Studiengang Wirtschaftschemie – etabliert und erfolgreich
Absolventen sind am Arbeitsmarkt gefragt und haben vielfältige Perspektiven, Studienpreis 2012 vergeben
Dieser zum vierten Mal vergebene Preis zeichnet hervorragende Studienleistungen im Studienfach Wirtschaftschemie aus und wurde dieses Jahr am 10. Oktober in Essen im Rahmen der VCW Konferenz „Perspektiven der Chemiewirtschaft 2025" vergeben.
Durch ihre individuellen Werdegänge und ihre herausragenden Studienleistungen belegen die drei Preisträger in eindrucksvoller Art und Weise, dass der Studiengang „Wirtschaftschemie" hervorragend qualifizierte und am Arbeitsmarkt gefragte Absolventen hervorbringt und sich so als Erfolgsmodell etabliert hat.
Wirtschaftschemie - viele gute Gründe sprechen dafür
Die Wertschöpfung in der chemischen Industrie und benachbarten Branchen ist durch hohe Forschungsintensität, komplexe Prozesse und ein Zusammenwachsen der Fachdisziplinen gekennzeichnet. Da die Vernetzung der Unternehmensfunktionen an Bedeutung gewonnen hat, wächst in der Chemieindustrie auch der Bedarf an ausgebildeten Fachkräften, die sowohl ein Grundverständnis für die chemischen Zusammenhänge als auch fundierte Kenntnisse der Betriebswirtschaft haben.
Wirtschaftschemiker beherrschen das Management dieser fächerübergreifenden Rahmenbedingungen, weil sie sowohl in Chemie als auch in Wirtschaftswissenschaften ausgebildet sind. Die Sprache beider Welten - sowohl des forschungsorientierten Laborchemikers als auch des zahlenorientierten Managers - zu sprechen und die Fähigkeit, (nicht nur) zwischen diesen beiden Welten zu vermitteln, macht Wirtschaftschemiker daher in vielen Unternehmen zu einem wertvollen Teil des Talent-Pools. Sie bewegen sich auf dem Stand der Forschung in Chemie und kennen die derzeitige Entwicklung in den Naturwissenschaften. Da sie ebenso mit modernen Managementkonzepten vertraut sind, können sie in Unternehmen Schlüssel- und Schnittstellenpositionen für die erfolgreiche Kommerzialisierung chemischer Erkenntnisse einnehmen. Zusätzlich zu den Schlüsselqualifikationen und Fähigkeiten, die „reine" Betriebswirte und „reine" Chemiker besitzen, entwickeln sie während ihres Studiums Kompetenzen des Transferdenkens, des Koordinierens sowie die Fähigkeit, über den Tellerrand des eigenen Fachgebiets schauen zu können.
Erfolgsmodell in unterschiedlichen Ausprägungen
Insgesamt sechs Universitäten (Düsseldorf, Kaiserslautern, Kiel, Münster, Ulm und Zürich) und eine Fachhochschule (Hochschule Fresenius, Idstein) bieten einen Studiengang „Wirtschaftschemie" im deutschsprachigen Raum an - aber mit durchaus unterschiedlichen Ausprägungen und Schwerpunktsetzung: An fast allen erwähnten Hochschulen ist mittlerweile - im Zuge des Bologna Prozesses - die Umstellung vom traditionellen Diplomstudiengang zu den Bachelor- und Masterstudiengängen vollzogen. An der Universität Kaiserslautern ist die Phase der Umstellung noch im Gange und die Einführung des Bachelorstudiengangs für das Wintersemester 2013/14 anvisiert.
An der überwiegenden Mehrzahl aller genannten Hochschulen (in Düsseldorf, Idstein, Kaiserslautern, Kiel, Ulm und Zürich) sind die Studiengänge nach dem so genannten „Bändermodell" ausgestaltet, d.h. sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium werden Chemie und Wirtschaftswissenschaften gelehrt. Der curriculare Anteil an Wirtschaftswissenschaften ist hierbei nicht einheitlich und variiert hierbei etwa im Bachelorstudiengang zwischen knapp über 20% (etwa in Ulm) bis hin zu 40% (etwa in Düsseldorf). An allen diesen Hochschulen, welche diesem „Bändermodell" folgen, ist der Erwerb des „Bachelors of Science" in Wirtschaftschemie möglich.
