Mechanische Verfahrenstechnik

Vertikale Integration bei Nedmag Industries

FDT-Technologie eröffnet zentralen Zugriff auf alle Instrumente. Die Anlagen des niederländischen Chemieunternehmens Nedmag Industries sind historisch gewachsen. Im Laufe der Zeit entstand über alle Ebenen ein bunter Automatisierungsmix aus diversen Steuerungen, Prozessleitsystemen, Remote I/Os sowie Feldgeräten jeglicher Art und Herkunft. Zudem nutzen die einzelnen Komponenten verschiedene Kommunikationsprotokolle und Geräteintegrationstechnologien. Die vertikale Integration – eine echte Herausforderung. Sie gelang mit Hilfe der FDT-Technologie, einer äußerst vielseitigen Rahmenapplikation und einem cleveren Gateway. Die durchgängige Lösung spart Geld über den kompletten Lebenszyklus der Anlagen und eröffnet den Weg zu effizientem Asset Management.

Der Rohstoff, den Nedmag Industries Mining and Manufacturing verarbeitet, kommt tief aus der Erde. Im Norden der Niederlande liegen 1.500 m unter der Oberfläche Magnesiumchlorid- Salzlagen bester Qualität. Rund eine halbe Mio. t davon extrahiert das Unternehmen jedes Jahr. Shell baute den Standort 1979 wegen seiner großen Gasvorkommen auf und stieß dabei unverhofft auf die weltweit einzigartigen Salzformationen. 1994 verkaufte der Petrochemie-Konzern die Mine und das dazugehörige Werk an verschiedene Shareholder. Seitdem firmiert das Chemieunternehmen unter dem Namen Nedmag. 2001 erweiterten die Magnesiumspezialisten ihre Produktion um die benachbarte Calciumchloridproduktion.

Nedmag ist der führende Anbieter von hochreinem, synthetischen „Dead Burned Magnesiumoxid“ (DBM) in Europa. Das Unternehmen beschäftigt rund 160 Mitarbeiter. Im letzten Jahr erwirtschaftete es mit dem Verkauf von DBM, Magnesium- und Calciumchlorid, in Lösung oder als Feststoff, einen Umsatz von über 75 Mio. €. Das bei hohen Temperaturen gesinterte Magnesiumoxid wird bei der Stahlund Zementherstellung eingesetzt. Magnesium- und Calciumchlorid finden Verwendung bei der Öl- und Gasförderung oder dienen in der Landwirtschaft als Futtermittelzusatz. Im Winter halten sie die Straßen frei von Eis oder binden in heißen Ländern wie Saudi Arabien den Staub auf den Straßen uvm.

Konzept mit Zukunft

Als Wim Zomer, Abteilungsleiter Technische Automatisierung bei Nedmag, ins Unternehmen kam, dauerte es bei einer Störung zwei Tage, bis die Anlage wieder in Betrieb gehen konnte: „Das kostet so viel Geld, dass es effektiver ist, zu investieren, um die Anlage am Laufen zu halten. Und das haben wir hier gemacht.“ In den letzten Jahren hat das Unternehmen kontinuierlich pro Jahr 8 bis 10 Mio. € in neue Projekte und die Modernisierung der Automatisierung der Anlagen investiert.

Das nächste große Ziel des Abteilungsleiters: Bis er in fünf Jahren in Rente geht, will er die uneinheitliche Automatisierung der drei verschiedenen Produktionsanlagen, Nedmag (Trockenund Nassteil) und Calmag unter einen Hut bringen. In Zukunft will das Unternehmen von einem einzigen Server aus alle 4.000 intelligenten Hart-Geräte erreichen, lesen sowie warten können und irgendwann modernes Asset Management betreiben.

