Standorte & Services

Hafen Antwerpen: Feel the Chemistry

Ein Chemiecluster mit direktem Anschluss an die ganze Welt

15.08.2016 -

Chemieanlagen und Tanklager prägen die Skyline des Hafens Antwerpen. Hier befindet sich der größte integrierte Chemiecluster Europas. Sieben der zehn größten Chemieproduzenten weltweit sowie vier Ölraffinerien sind mit eigenen Produktionsstandorten vertreten. Die Unternehmen profitieren nicht nur von den Verbundeffekten eines großen Chemieparks, sie können vielmehr ihre Produkte direkt ab Werk in Überseemärkte oder ins europäische Hinterland verteilen. Das ist es, was den Cluster so einzigartig macht.

Die Liste der produzierenden Industrie- und Tanklagerunternehmen ist lang. BASF, Evonik Degussa, Eurochem, Lanxess und Dow nutzen die Stärken des Clusters ebenso wie Air Liquide, Total Petrochemicals, Exxon Mobile und Vopak. Ihnen stehen unter anderem 7,2 Mio. m³ Tanklager- und 680.000 m³ Silolager-Kapazitäten zur Verfügung. Gut 1.000 km Pipelines sorgen für einen effizienten Stoffaustausch. Viele Unternehmen haben daher erst kürzlich in ihre Hafen-Niederlassung investiert.

Standort stärken – Prozesse optimieren

Eine internationale Kampagne unter dem Motto „Feel the Chemistry“ soll nun weitere Investoren nach Antwerpen locken. Die Hafenbehörde will damit passende Unternehmen finden, die neue Synergien schaffen. Hinzu kommt eine Studie der Abteilung „Energie und Chemie“ der Antwerp Port Authority zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Clusters.

Die strategische Lage in Europa und die trimodale Anbindung an das Hinterland standen bei den 40 befragten Unternehmen an erster Stelle für ihre Ansiedlungsentscheidung. Ebenso hoch bewertet wurden die Synergieeffekte, die Verfügbarkeit von Rohmaterialien, die effiziente Logistikplattform sowie das mehrsprachige und qualifizierte Personal. Wouter de Geest, CEO BASF Antwerpen: „Im Cluster sind industrielle und Dienstleistungsunternehmen stark vernetzt. Die gute Kooperation aller Akteure entlang der Supply Chain unterstützt die täglichen Abläufe und Geschäfte. So gewinnen Chemiehersteller neue Freiräume für ihre Unternehmensentwicklung. Zudem sind die Lage und Infrastruktur des Hafens ein wichtiger Standortvorteil.“

Hoher Grad an Vernetzung

Die für die Industrie wichtigen Verbundeffekte kommen im Chemiecluster Antwerpen entlang der gesamten Supply Chain zum Tragen – von der Rohstoffversorgung über die Produktion und das Energiemanagement bis hin zu Abfallaufbereitung oder administrativen, technischen und logistischen Dienstleistungen. „So können sich die Unternehmen auf ihre Kernprozesse konzentrieren und sparen gleichzeitig Ressourcen“, sagt Michel Leyseele, Leiter des Bereichs Oil and Chemicals der Antwerp Port Authority.

Drei Steamcracker im Hafen sorgen neben den Raffinerien für einen garantierten Rohstofffluss. Auch sind chemische Vorprodukte beispielsweise über das größte Ethylen-Terminal Europas, das INEOS Oxide in Antwerpen errichtet hat, permanent verfügbar. Hinzu kommt, dass Nebenprodukte eines Unternehmens – etwa Dampf – als Ressource von benachbarten Unternehmen genutzt werden können. Nach Angaben von Michel Leyseele werden über das hafeninterne Pipeline-Netzwerk bis zu 100 verschiedene Produkte von Unternehmen zu Unternehmen transportiert.

Ein weiterer Standortvorteil ist das sogenannte Co-Siting. Große Ansiedlungen vermieten nicht nur Teile ihres Brachlandes, sondern auch Produkte und Dienstleistungen – vom gesicherten Geländezugang über die Mitnutzung der Kantine bis hin zum Kühlwasser. Dies senkt ihre Fixkosten und zugleich die Investitionssumme eines neuen Unternehmens.

Wettbewerbsvorteil Logistik plus

Zu der hervorragenden internen Vernetzung kommen Überseeverbindungen in 1.300 Häfen weltweit sowie umfassende Hinterlandanbindung zu europäischen Chemieparks und Konsumentenmärkten. Der trimodale Zugang über Straße, Schiene und Wasser wird durch das westeuropäische Pipeline-Netz ergänzt, über das u.a. Rohöl (Rotterdam – Antwerpen), Flugzeugdiesel (zu allen großen europäischen Flughäfen), Kondensat und Naphta (Antwerpen – Geleen, NL) oder Ethylen (Antwerpen – Deutschland/Niederlande) befördert werden.

