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Frankfurt University of Applied Sciences, Merck und Wingcopter testen Drohnenflug zwischen Werken in Gernsheim und Darmstadt

Kernaufgabe des Projekts ist es, den Transportfall werksübergreifend zu evaluieren und daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln

05.02.2020 -

In einem bundesweit einzigartigen Projekt konzipieren und testen die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), Merck und der Drohnen-Hersteller Wingcopter derzeit den Einsatz von Lieferdrohnen in der standortübergreifenden Werkslogistik. Dabei werden Pigmentproben mit einer Spezialdrohne aus dem Merck-Werk Gernsheim zum Labor im rund 25 km entfernten Stammsitz des Wissenschafts- und Technologieunternehmens in Darmstadt geflogen, wo sie zur Sicherstellung der Qualität im laufenden Produktionsprozess analysiert werden müssen. Bislang übernimmt den Transport ein Kleintransporter, der zweimal werktags die Strecke zwischen den Werken befährt. Am 5. Februar 2020 fand der offizielle Drohnen-Erstflug erfolgreich statt.

Kernaufgabe des Projekts „ProGeDa – Probentransport zwischen Gernsheim und Darmstadt“ ist es, diesen Transportfall werksübergreifend zu evaluieren und daraus ein langfristiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Dabei werden u.a. die Aspekte Zeitersparnis, Nachhaltigkeit, Kosten und Flexibilität berücksichtigt. Das Research Lab for Urban Transport (ReLUT) der Frankfurt UAS evaluiert es unter Leitung von Direktor Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, Professor für Logistik und Produktionsmanagement am Fachbereich Wirtschaft und Recht, mit Unterstützung von Keimer Aviation. Schwerpunkt des ReLUT sind die Entwicklung von wirtschaftlichen und ökologischen Lösungen für Liefer- und Frachtdienste.

Das Start-up Wingcopter hat die Spezialdrohne entwickelt, plant und führt den Flugbetrieb durch und koordiniert alle luftfahrtrechtlichen Fragen. Merck steuert den Gesamtprozess und stellt die zu transportierenden Güter. Das laufende Projekt wird im Rahmen der Förderrichtlinien Modernitätsfonds („mFUND“) mit insgesamt 107.000 Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Diese Förderung erhalten Wingcopter und die Frankfurt UAS. Wingcopter wurde für das Projekt ausgewählt, da seine Drohnen alle Eigenschaften für den Luftfrachtverkehr zwischen zwei oder mehreren Werken aufweisen: Sie können auf kleinstem Raum senkrecht starten und landen, dank ihres Schwenk-Rotor-Mechanismus aber auch größere Strecken deutlich effizienter, schneller und leiser zurücklegen als herkömmliche Multicopter.

Im Mittelpunkt des Projekts steht die Bestimmung einer optimalen Route zwischen den beiden Standorten unter Berücksichtigung verschiedenster Rahmenbedingungen (Luftfahrtrecht, Umweltschutz, geeignete Start- und Landeflächen, Bodenprozesse, Kosten etc.). Die drei Kooperationspartner gehen davon aus, dass sich der Transport per Drohne nicht nur als schneller und nachhaltiger, sondern auch als kostengünstiger und flexibler erweisen wird. „Mit diesem Projekt werden wir die Nachhaltigkeit von Drohnenflügen zu kommerziellen Zwecken im öffentlichen Raum in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – nachweisen. Wir gehen von einer weitreichenden Skalierbarkeit und Übertragbarkeit auf andere Branchen aus“, sagt Schocke.

Tom Plümmer, CEO von Wingcopter, ergänzt: „Wir haben bereits vielfach bewiesen, dass unsere Lieferdrohnen in verschiedensten, insbesondere lebensrettenden Anwendungsfällen in entlegenen Regionen diverser Entwicklungsländer einen signifikanten Vorteil gegenüber herkömmlichen, bodengebundenen Transportmitteln oder auch bemannten Luftfahrzeugen bieten. Dank dieses einzigartigen Projekts können wir zeigen, dass dies auch für kommerzielle Lieferungen in Ballungsräumen von Industrienationen gilt.“

Stefan Nowak, verantwortlicher Projektmanager bei Wingcopter, unterstreicht: „Uns ist weltweit kein anderes Projekt bekannt, bei dem Güter über eine solche Distanz und dabei außerhalb der Sichtweite per Drohne in einer Metropolregion geliefert werden – über Strom- und Zugtrassen, Autobahnen und Bundesstraßen sowie Produktionsinfrastruktur hinweg. Das Projekt markiert mit dem heutigen Flug einen Meilenstein in der Geschichte der unbemannten Luftfahrt und der intermodalen Logistik.“ Darüber hinaus stellt das Projekt hinsichtlich der luftfahrtrechtlichen Abstimmungs- und Zulassungsverfahren ein Vorbild für ähnliche Vorhaben weltweit dar.

Auch Jens Klatyk, Leiter des Merck-Standorts Gernsheim, sieht Vorteile des Projekts: „Nicht alle relevanten analytischen Parameter werden im Analytik-Labor in Gernsheim umgesetzt. Spezialuntersuchungen werden im Labor im Werk Darmstadt durchgeführt. Anstatt die Proben mit dem Auto zu transportieren, bietet der Drohnentransport die Möglichkeit einer schnelleren und staufreien Transportmöglichkeit.“ Dabei ist eine Zeitersparnis zwischen einer Stunde bis zu einem Tag möglich. Zudem können so Leerfahrten und Emissionen vermieden werden.

Auf Basis der Daten, die während der Lieferflüge und der Erhebung der Gesamtprozesse gewonnen werden, legen die Kooperationspartner nach Abschluss der Projektphase im März 2020 einen Abschlussbericht vor. Der Bericht soll darlegen, unter welchen Bedingungen der Einsatz von Drohnen in der Werkslogistik ökonomisch und ökologisch nachhaltig betrieben werden kann. Daraus werden sich Empfehlungen, mögliche weitere Anwendungsfälle und Betriebskonzepte ergeben.

Vor dem Projektstart war das Startup Wingcopter bereits im Start-up-Programm des House of Logistics and Mobility (HOLM) am Flughafen Frankfurt sowie Teil des Accelerator-Programms im Innovationszentrum von Merck. In dieser Zeit arbeitete das Team intensiv im Makerspace des Innovationszentrums und entwickelte mithilfe des Rapid-Prototyping-Labors seine vertikal startende und landende Drohne weiter. Durch den ständigen Austausch mit internen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entstand die Idee des ProGeDa-Projekts, das im weiteren Vorgehen durch den Merck Accelerator und das Innovationszentrum unterstützt und begleitet wurde. Das Projekt ist ein Beispiel für die Vielfalt an Kooperationen, die Startups im Rahmen des Accelerator-Programms von Merck initiieren können.

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