Personal & Karriere

Lernen am Arbeitsplatz

Digitale Tools und Lerninhalte fördern integriertes und informelles Lernen

20.03.2017 -

Eine lernende Organisation, die anpassungsfähig auf äußere und innere Reize reagiert, ist das Ziel jedes Unternehmenslenkers. Doch was fördert schnelle und effektive Lernprozesse in Unternehmen? Und welchen Beitrag können eine moderne Personalentwicklung oder digitale Lernangebote und dazu leisten? Dr. Andrea Gruß sprach darüber mit Dr. Detlef Klomfass, Geschäftsführer von CrossKnowledge, einem Unternehmen der Wiley-Familie mit Sitz in Köln.

CHEManager: Welche Veränderungen beobachten Sie bei den Lernprozessen in Unternehmen?

Dr. D. Klomfass: Die Art und Weise, wie Menschen lernen, verändert sich. Zum einen aufgrund der zunehmenden Internationalisierung innerhalb der Unternehmen, zum anderen aufgrund des Einsatzes neuer - auch mobiler Technologien - präferiert von vielen jungen Arbeitnehmern. Das sogenannte Push-Lernen – nach vorgegebenen Lehrplan und Inhalten – wird zunehmend ergänzt bzw. auch abgelöst durch informellere Lernprozesse, bei denen Mitarbeiter sich die von ihnen gewünschten Inhalte selbst besorgen und sich untereinander austauschen. Studien zeigen, dass Arbeitnehmer heute 70-80 % ihrer beruflichen Kompetenzen durch informelles Lernen erwerben.

Darüber hinaus sind Mitarbeiter heute immer weniger bereit, sich von ihrem Arbeitsplatz für einen Weiterbildungskurs physisch zu trennen. Sie fordern, dass dieser zu einem Ort wird, an dem sie auch gleichzeitig gefördert werden. Viele Arbeitnehmer betrachten Weiterbildung als einen wesentlichen Bestandteil ihrer Arbeit und wünschen sich, dass die Trennung zwischen Arbeit und professioneller Weiterentwicklung verschwindet.

Und wie sieht die Realität der Weiterbildung in den Unternehmen aus?

Dr. D. Klomfass: Aktuell werden Mitarbeiter noch sehr häufig in Präsenzveranstaltungen weitergebildet. Trainer kommen ins Unternehmen oder Mitarbeiter werden zu Veranstaltungen geschickt, die weit entfernt in einem Hotel, auf einer Burg oder auch in Business-Schulen stattfinden. Viele Teilnehmer der Weiterbildungen haben noch kein oder nur ein geringes Wissen zum Schulungsthema und werden dann in kurzer Zeit auf 100 % dessen hochgepuscht, was sie lernen sollen beziehungsweise der Trainer glaubt, vermitteln zu können. Nach 30 Tagen fällt ihr Wissen wieder auf einen Prozentsatz von 20-30 %. Diese Form des Lernens ist leider nicht effektiv.

Wie lässt sich ein nachhaltigerer Lernerfolg erzielen?

Dr. D. Klomfass: Durch integriertes Lernen: Beim sogenannten Blended Learning werden traditionelle Präsenzveranstaltungen und moderne Formen des E-Learning didaktisch sinnvoll verknüpft. Die Führungskraft absolviert zum Beispiel zunächst eine digitale Lerneinheit und kommt so vorbereitet zum verkürzten Präsenztraining, das dann wiederum in einem E-Learning nachbreitet werden kann. Auch im rein digitalen Lernen lassen sich unterschiedliche Lernformate kombinieren.

Das klingt nach einem sehr strukturierten Lernprozess…

Dr. D. Klomfass: Ja, für diese Push-Lernangebote beziehungsweise strukturierten Weiterbildungsmaßnahmen werden derzeit noch etwa 80 % des Budgets aufgewendet, und das, obwohl sie, wie eingangs erwähnt, weniger nachhaltig zum Lernerfolg der Mitarbeiter beitragen.

Mit welchen Maßnahmen können Unternehmen informelles Lernen fördern?

Dr. D. Klomfass: Die Digitalisierung bieten hier sehr viele Möglichkeiten, informelle und partizipative Formen des Lernens zu fördern. Ich denke hier zum Beispiel an Communities oder sogenannte Learning Channels. In diesen Trainingskanälen können Mitarbeiter eigene Materialien hochladen, sie können Fragen stellen, Diskussionen anstoßen und auch Beiträge anderer bewerten.

Auch Tools wie Yammer unterstützen den unternehmensweiten informellen Austausch. Oder LinkedIn: Auch hier ist ein zielgerichteter Austausch möglich.