An der Universität Münster wird ein Masterstudiengang „Wirtschaftschemie" angeboten, welcher der Logik des so genannten „konsekutiven Modells" folgt: Dieser viersemestrige Masterstudiengang ist durch eine enge Verzahnung von Studieninhalten aus Chemie und Betriebswirtschaftslehre charakterisiert und richtet sich an Studierende, die nach einem Bachelorstudium der Chemie den „Master of Science" in Wirtschaftschemie erwerben möchten.
In den verschiedenen Studiengängen der Wirtschaftschemie sind knapp 900 Studierende eingeschrieben. An einzelnen Studienorten ist die Nachfrage nach Studienplätzen deutlich größer als das Angebot. Für das laufende Wintersemester standen in Düsseldorf etwa 70 Plätze für Studienanfänger mehr als 500 Bewerbungen gegenüber - die Studienanfänger kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. In Kiel und Düsseldorf wurde daher im Zuge des Zulassungsverfahrens ein Numerus Clausus (NC) eingeführt.
Vielfältige Perspektiven für Absolventen
Ziel des Studienfachs Wirtschaftschemie ist die methodisch anspruchsvolle und zugleich berufsbezogene Ausbildung, die Absolventen befähigt, in unterschiedlichsten Berufsfeldern der Chemischen und Pharmazeutischen Industrie tätig zu werden. Prof. Jens Leker (Universität Münster) kann vielfältige Beispiele für Einsatzgebiete seiner Absolventen nennen: „Wer in der chemischen, pharmazeutischen oder Biotech-Industrie arbeiten möchte, kann im F&E-Management, im Marketing oder Controlling einsteigen. Eine Aufgabe kann die Technologiebeschaffung sein: Soll das Unternehmen selbst entwickeln, zukaufen oder kooperieren? Wirtschaftschemiker können gleichermaßen die Marktattraktivität eines neuen Produktes wie auch die technologische Stärke des eigenen Unternehmens beurteilen. Daher können Wirtschaftschemiker im Unternehmen solche Entscheidungen vorbereiten".
Ein anderer Einstiegsweg ist das Beratungsgeschäft. Hier zählt Breitenwissen über die ganze Branche. Aber auch die Details sind entscheidend, wenn Prozesse bewertet werden sollen: Sind diese ersetzbar oder Kernkompetenz des Unternehmens? Dazu braucht man schon solides Wissen aus beiden Fachrichtungen."
Auch Prof. Walter Frank (Universität Düsseldorf) weiß viel Positives über den Verbleib seiner Absolventen zu berichten: „Von den nunmehr über 100 Wirtschaftschemieabsolventinnen und -absolventen aus Düsseldorf sind heute viele in großen und in mittleren Unternehmen der Chemiewirtschaft und verwandter Sparten wie z.B. BASF, Bayer, Evonik, Henkel, Merck, 3M, Mitsui, SGL Carbon, Brenntag oder Giulini tätig. Auch namhafte Beratungsunternehmen haben zahlreiche Düsseldorfer Absolventen eingestellt".
