der mit einem giftigen Produkt gefüllt ist, möglich. Der einfache Echtzeitzugriff auf die Gesundheit und den Zustand dieser Sicherheitsventile mittels schnell zu installierender Wireless-Sensoren schafft Vertrauen und kann zur Verbesserung der Sicherheit beitragen, da mittels Daten in Kombination mit anderen Prozessdaten Überbelastungen der Sicherheitssysteme besser vorausgesagt werden können.
Die genauere Betrachtung zweier verschiedener Szenarien vermittelt einen guten Eindruck davon, wie und wo sicherheitsbezogene Funktionen erweitert und integriert werden können, um letztlich die Sicherheit in einer Anlage und deren Umgebung zu verbessern.
„Ein gutes Ortungssystem, das das Triangulationsverfahren verwendet, erfordert Basisstationen und mobile Geräte.“
Überwachung giftiger Gase
Die Überwachung giftiger Gase wird nicht unbedingt als Sicherheitsfunktion bezeichnet, wenn man sie aus der Sicht der sicherheitstechnischen Systeme betrachtet. Ein Gasmonitor löst einen Alarm aus, der das Personal auf ein Problem hinweist, er schließt jedoch kein Ventil und fährt auch keinen Prozess herunter. Hier können Integration und Automatisierung einen Mehrwert bringen. Ein integriertes System schafft mehr als nur das Bewusstsein für ein Problem, es kann eine direkte Maßnahme auslösen, um ein Problem abzuschwächen.
Wenn bspw. giftiges Gas aufgrund eines defekten Ventils entweicht, können Gassensoren, die über ein vorhandenes WirelessHart-Netzwerk kommunizieren, dieses sofort erkennen und einen Alarm in der Anlage, Messwarte und Feuerwehr auslösen, um das Problem schnell zu identifizieren und zu beseitigen, bevor es sich zu einem gefährlichen Zustand entwickelt.
Viele der aktuell erhältlichen Gasüberwachungsgeräte sind modular sowie für den Wireless-Betrieb ausgelegt und werden mit langlebigen internen Batterien gespeist, die neue Verkabelungen unnötig machen – vorteilhaft besonders dann, wenn das Platzangebot begrenzt ist oder Sensoren an schwer zugänglichen Stellen positioniert werden. Da sie speziell für die Prozessindustrie ausgelegt sind, halten diese Wireless-Gasmonitore extremen Temperaturen und Witterungsbedingungen stand; sie sind für die Gefahrenbereiche wie CSA Division, ATEX und IECEx Zone 0 entwickelt worden. Wegen der geringeren Umsetzungskosten können Wireless-Monitore nun in Bereichen eingesetzt werden, die bisher wegen eines problematischen Einsatzorts oder kostspieliger Verkabelungsanforderungen nicht berücksichtigt wurden. So kann die Personalsicherheit erheblich verbessert werden.
Ortungssysteme für die Personalsicherheit
Ein weiteres Beispiel für die Verbesserung der Personalsicherheit in gefährlichen Umgebungen sind Personenortungssysteme. Wenn bei einem Notfall jede Sekunde zählt, kann besser auf den Vorfall reagiert und auf die Folgen eingewirkt werden, wenn man den Standort der Mitarbeiter im Gefahrenbereich kennt.
Moderne, sicherheitsorientierte Ortungssysteme für das Personal bieten die folgenden wesentlichen Funktionen:
- Mit der Sicherheitsalarmierung können verletzte Mitarbeiter eine Taste auf ihrem tragbaren Mobilgerät (Tag) bedienen, um auf einen Notfall aufmerksam zu machen und ihren Standort anzugeben.
- Geofencing zeigt, ob sich Einzelpersonen in einem Bereich aufhalten, den sie aufgrund gefährlicher Bedingungen nicht hätten betreten dürfen.
- Die Sammelpunkt-Ortung zeigt Ersthelfern, dass sich die Personen in der Anlage während einer Übung oder bei einem tatsächlichen Notfall in einen gekennzeichneten Sicherheitsbereich begeben haben.
- Alarme bei fehlender Aktivität helfen bei der Feststellung eines Sturzes oder anderen Notfalls, wenn die Person sich nicht bewegt.