Über Communities können Sie sich im Arbeitsalltag – wenn Sie zum Beispiel gerade eine Präsentation oder ein Training vorbereiten – Informationen genau nach Ihren Bedürfnissen, schnell und situativ beschaffen. Meist ist auch die Qualität der Inhalte besser, denn Sie erreichen direkt die Experten für ein relevantes Thema.

Ein erfolgreicher informeller Austausch setzt voraus, dass eine ausreichend große Zahl an Mitarbeitern auf diesen Plattformen aktiv ist. Wie können Unternehmen dies steuern?

Dr. D. Klomfass: Mitarbeiter beteiligen sich an einer Community, wenn sie einen persönlichen Nutzen davon haben, durch den Zugang zu guten Inhalten oder durch einen zeitlich und inhaltlich selbstgesteuerten Lernprozess ihre eigene Leistung steigern können. Auch Gamification kann den Spaß am Lernen erhöhen und dazu motivieren, die Inhalte zu nutzen. Eine weitere, zwingende Voraussetzung ist jedoch die Verfügbarkeit qualitativ sehr hochwertiger Inhalte von Experten in den jeweiligen Gebieten.

Wie lässt sich die Effektivität von Lernangeboten messen?

Dr. D. Klomfass: Unternehmen können spezifische Leistungskennzahlen, KPIs, für die Effizienz des Lernens entwickeln und zum Beispiel den Anteil des genutzten Budgets, die Zufriedenheit der Teilnehmer, die Trainingsstunden pro Mitarbeiter, die Zahl der angebotenen Programme, die Zeit bis zum Erreichen der gewünschten Kompetenz und andere Indikatoren messen. Jan Rijken, Leiter des CrossKnowledge Learning Institutes und früherer Chief Learning Officer von KPMG, hat basierend auf zahlreichen Experteninterviews einen Rahmen für einen jährlichen Learning & Development Report mit hilfreichen Parametern für das Messen der Erfolge von Corporate Learning entwickelt. Dabei wird der Erfolg nach einem Modell bewertet, das neben den klassischen Präsenztrainings auch die Erfolge von integriertem und informellem Lernen einbezieht.

Wo sehen Sie weitere Ansatzpunkte für erfolgreiches Lernen im Unternehmen?

Dr. D. Klomfass: In der Regel sind die Personalentwicklungsmaßnahmen in Unternehmen nicht synchronisiert mit den Unternehmenszielen. Hier muss man ansetzen. Das setzt aber zunächst ein anderes Verständnis von Personalentwicklung voraus. Viele Personal- oder Personalentwicklungsabteilungen sehen sich quasi nur als reine Dienstleister. Wenn die Business-Abteilung ruft, reagieren sie und stellen die gewünschten Trainings zur Verfügung. Ich kenne Personalentwicklungsabteilungen in Deutschland mit 20 bis 25 Mitarbeitern, die nur so arbeiten.

Dieses Selbstverständnis bei Human Resources muss sich ändern. HR muss proaktiv mit der Geschäftsführung und den Business-Einheiten zusammenarbeiten und gezielt Lerninhalte schaffen, die geschäftsrelevant sind und zum Erreichen der operativen und strategischen Unternehmensziele beitragen.

Können Sie Beispiele hierfür nennen?

Dr. D. Klomfass: Wenn Unternehmen feststellen, wir haben Schwächen beim Vertrieb in Südamerika oder im asiatischen Raum, dann können Sie das Vertriebs- oder Marketingbudget erhöhen oder die Personalentwicklung kann aktiv durch entsprechende Inhalte die Kompetenzen unterstützen, die erforderlich sind, um die Geschäftsziele zu erreichen. Das muss nicht unbedingt ein Vertriebstraining sein - die Herausforderungen können regional oder lokal in ganz anderen Bereich liegen.

Darüber hinaus kann die Personalentwicklung durch digitale Tools und Lerninhalte maßgeblich zur Agilität eines Unternehmens beitragen, und damit zur erfolgreichen Integration von Akquisitionen oder der Bewältigung von Compliance-Krisen, wie z.B. den Abgasskandal bei VW. Man erreicht zudem gleichzeitig viele Mitarbeiter innerhalb einer Organisation, und das weltweit.

Großes Potenzial sehe ich auch im Bereich der Innovation. Hier kann die Personalentwicklung durch eine enge Zusammenarbeit mit Geschäftsbereichen, der Forschung und Entwicklung dazu beitragen, mit Hilfe digitaler Tools, neue Denkweisen oder Kollaborationsmodelle zu fördern, um gezielt die Innovationskraft und damit die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens nachhaltig zu steigern.

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing