Deutscher Physiker Stefan Hell erhält Chemienobelpreis
10.10.2014 -
Der deutsche Physiker Stefan Hell erhält zusammen mit den US-Wissenschaftlern Eric Betzig und William Moerner den diesjährigen Chemie-Nobelpreis. Ausgezeichnet werden der Göttinger Forscher und seine beiden amerikanischen Kollegen für ihre Pionierarbeiten zur hochauflösenden optischen Mikroskopie, mit der sich selbst die allerkleinsten Molekülbausteine in Zellen sichtbar machen lassen. "Ihre bahnbrechenden Arbeiten haben die optische Mikroskopie in die Nanodimension geführt", begründete die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften die Entscheidung. Der Preis ist mit 8 Mio. SEK dotiert - das sind etwa 880.000 EUR. Wie alle Nobelpreise wird er am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel, überreicht.
Bislang wurde angenommen, dass es für die Sichtbarmachung kleinster Materiebestandteile in der Mikroskopie eine natürliche unüberwindliche Grenze gibt. Der deutsche Physiker Ernst Abbe war 1873 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Auflösung niemals besser werden könne als die halbe Wellenlänge des Lichts - das sind etwa 200 nm oder 0,2 µm. Kleinere Objekte ließen sich nicht mehr detailscharf abbilden. Damit galt es lange als unmöglich, etwa einzelne Komponenten innerhalb einer lebenden Zelle unter dem Mikroskop genau zu beobachten.
Genau diese Auflösungsgrenze für optische Mikroskope hätten die drei Wissenschaftler mit Hilfe fluoreszierender Moleküle durchbrochen, erklärte die Königlich Schwedische Akademie. Durch ihre Arbeiten zur ultrahochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie sei es möglich geworden, dass die optische Mikroskopie selbst kleinste Materiebestandteile sichtbar machen könne. So gelinge es inzwischen, die Bewegungen einzelner Moleküle in einer Zelle zu verfolgen. Für die Erforschung der Entstehung vieler Krankheiten wie etwa Krebs oder Parkinson bedeutet das einen wichtigen Fortschritt. Beispielsweise können inzwischen Proteine, die bei der Alzheimer und anderen Leiden eine wichtige Rolle spielen, mikroskopisch nachgespürt werden. Sogar einzelne Proteine in befruchteten Eizellen könnten mittlerweile bei der Teilung in Embryos sichtbar gemacht werden.
Hell ist derzeit Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und Honorarprofessor für Experimentalphysik an der Universität Göttingen. Geboren wurde er 1962 im rumänischen Arad. Nach dem Studium der Physik und der Promotion in Heidelberg 1990 führte ihn seine Karriere unter anderem zu Forschungszwecken an die finnische Universität Turku und an die britische Universität Oxford. Seit 2002 ist Hell Direktor und wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut. Hell leitet zudem seit 2003 die Kooperationsabteilung Optische Nanoskopie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.
"Es ist sehr, sehr wichtig zu verstehen, wie die Zelle arbeitet und was falsch läuft, wenn die Zelle erkrankt", sagte Hell in einer Telefonkonferenz, nachdem ihn die Nachricht vom Nobelpreis erreichte. Die Entscheidung habe ihn "total überrascht". Auf einer Presskonferenz am Nachmittag sagte er, den Preis habe er dafür erhalten, dass er entdeckt habe, wie mit einem Fluoresenzlichtmikroskop Details viel schärfer gesehen werden können als was man 100 Jahre lang geglaubt habe. "Und es ist wichtig, um zum Beispiel in lebenden Zellen die Proteinverteilung zu sehen, die man vorher nicht sehen konnte."