„Die hervorragende Anbindung Antwerpens garantiert uns eine verlässliche Rohstoffversorgung und Verteilung unserer Produkte zu Kunden in Europa und Übersee.“  Filip Dejongh, Managing Director EuroChem Antwerpen NV.

Auch für den sicheren und fachmännischen Umschlag chemischer und petrochemischer Gefahrgüter sowie die fachgerechte Lagerung ist durch spezialisierte Logistikunternehmen gesorgt. Zusätzliches Wertschöpfungspotenzial generieren Mehrwertdienstleistungen wie Inspektion und Analyse, Qualitätskontrolle, Etikettieren, Umfüllen aus Tankcontainern in Fässer und IBC oder die produktgerechte Verpackung. Dies alles erfolgt unter höchsten Sicherheitsstandards. Antwerpen verfügt über das größte nach SEVESO III-Standard zertifizierte Areal Europas.

Cluster mit Zukunft

In Antwerpen enden oder beginnen 10% der weltweiten maritimen Chemiegüterströme. Allein per Binnenschiff wurden im vergangenen Jahr 28 Mio. t petrochemische Produkte und 23 Mio. t Chemikalien transportiert. Viele Chemiegüter nehmen zudem ihren Weg auf der Straße oder der Schiene. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, investiert der Hafen kontinuierlich in die Infrastruktur. So treibt die Antwerp Port Authority mit Nachdruck den Aufbau einer LNG-Versorgungsinfrastruktur voran und erweitert kontinuierlich seine Hinterlandanbindungen. Erst kürzlich konnte der Hafen zudem im Beisein des belgischen König Philippe die weltweit größte Seeschleuse eröffnen.

Zusätzliche Schienenverbindungen in das Rhein-Ruhr-Gebiet gefordert

Bis 2030 rechnet Antwerpen mit einem Anstieg der Güterströme nach Deutschland um rund 50%. „Ohne einen ausreichenden Schienenausbau in das Rhein-Ruhr-Gebiet besteht die Gefahr, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie entlang des Rheinkorridors sinkt. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass in der endgültigen Fassung des Bundesverkehrswegeplans eine zusätzliche Schienenverbindung in das Rhein-Ruhr-Gebiet aufgenommen wird“, sagt Luc Arnouts, CCO der Antwerp Port Authority.
 

Nachgefragt

Weitere Integration gewünscht

Mit seiner internationalen Kampagne „Feel the Chemistry“ will der Hafen Antwerpen Investoren anlocken. Die Studie der Abteilung „Energie und Chemie“ hilft dabei, neue Synergien zu schaffen. Eddy Bruyninckx, CEO des Hafens Antwerpen, nimmt Stellung zu Hintergründen und Zielen. Die Fragen stellte Dr. Sonja Andres.

CHEManager: Wie sieht die Zukunft des Chemieclusters in Antwerpen aus?

E. Bruyninckx: Angesichts des zunehmenden Wettbewerbsdrucks und der Preissensitivität des Marktes sind Chemieunternehmen auf Prozessoptimierung angewiesen. Der Cluster im Hafen Antwerpen bietet ihnen durch die Verbundeffekte, seine gute Lage und Anbindung nach Europa und Übersee die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken sowie von Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerung zu profitieren. Diese Verbindung ist meiner Ansicht nach einzigartig.

Welche Unterstützung erfahren ansiedlungswillige Chemie- und Pharmaunternehmen?

E. Bruyninckx: Antwerpen hat Platz für weitere Unternehmen – dies ist an einem Hafenstandort in Europa keine Selbstverständlichkeit. Rund 1.000 Hektar Fläche stehen für Projekte unterschiedlicher Größe, unter anderem aus der Chemie- oder auch Pharmaindustrie zur Verfügung. Dabei achten wir auf einen optimalen Mix industrieller, maritimer und logistischer Ansiedlungen. Zudem hat die Regierung Flandern ein sehr attraktives Investitionsklima geschaffen. Die Antwerp Port Authority unterstützt und berät Unternehmen bei ihrer Ansiedlung über den gesamten Prozess.

Welche Schritte werden folgen, um den Standort weiter zu stärken?

E. Bruyninckx: Die Befragung hat gezeigt, dass es noch Entwicklungspotenziale gibt. Viele Unternehmen im Cluster wünschen sich eine weitere Integration. Als Beispiele werden etwa die Entwicklung gemeinsam genutzter Dienstleistungen wie eine zentrale Lagerhaltung für Ersatzteile, die Valorisierung von Abwärme auf Clusterebene für weiteren Effizienzgewinn oder die Aufbereitung von Nebenprodukten im Hafen als künftige Rohstoffe genannt. Darauf werden wir reagieren.

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