„Als erstes haben wir uns auf Hart festgelegt. Bei dieser Technik wollen wir bleiben. Inzwischen ist ein Drittel unserer Geräte intelligent“, erläutert Zomer. „Die große Idee war, alle Geräte zentral zugänglich zu machen. Ich hatte ein Konzept im Kopf, mit dessen Umsetzung wir noch eine Weile beschäftigt sein werden.“ Um zu sehen, wie sie ihre Automatisierung am besten weiterentwickeln können, begann sein Team sich bei verschiedenen Lieferanten umzuhören und hat letztendlich ein halbes Dutzend Software-Pakete zur Geräteintegration evaluiert. Dabei spielte die Technologie zur Geräteintegration zunächst keine Rolle. Das Ergebnis: Die Niederländer kamen zu dem Schluss, dass die FDT-Technologie die bessere Lösung für sie ist. Vor allem, weil sie im Vergleich zu EDD-basierten Applikationen deutlich einfacher in der Handhabung ist.

Vor 1999 hatte Nedmag einen eigenen technischen Dienst, die Mitarbeiter arbeiteten oft 20 Jahre lang im Betrieb, kannten jedes Gerät. Heute ist der technische Service ein separates Unternehmen, dieses Fachwissen wurde somit ausgegliedert. Zudem wechselt das Personal viel häufiger als früher. „Trotzdem müssen auch relativ unerfahrene Mitarbeiter die Technik verstehen und die neue Technologie wirklich nutzen. Erst dann fängt man an Kosten zu sparen“, betont Zomer. Wenn jemand aus der Instandhaltung in die Anlage geht, ist er schnell zwei, drei Stunden unterwegs. Bei 50 – 60 °C im Bereich des Trockenofens keine angenehmen Arbeitsbedingungen. Staub, aggressive Medien und Ablagerungen erschweren das Arbeiten. Außerdem sitzen viele Geräte an schwer zugänglichen Stellen in mehreren Metern Höhe. „Das kostet richtig Geld, zu viel Geld. In Zukunft wollen wir es besser machen. Mit der FDT-Technologie können wir die Verfügbarkeit steigern und die Zahl der Stillstände reduzieren“, so Zomer. „Wenn eine der Teilanlagen einen Tag ausfällt, kostet uns das 30.000 €.“

Mehrwert vom Anfang bis zum Ende

Neben der Bedienfreundlichkeit, spielten für Nedmag noch andere Aspekte eine Rolle. So sollte in der FDT-Rahmenapplikation z. B. zwischen den Geräten und einem Laptop Punkt-zu-Punkt- Verbindungen hergestellt, die Daten auf dem Laptop ausgelesen und auf dem Server synchronisiert werden können. Das können nicht alle. Fieldmate, der Assistent für das Gerätemanagement von Yokogawa erfüllt diese Anforderung. Ein echter USP der Japaner: Das integrierte Werkzeug für das Gerätemanagement ist das erste auf dem Markt, das mit allen Geräten kommunizieren kann. Es unterstützt FDT- und DD-Technologien und macht auch zwischen Hart, Foundation Fieldbus oder Profibus keinen Unterschied. Ein Grund mehr für Nedmag sich für diese Lösung zu entscheiden. Sie erlaubt mit wenigen Klicks den uneingeschränkten Zugriff auf alle modernen Feldgeräte und eine deutlich effizientere Wartung. Dazu Zomer: „Wir Anwender wünschen uns ein einziges Konfigurationstool, über das wir alle Geräte im Feld erreichen können. Wir wollen keine speziellen und zeitraubenden, Spezialsoftwarepakte, die man nur einmal im Jahr braucht und deshalb keiner bedienen kann.“.

Die Vorteile von FDT zeigen sich schon beim Engineering. Vieles lässt sich später machen. Es ist nicht mehr so entscheidend, dass die Instrumente sofort den richtigen Messbereich haben usw. Auch bei der Inbetriebnahme profitieren die Unternehmen von der Technologie. Denn normalerweise mangelt es immer an Zeit und Leuten. Früher brauchte Nedmag zwei Techniker, um alle Instrumente zu parametrieren. Heute schafft es einer, und das noch in kürzerer Zeit. Es passiert oft, dass alles fertig ist und dann möchte jemand den Messbereich ändern. In der Vergangenheit musste das Automatisierungsteam das Gerät nochmals ausbauen und erneut kalibrieren. „Mit der Hart-Kommunikation ist das viel einfacher. Wir gewinnen viel Zeit und damit Geld. Durch die höhere Flexibilität können wir viel besser auf späte Änderungen aus der Verfahrenstechnik reagieren“, erklärt Zomer.

