Chemiekonjunktur
Chemiebranche erwartet weltweites Wachstum von 4 % für 2012
Die Weltwirtschaft läuft derzeit nicht rund. Die Schuldenkrisen in Europa und den USA bestimmen die wirtschaftspolitische Diskussion; eine tragfähige Lösung ist nicht in Sicht. Die Finanzmärkte waren im bisherigen Jahresverlauf ebenso verunsichert wie die Realwirtschaft. Aktienkurse, Rohstoffpreise und Wechselkurse blieben volatil. Die Unternehmen fuhren daher weiterhin auf Sicht.
Und dennoch: Ungeachtet des ungünstigen Umfeldes setzte die Weltwirtschaft ihren Aufwärtstrend im ersten Quartal 2012 fort. Hiervon profitierte die Industrie. In nahezu allen Ländern wurde die Industrieproduktion in den ersten Monaten des laufenden Jahres ausgedehnt - zur Freude der Chemieunternehmen, deren Auftragsbücher sich wieder füllten. Allerdings profitierten nicht alle Länder und Regionen gleichermaßen. In Europa blieb die wirtschaftliche Dynamik insgesamt gering. Einige Länder, darunter auch Großbritannien, befinden sich sogar in einer Rezession.
Für die Weltwirtschaft insgesamt stimmt aber das Vorzeichen der Wachstumsrate. Aktuell sieht alles danach aus, dass sich der wirtschaftliche Aufschwung in diesem Jahr mit moderatem Tempo fortsetzt. Im vergangenen Jahr wuchs die globale Wirtschaft um 2,5 %. Die Industrieproduktion stieg sogar um 6,5 % (Grafik 1). Für das kommende Jahr rechnet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit ähnlichen Wachstumsraten in der Weltwirtschaft. Allerdings hat das Risiko konjunktureller Rückschläge zuletzt wieder deutlich zugenommen.
Chemieindustrie legt weltweit zu
Nach den kräftigen Rückschlägen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise wuchs die globale Chemieproduktion zunächst mit hoher Dynamik. Bereits zu Beginn des Jahres 2010 konnte daher das Vorkrisenniveau wieder übertroffen werden. Von kleineren Rückschlägen abgesehen, ging es auch danach stetig aufwärts. Dieser Trend setzte sich bis ins erste Quartal 2012 fort (Grafik 2). Allerdings hat sich das Tempo mittlerweile normalisiert. Im vergangenen Jahr wuchs das globale Chemiegeschäft um 4,4 %. Dabei zeigten sich jedoch deutliche Unterschiede in den einzelnen Ländern und Regionen.
Asien: hohe Dynamik der Schwellenländer
In den Schwellenländern Asiens hatte sich das wirtschaftliche Wachstum im Zuge der Finanzkrise kaum abgeschwächt. Die Chemieproduktion wuchs zunächst dynamisch. Mit dem Auslaufen der Konjunkturprogramme hat sich im Jahresverlauf 2011 das Tempo des Aufschwungs allerdings auch in diesen Ländern abgeschwächt. Dennoch konnte die Branche in Südkorea und Indien im Gesamtjahr 2011 ein Wachstum von 2,3 % bzw. 2,0 % verbuchen. Nur Chinas Chemiebranche zeigte sich unbeeindruckt und legte im vergangenen Jahr um mehr als 14 % zu. Doch auch im Reich der Mitte ließ die Dynamik zuletzt etwas nach.
Japan konnte von der Dynamik der Nachbarländer profitieren. Nach Durchschreiten des Tiefpunktes im ersten Quartal 2009 wurde die japanische Chemieproduktion wieder kräftig ausgedehnt. Seit Beginn des Jahres 2010 musste die japanische Chemieindustrie allerdings einige Rückschläge verkraften. Als Folge des Erdbebens und des Tsunamis brach im ersten Quartal 2011 die Produktion ein. Anschließend ging es zwar rasch wieder aufwärts. Doch zum Jahresende sank die japanische Chemieproduktion erneut. Zu Jahresbeginn 2012 setzte sich der Zick-Zack-Kurs fort. Diesmal ging es aufwärts (Grafik 3). Doch die Lage bleibt angespannt.
Europa: Schuldenkrise belastet Chemiegeschäft
Die europäische Chemieindustrie hatte sich rasch und dynamisch von den Folgen der globalen Finanzkrise erholt. Das Vorkrisenniveau konnte im Jahresverlauf 2010 bereits wieder übertroffen werden. Der Rückschlag kam im Jahr 2011. Nach gutem Jahresbeginn sank die europäische Chemieproduktion von Quartal zu Quartal (Grafik 4). Die Schuldenkrise erfasste die Realwirtschaft. Industrielle Kunden hielten sich mit Bestellungen zurück. Im vierten Quartal erreichte die Produktion den Tiefpunkt. Das erste Quartal 2012 verlief erfreulicher. Im Vergleich zum Vorquartal konnte die Produktion wieder ausgedehnt werden. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal verbuchte die Branche jedoch ein deutliches Minus.
Amerika: guter Jahresbeginn
In den Vereinigten Staaten blieb das Chemiegeschäft trotz Shale-Gas-Hype schwierig. Zwar setzte auch jenseits des Atlantiks nach den krisenbedingten Produktionsrückgängen rasch die Erholung ein. Der Aufwärtstrend blieb jedoch kraftlos und war nicht frei von Rückschlägen. Daher fehlen der US-amerikanischen Chemieproduktion zu Jahresbeginn 2012 immer noch mehr als 10 % zum Vorkrisenniveau von 2007.
Deutlich besser erging es der Chemieindustrie in Südamerika. Die brasilianische Chemieproduktion konnte sich rasch von den krisenbedingten Rückschlägen erholen. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2009 wurde das Vorkrisenniveau wieder übertroffen. Mittlerweile produziert das Land deutlich mehr Chemikalien als vor der Krise. Aber auch das brasilianische Chemiegeschäft war nicht frei von Rückschlägen (Grafik 5). Im Jahr 2010 lähmte die Präsidentenwahl vorrübergehend die brasilianische Wirtschaft und im vergangenen Jahr dämpfte der starke Real die Industrieproduktion und damit die Chemienachfrage. Der Jahresbeginn 2012 verlief dagegen erfreulich: Im ersten Quartal konnte die Chemieproduktion in Nord- und Südamerika wieder deutlich ausgedehnt werden.
Ausblick: moderates Wachstum
Der Jahresbeginn 2012 verlief in vielen Ländern erfreulich. Die Chemieproduktion konnte wieder ausgeweitet werden. Die Hoffnung ist groß, dass das Wachstum in diesem Jahr erneut um rund 4 % zulegen kann. Allerdings bleiben die Unterschiede zwischen den Ländern bestehen. Während die europäische Chemie in diesem Jahr kaum zulegen kann, wächst die Chemie in den übrigen Industrieländern moderat. In vielen Schwellenländern bleibt die Dynamik hingegen hoch - wenngleich sich auch hier die Wachstumsraten normalisieren (Grafik 6).
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