Die Preisträger des Jahres 2012
Der mit 1.000 € dotierte Studienpreis Wirtschaftschemie wird jährlich für exzellente Studienleistungen im Fach Wirtschaftschemie im deutschsprachigen Raum vergeben. Die drei Preisträger 2012 zeichnen sich gleichermaßen durch herausragende Studienleistungen im gesamten Studienverlauf und ein beeindruckendes außercurriculares Engagement aus - sei es in Form von Praktika bei namhaften Industrie- und Beratungsunternehmen, durch Auslandsaufenthalte oder außeruniversitäres Engagement. In ihren jeweiligen wirtschaftschemischen Studiengängen haben sie eine Ausbildung erhalten, die sowohl forschungsorientiert, als auch praxisnah war. Sie haben chemische Forschung miterleben können - z.B. durch anwendungsorientierte Forschungspraktika zu Themen wie Biochemie oder Elektrochemie. Gleichzeitig hatten sie durch Fallstudien, Praxisvorträge und die Interaktion mit Managern der Chemieindustrie die Möglichkeit, einen Einblick in die praktische Tätigkeit eines Managers oder einer Managerin zu bekommen. Wir stellen die Preisträger 2012 in CHEManager in Form von drei Kurzportraits vor.
Julia Wagner, Universität Düsseldorf
Was reizt(e) Sie an der Wirtschaftschemie?
Julia Wagner: Eine große Herausforderung im Studium der Wirtschaftschemie sehe ich in der Verbindung zweier doch sehr unterschiedlicher Studiengänge. Dabei stellt man sich nicht nur inhaltlich sehr vielfältig auf, sondern lernt auch, Sachverhalte aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und alternative Lösungsideen zu generieren.
Womit beschäftigte sich Ihre Abschlussarbeit?
Julia Wagner: Neben den Themen Organisation und Personal interessierte mich am meisten das Gebiet der Biochemie. Dort fertigte ich auch meine Diplomarbeit zum Thema „Analyse der Phosphorylierung des ABC-Transporters Pdr5" an. Ich beschäftigte mich mit dem Phänomen der Pleiotropen-Drogenresistenz und untersuchte den Einfluss der potentiellen Phosphorylierung einiger Aminosäurereste von Membranproteinen auf das Resistenzverhalten von Hefezellen gegen eine Vielzahl chemisch und strukturell nicht verwandter Xenobiotika.
Was machen Sie jetzt beruflich?
Julia Wagner: Seit etwa drei Monaten bin ich im strategischen HR-Bereich von BP tätig.
Wie relevant ist das im Studium Gelernte für Ihre jetzige berufliche Tätigkeit?
Julia Wagner: Die Inhalte meines betriebswirtschaftlichen Schwerpunktes „Unternehmensführung, Organisation und Personal" kann ich so direkt anwenden und mich auf vielfältige Weise weiterentwickeln. Besonders wichtig bei der Wahl meines Berufseinstiegs war mir der chemische Hintergrund des Unternehmens. Durch mein Chemiestudium kann ich nicht nur die Abläufe in den Raffinerien verstehen, sondern profitiere auch stark von der erlernten strukturierten und organisierten Denk- und Arbeitsweise.
Weitere Stichpunkte: Abschlussnote 1,0 („mit Auszeichnung"); Stipendiatin der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Praktika im Bereich HR bei Altana und Bayer.
Christian Blaszkewicz, Universität Münster
Was reizt(e) Sie an der Wirtschaftschemie?
Christian Blaszkewicz: Wirtschaftschemie verband sowohl mein Interesse an der Chemie als auch an Betriebswirtschaftslehre. Die interdisziplinäre Ausbildung ermöglicht verschiedene Blickwinkel auf Problemstellungen, die optimal auf eine Tätigkeit in der chemischen Industrie vorbereitet. Sie schlägt eine Brücke zwischen Chemikern in Forschung und Entwicklung. Von Forschung und Entwicklung bis zum Vertrieb sind die Grundlagen vorhanden, um die Prozesse in den entsprechenden Abteilungen zu verstehen und zu gestalten.
Womit beschäftigte sich Ihre Abschlussarbeit?
Christian Blaszkewicz: Meine Abschlussarbeit habe ich in Zusammenarbeit mit der chemischen Industrie angefertigt. Dabei ging es um die (Weiter-)Entwicklung einer Marketing-Strategie für ein chemisches Produkt.
Was machen Sie jetzt beruflich?