Übersetzer zwischen den Welten

Fieldmate erreichen die Mitarbeiter in Zukunft über ein Ethernet-Netzwerk. „Das geniale an dem Konzept ist, dass wir dafür in jedem Raum die bestehende Infrastruktur nutzen können“, sagt Zomer nicht ohne Stolz. Über eine sichere Internetverbindung können sich die Mitarbeiter seiner Gruppe sogar nachts oder am Wochenende von zuhause aus einwählen und eingreifen, wenn es notwendig ist. Um zentral auf die über Profibus angebundenen Remote I/O ET200M von Siemens zugreifen zu können, fehlte allerdings noch ein letztes Mosaiksteinchen: Ein Ethernet-Profibus-Interface. Auf einer Messe wurde zum ersten Mal ein Gateway gesichtet, das Hart-Transparenz über das Internet ermöglicht, und bestellt. Der Hersteller konnte allerdings weder Support für das Siemens Remote I/O, noch einen DTM bereitstellen. Viel Zeit ging verloren. Deshalb machte sich das Automatisierungsteam auf die Suche nach einer Gesamtlösung, sprich Gateway und Treiber aus einer Hand. Dabei stießen sie auf den Kommunikationsspezialisten Trebing & Himstedt. Der DTM für das Remote I/O ET 200 von Siemens ist als der Teil deren DTM Library sogar bereits zertifiziert. „Das Ethernet-Profibus- Interface xEPI hat ohne große Schwierigkeiten sofort funktioniert“, bestätigt Zomer. „Wenn es dieses Gateway nicht gäbe, dann könnten wir in der FDT-Rahmenapplikation keines der Remote I/Os und der angeschlossenen Geräte „sehen“. Der zentrale Zugriff wäre in weite Ferne gerückt. Es ist wichtig, dass Hart über Profibus unabhängig vom Systemhersteller zugänglich ist.“

Kosten sparende Daten

Bisher können die Automatisierungsspezialisten bei Nedmag über Hart und portable PCs erst auf einen kleinen Teil der 4.000 Instrumente zugreifen. Aber die Zahl wächst: Aufgrund der positiven Erfahrungen mit der Gerätebedienung über FDT sollen in den kommenden Jahren Schritt für Schritt weitere Anlagenteile angebunden werden.

In dem niederländischen Unternehmen laufen derzeit vier Pilotprojekte. Noch dieses Jahr will das Team die Schlagzahl deutlich erhöhen. So soll 2009 der Sinterofen für das wichtigste Produkt „Dead Burned Magnesia Oxid“ automatisiert werden. „Wenn wir heute sagen, wir wollen Asset Management machen, dann geht das nicht von heute auf morgen. Das Entscheidende ist, dass man den ersten Schritt in die Zukunft wagt“, unterstreicht Zomer. „Mit den umfassenden Informationen, die intelligente Geräte liefern kommen auch die Kosteneinsparungen.“ So lassen sich z. B. Parameter vergleichen und der Kühlwasserverbrauch ablesen. Steigt er, dann heißt das, dass der Kühler schmutzig ist und in der nächsten Nacht gereinigt werden muss. Effizientes Life Cycle Management bedeutet das richtige Maß an Wartung, nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Die FDT-Technologie, Fieldmate von Yokogawa und das xEPI von Trebing & Himstedt machen es möglich.

Dr. Christine Eckert, freie Journalistin

Kontakt:
Nedmag Industries Mining & Manufacturing
B.V., Veendam (Niederlande)
Ir. W.H.M. Zomer, Head Technical Automation
Tel.: 0031/598-651230
w.zomer@nedmag.nl
www.nedmag.nl
Trebing & Himstedt Prozessautomation GmbH
& Co. KG, Schwerin
Tel.: 0385/39572-0
info@t-h.de
www.t-h.de
Yokogawa Deutschland GmbH, Ratingen
Tel.: 02102/49 83-0
info@de.yokogawa.com
www.yokogawa.com/de

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