In Industrieumgebungen gibt es viele Hindernisse für den Einsatz von Sicherheitsortungssystemen – hohe Temperaturen, gefährliche Bedingungen, große Bauten auf riesigen Flächen. Damit die Anlagenbetreiber von den genannten Anwendungsfällen profitieren können, muss das System eine räumliche und zeitliche Auflösung aufweisen, die für Notfallmaßnahmen ausreichend ist. Das bedeutet, dass Ortungssensoren kostengünstig und an jedem Ort einfach anzuwenden sein müssen – an entferntesten Bohrlöchern, in riesigen Tanklagern oder auf in großer Höhe gelegenen Wartungsbühnen.
In der Vergangenheit bedeutete die Positionierung von Sensoren auch Investitionen in teure Industrie-Router, damit die Daten wie gewünscht gesendet wurden. Zu den Anschaffungskosten kommt die Herausforderung der Verkabelung mit dem System – wiederum in möglicherweise schwer zugänglichen Bereichen. Mobilfunksysteme auf GPS-Basis sind für Sicherheitszwecke auf externe Netzwerke angewiesen und kämpfen in dichten Infrastrukturen mit der Zuverlässigkeit der Ortung.
Ortungsinfrastruktur für die Prozessindustrie
Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Viele Anlagen betreiben bereits WirelessHart-Netzwerke zur Erfassung von Daten anderer Messumformer und Systeme. In vielen Fällen sind diese Netzwerke mit Software-Frameworks verbunden, wo die Daten analysiert werden. Dieselbe Netzwerkarchitektur kann auch als Host für ein sicheres Ortungssystem genutzt werden.
Ein gutes Ortungssystem, das das Triangulationsverfahren verwendet, erfordert Basisstationen (Anchor) und mobile Geräte (Tags). Die tragbaren und aufladbaren Tags kommunizieren über batteriebetriebene Anchor zum WirelessHart Gateway, das an die Visualisierungssoftware gekoppelt ist. Ein Server für die Benutzerschnittstelle sowie ausreichende WirelessHart-Gateway-Kapazitäten müssen vorgehalten werden. Als mobile Schnittstelle mit dem Ortungssystem in der gesamten Anlage kann auch zusätzlich das Anlagen-WLAN bereitgestellt werden, so dass Tablets, Mobiltelefone oder andere intelligente Geräte für die Reaktion auf Notfälle oder Alarme genutzt werden können.
Diese Anchor sind klein (Durchmesser < 15 cm), leicht (< 0,5 kg) und bis zu fünf Jahre batteriebetrieben. Sie erfüllen zusammen mit den Tags den Klassifizierungsstandard, der in der gesamten Anlage anzuwenden ist, Class 1/Div 1 Zone 0. Sie sind wartungsarm, haben eine lange Batterielebensdauer und sind einfach zu installieren, so dass ein Anlagenbetreiber seine gesamte Anlage abdecken kann. Das Kommunikationsnetzwerk ist selbstorganisierend und kann sich ohne Störung an Zustandsänderungen anpassen.
Die zur Nutzung dieses Systems notwendige Software-Plattform bietet Funktionen wie Geofencing, Sammelpunktortung sowie Sicherheitsalarme und ist dank eines optimierten und benutzerfreundlichen Pakets sofort einsatzbereit. Die Software-Plattform umfasst neben dem Ortungs-User-Interface noch andere interoperable Anwendungen zur Überwachung von Wärmetauschern, Kondensatabscheidern, Überdruckventilen, Kühltürmen, Rohrkorrosion etc. All das sorgt für eine kostengünstige und einfach umzusetzende Lösung, um das Personal in einer großen Anlage mit vielen möglichen Gefahren zu schützen.
Fazit
Bestehende Netzwerke, die ursprünglich für die Überwachung der Messinstrumentierung konzipiert wurden, können zusätzlich auch ein Ortungssystem und eine Überwachung von giftigen Gasen unterstützen. Diese Erweiterung kann als ein selbstverständlicher Teil der ständigen digitalen Weiterentwicklung einer Anlage betrachtet werden. Durch den Ausbau analytischer Fähigkeiten mit dem Ziel der Verbesserung des Anlagenbetriebs und der Personalsicherheit ist die Investition in Ortungsgeräte, Basisstationen und Gasmonitore für toxische Gase lohnenswert.
Autor: Ralf Küper-Rampp, Senior Technical Consultant & Strategic Accounts, Emerson Automation GmbH & Co. OHG, Langenfeld
„Bestehende Netzwerke können auch für Ortungssysteme und eine Überwachung von giftigen Gasen genutzt werden.“