Preisbindung im globalisierten Geschäftsumfeld
Risiken volatiler Märkte bewältigen durch Big-Data-Analysen
Schulden- und Bankenkrise in der EU, drohende Staatspleiten und Rezession in Südeuropa: Die chemische Industrie in Deutschland muss sich in diesem Jahr gegen schwierige Marktentwicklungen behaupten. Sorgen bereiten vor allem steigende Rohstoffkosten, die auf die Gewinnmargen drücken.
Gerade in turbulenten Zeiten wie diesen ist es für Führungskräfte entscheidend, den Durchblick zu behalten und kurzfristig auf gestiegene Rohstoffpreise, explodierende Energiekosten und Währungsschwankungen reagieren zu können.
In vielen Unternehmen fehlen aber die dafür erforderlichen Big-Data-Lösungen, um das Datendickicht volatiler Märkte durchleuchten zu können.
Laut Berechnungen des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt blieb die Chemieproduktion in der ersten Jahreshälfte 2012 rund 4% unter dem Vorjahresniveau. Für viele Analystenhäuser und Marktforschungsinstitute kommt diese Entwicklung nicht überraschend. So hatte PricewaterhouseCoopers (PwC) bereits zu Anfang des Jahres vor schwierigen Fahrwassern und einem schlechten IPO-Klima (Initial Public Offering) in Europa gewarnt. Das volatile Marktumfeld erschwere es allen Beteiligten, ihre eigenen Markteinschätzungen in den Griff zu bekommen, analysierten die Wirtschaftsprüfer. Alle Beteiligten der Wertschöpfungskette müssten deshalb flexible Instrumente nutzen, die sich sukzessive aufbauen und bedarfsgerecht einsetzen lassen.
Rohstoffkrise im Mittelstand
Insbesondere die Euro-Schuldenkrise und Rezessionsängste prägen das Geschäftsklima in Europa. Hinzu kommen stark schwankende Rohstoffpreise, weil die Nachfrage aus den Boom-Regionen China und Indien nach wertvollen Stoffen kontinuierlich steigt. So schwankte der Preis für eine Tonne Nickel allein in diesem Jahr um rund 30%. Sollten die Rohstoffpreise weiter stark anziehen, stehen die deutschen Chemiekonzerne vor einer gewaltigen Belastungsprobe.
Laut einer Studie der Commerzbank wirken sich die steigenden Preise für Rohstoffe jetzt schon auf die laufenden Geschäfte des deutschen Mittelstands negativ aus. Drei von vier mittelständische Chemie-Unternehmen benötigen Rohstoffe oder rohstoffintensive Vorprodukte. Das zeigt die 11. Studie der Initiative „UnternehmerPerspektiven" mit dem Titel „Rohstoffe und Energie: Risiken umkämpfter Ressourcen", die unter der Schirmherrschaft des Bundesumweltministeriums steht. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmer beklagen die aktuellen Belastungen durch steigende Rohstoffpreise, ordnen sie sogar noch über den vieldiskutierten höheren Preisen für Energie ein.
Nicht nur die Preissteigerungen an sich sind indes für die Geschäftsentwicklung problematisch, sondern besonders starke Preisschwankungen erschweren eine solide, unternehmerische Planung. Während das Problembewusstsein hoch ist, fühlen sich die Unternehmen z.T. der Komplexität der Ressourcenproblematik hilflos ausgeliefert. In diesem Zusammenhang gibt zu denken, dass 40% der befragten Unternehmen nicht einschätzen können, ob sie in puncto Ressourcenversorgung gut oder schlecht für die Zukunft gerüstet sind. Hier besteht großer Orientierungsbedarf.
Einzug der Big-Data-Gladiatoren
Die Herausforderungen steigen also, aber viele Firmen verfügen nicht über die richtigen Werkzeuge zur Unterstützung ihrer Geschäftsstrategien. Hier setzen Big-Data-Lösungen an, die alle im Unternehmen verfügbaren und relevanten Daten umfassend auswerten. Ziel der Geschäftsführung ist es dabei, ein besseres Verständnis über (Neu-)Kunden, eine höhere Effizienz und Wettbewerbsvorteile in einem hart umkämpften Marktumfeld zu erreichen. Häufig sind viele der relevanten Daten bereits vorhanden, werden aber nicht in eine Form gebracht, die im Geschäftsalltag nutzbar ist.
Die dafür einbezogene Datenmenge ist so umfangreich, dass herkömmliche Lösungen einfach zu kurz greifen. Noch vertrauen viele Firmen auf Tabellenkalkulationsprogramme, den Aufbau von Datenbanken oder sogar papiergestützte Auswertungen und Intuition, um den Kurs des Unternehmens zu bestimmen.