Christian Blaszkewicz: Ich bin seit März als Unternehmensberater tätig und arbeite dort auf Projekten in der chemischen Industrie.
Wie relevant ist das im Studium Gelernte für Ihre jetzige berufliche Tätigkeit?
Christian Blaszkewicz: In den meist kaufmännischen Projekten ist eine gute Basis an Kenntnissen im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich unerlässlich. Bei Projekten in der chemischen Industrie kann ich zudem davon profitieren, dass ich für die Produkte und Produktionsprozesse ein höheres Verständnis aufbringe als "fachfremde" Kollegen. Auch analytische Kompetenzen und die strukturierte Arbeitsweise aus dem Chemiestudium sind bei der täglichen Arbeit sehr hilfreich.
Weitere Stichpunkte: Auslandssemester an der San Diego State University; verschiedene Praktika bei unterschiedlichen Unternehmen der Chemiebranche (interne Beratung) und einem Beratungsunternehmen; Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes
Steffen Hartung, Universität Ulm
Was reizt(e) Sie an der Wirtschaftschemie?
Steffen Hartung: Die Kombination von Chemie und Wirtschaft bietet die Möglichkeit, zwei komplett unterschiedliche Themengebiete und Sichtweisen zu kombinieren und somit Zusammenhänge ganzheitlich zu verstehen. Mein Lieblingsfach war Physikalische Chemie, da man sich mit der zu Grunde liegenden Logik auch unbekannte Aspekte erschließen kann.
Womit beschäftigte sich Ihre Abschlussarbeit?
Steffen Hartung: Meine Abschlussarbeit verfasste ich bei ‘TUM CREATE Centre for Electromobility‘ in Singapur, an der Schnittstelle von Forschung und Wirtschaft. Ich beschäftigte mich mit der Erarbeitung eines Modells zur Evaluation der Performance von Forschungsprojekten. In einem zweiten Schritt wurde dieses Modell auf TUM CREATE angewandt.
Was machen Sie jetzt beruflich?
Steffen Hartung: Momentan strebe ich eine Promotion bei TUM CREATE an, einem Projekt der TU München in Singapur. Innerhalb dieses Projektes, das neue Elektromobilitätskonzepte untersucht, forsche ich im Bereich Energiespeicherung an neuen Batterietechnologien.
Wie relevant ist das im Studium Gelernte für Ihre jetzige berufliche Tätigkeit?
Steffen Hartung: Das Themengebiet Batterien bzw. Energiespeicherung war vor Beginn meiner Promotion neu für mich. Die im Laufe meines Studiums erlernte Methodenkompetenz ist bei der Bearbeitung dieses Themas von großer Hilfe. Vor allem die im chemischen Teil erlernten Zusammenhänge und Denkweisen sind sehr relevant für meine jetzige Tätigkeit. Darüber hinaus hilft mir mein Wirtschaftshintergrund, den möglichen kommerziellen Erfolg von neuen Technologien oder Konzepten einzuordnen.
Weitere Stichpunkte: Auslandssemester an der Carleton University in Ottawa; Diplomarbeit in Singapur; Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes; Praktika bei Bayer, BASF, Siemens Management Consulting.
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Vereinigung für Chemie und Wirtschaft (VCW)
Die Vereinigung für Chemie und Wirtschaft (VCW) existiert seit 2002 als eigenständige Fachgruppe der GDCh und ist aus der 1999 gegründeten Arbeitsgemeinschaft für Chemie und Wirtschaft hervorgegangen. Sie hat sich die Verbindung von Naturwissenschaften, insbesondere Chemie, und Wirtschaftswissenschaften und die Ausbildung eines internationalen „chemiewirtschaftlichen" Netzwerks zum Ziel gemacht. Zum Kreis ihrer Mitglieder zählen Personen, die beruflich oder anderweitig ein Interesse an der Schnittstelle von Chemie und Wirtschaft haben und die VCW als ein Diskussionsforum für aktuelle chemiewirtschaftliche Fragestellungen nutzen wollen.
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