Mit Blick auf die hereinbrechende Informationswelle ist das eine kaum zu bewältigende Herkulesausgabe. So rechnet IDC noch im Jahr 2012 mit einem, größtenteils unstrukturierten, Datenvolumen von 2,7 Zettabyte weltweit, eine Zahl mit 27 Nullen. Statistiker prognostizieren sogar, dass sich die verfügbare Datenmenge im Schnitt alle fünf Jahre verzehnfachen wird. Immer mehr Unternehmen wechseln deshalb von einer „informationstechnisch handgetriebenen Draisine" auf den leistungsstarken „Big-Data-Zug", um sich einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern. In vielen Branchen - von der weltweiten Ersatzteillieferung oder Fertigungsindustrie bis zur Chemiebranche und dem Reisesektor - setzen immer mehr Firmen auf Strategien zur dauerhaften Verbesserung ihres Geschäftsmodells.
Preisänderungen erzielen durchschlagende Wirkung
Ein ganz entscheidender Faktor ist hier das Thema Preismanagement. Marktführende Unternehmen nutzen wissenschaftlich basierte Berechnungen, um bei der Preisgestaltung nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Diese Konzerne verlassen sich bei der Preispolitik nicht auf ihr „Bauchgefühl", sondern installieren automatisierte und situationsspezifisch kalkulierte Preisfindungsprozesse. Hinter diesen veränderten Geschäftsprozessen steht die Erkenntnis, dass in einem volatilen Markt mit sprunghaft wechselnden Rohstoffpreisen nur durch Big Data Analytics und neuartige Data-Warehouse-Management-Lösungen eine schnelle und erfolgreiche Preisbestimmung der hausinternen Produktlinien gelingen kann.
Im Kern hat Preisoptimierungssoftware dabei die Aufgabe, alle umsatzrelevanten Daten in Echtzeit zusammenzutragen und auf den jeweiligen Kunden bezogen aufzubereiten.
Je mehr Echtzeitvariablen in die Kalkulation mit einbezogen werden können, desto größer sind die Erfolgsaussichten für das Unternehmen insgesamt. Mit den tagesaktuellen Informationen über Produkte, Kunden und Kaufverhalten lassen sich der richtige Preis und damit der bestmögliche Umsatz erreichen. Der Effekt ist gewaltig: Einer Studie des Beratungshauses McKinsey zufolge ist eine Veränderung des Preises wirkungsvoller für die Profitabilität als Kostensenkungen oder Umsatzsteigerungen.
Klare Sicht auf globale Kettenreaktionen
Software zur optimierten Preisfestlegung ermöglicht außerdem eine proaktivere Anpassung an steigende und fallende Rohstoffpreise. Über individuell feststellbare Schwellenwerte lassen sich automatische Warnmeldungen bei starken Preisveränderungen auslösen. Verknappt sich die Verfügbarkeit eines Produktes, werden dadurch neue Chancen für Gewinnsteigerungen sichtbar. Verteuert sich der Bezug von Rohstoffen, können rechtzeitig wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Durch die Integration von Echtzeitinformationen sind Unternehmen in der Lage, sich schnell an neue Marktgegebenheiten auf den Weltmärkten anzupassen.
Die dafür einzukalkulierenden Bezugsgrößen sind z.T. so komplex, dass es nicht reicht, nur einen bestimmten Wettbewerbsfaktor im Auge zu behalten. Sicher ist: Manche Preissteigerungen muss man zwangsläufig an die Kunden weitergeben, um kein Verlustrisiko einzugehen. Entscheidend ist dann, eine solche Preiserhöhung schnell umsetzen zu können und den Vertrieb mit den richtigen Argumenten und Informationen auszustatten. Günstigere Konditionen an anderer Stelle oder wechselnde Währungsnotierungen können die ursprünglich erwarteten Kostensteigerungen aber auch wieder ausgleichen. Mit Preisoptimierungslösungen für Big-Data-Umgebungen behalten die Entscheidungsträger stets den Überblick und können die richtige Balance bei Preisentscheidungen finden.
Nie mehr ohne
Auf dieser technischen Grundlage lassen sich beispielsweise IT-Silos vermeiden, also Datenbestände über Kunden und Marktbedingungen, die nur einem regional begrenzten Mitarbeiterkreis verfügbar sind. In vielen Chemieunternehmen mit Niederlassungen rund um die Welt ist diese fehlende Sichtbarkeit zu einem Problem geworden. Mitunter kommt es vor, dass unterschiedliche Standorte mit differierenden Preisangeboten und Preisstrategien operieren. Studien zeigen, dass Unternehmen im B2B-Umfeld intern durchschnittlich eine Preisspanne von 70% zwischen dem niedrigsten und höchsten Preis für ein und dasselbe Produkt ausweisen.
Im Endeffekt ermöglichen Preismanagementlösungen eine viel bessere Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen im Unternehmen. Die Fähigkeit zur dynamischen Preissteuerung wird deshalb mehr und mehr eine entscheidende Komponente der gesamten Geschäftsstrategie, um eine unternehmensweit einheitliche Ausrichtung der Profitabilitätsziele zu erreichen. In der chemischen Industrie ist die Implementierung von Preisoptimierungstechnologien essentiell, damit die Unternehmen profitable Geschäftsbeziehungen pflegen und die Gewinnmargen im dynamischen, volatilen Geschäftsumfeld sichern können.