Kläranlagen: Drehzahlgeregelte Turboverdichter senken Stromverbrauch
14.10.2011 -
Drehzahlgeregelte Turboverdichter senken Stromverbrauch einer Kläranlage. Effizienzklasse A++ nennt der Chemieparkbetreiber Currenta sein ehrgeiziges Klimaschutzprogramm, mit dem er den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren will. Eine von vielen einzelnen Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, ist der Einsatz drehzahlgeregelter Turboverdichter in der Kläranlage am Standort Krefeld- Uerdingen.
Currenta, der Manager und Betreiber des Chempark an den Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen, betreibt Entsorgungsanlagen auf hohem technischem Niveau. Das Unternehmen unterstützt dabei die internationalen Ziele zur Reduzierung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes. Ein Beispiel ist der Einsatz moderner Turboverdichter: Am Chempark-Standort Krefeld-Uerdingen konnte Currenta den jährlichen Energieverbrauch der Kläranlage um rund 1.100 MWh reduzieren. Dies entspricht in etwa dem Jahresverbrauch von 350 Privathaushalten.
Sauerstoff: Nährstoff im Belebungsbecken
Die Prozesse der biologischen Abwasserreinigung in den Chempark-Kläranlagen an den Standorten Dormagen, Leverkusen und Krefeld-Uerdingen sind mit Selbstreinigungsvorgängen in natürlichen Gewässern vergleichbar. Mikroorganismen ernähren sich von den organischen Verunreinigungen im Abwasser und wandeln sie unter Zufuhr von Sauerstoff in Kohlendioxid und neue Bakterienmasse um.
Diese Mikroorganismen sind natürlichen Ursprungs und in allen Flüssen und Seen zu finden. In Belebungsbecken von Kläranlagen ist die Konzentration jedoch wesentlich höher und es werden nahezu optimale Bedingungen für das Wachstum der Bakterien geschaffen. Neben der richtigen Temperatur und der Einhaltung des pH-Wertes ist der Eintrag von Sauerstoff bzw. Luft für die Bakterien und damit für das Ergebnis der Abwasserreinigung von zentraler Bedeutung.
Eine unzureichende Versorgung mit Sauerstoff führt zu einer Verschlechterung des Reinigungsergebnisses und im schlimmsten Falle sogar zu einem Absterben der Bakterien. Der Lufteintrag in der Kläranlage des Chempark Krefeld-Uerdingen erfolgt nach dem Prinzip der Wasserstrahlpumpe. Dabei werden über zahlreiche 2-Stoff- Düsen – so genannte Ejektoren –, die am Boden angebracht sind, gleichzeitig Luft und Abwasser eingedüst. Hierdurch wird eine gleichmäßige Verteilung kleiner Luftblasen im Belebungsbecken erzielt und die optimale Sauerstoffversorgung der Mikroorganismen gewährleistet.
Hauptstromverbraucher in Kläranlagen
40 bis 60 % des gesamten Stromverbrauchs von Kläranlagen entfallen auf die Belüftung und das Umwälzen des Abwassers in den Klärbecken. Obwohl in den vergangenen Jahren bereits deutliche Verbesserungen erzielt wurden, besteht hier noch erhebliches Potential, um den Stromverbrauch zu senken und den Sauerstoffeintrag in den Becken zu verbessern. In der Kläranlage des Chempark Krefeld-Uerdingen wurde die Luftversorgung der Belebungsbecken bislang durch zwei Radialverdichter aus dem Jahre 1974 sichergestellt.
Neben stetig steigenden Kosten für die Instandhaltung der Maschinen und die eigens für die Verdichter erforderliche Mittelspannungsschaltanlage in der Kläranlage, war vor allem die fehlende Drehzahlregelung ein Grund für die Modernisierung im Jahre 2008. Für eine optimale Sauerstoffversorgung der Belebungsbecken ist es wichtig, die Luftmengen punktgenau zu dosieren. Zu wenig Luft bzw. Sauerstoff führt zu einer Unterversorgung der Bakterien und zu große Mengen führen zu einem veränderten Blasenbild, was ein schlechteres Lösungsverhalten des Sauerstoffs im Becken und eine Verschlechterung des Reinigungsergebnisses mit sich bringt.
Mit den vorhandenen Radialgebläsen und den zugehörigen Drallreglern konnte man zwar die Mengen regulieren, allerdings entsprach die Regelweite nicht mehr den heutigen Anforderungen. In der Regel lag die erzeugte Luftmenge deutlich über dem Bedarf der Belebungsbecken, so dass ein Teil der Luft ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben wurde. Auf der Suche nach Alternativen konnte der Hersteller Atlas Copco die Ingenieure der Currenta- Abwasserreinigung gleich in mehreren Punkten überzeugen.
Deren drehzahlgeregelte Turboverdichter bieten neben einer innovativen Kombination von Drehzahlregelung und Hochgeschwindigkeitsmotor noch weitere Vorteile. Die Verdichter arbeiten zu 100 % ölfrei. Eine kontaktlose elektromagnetische Motorlagerung sorgt für einen ruhigen und nahezu verschleißfreien Betrieb der Aggregate. Das Laufrad liegt direkt auf der Motorwelle, so dass ein Getriebe entfällt. Dies erhöht den Wirkungsgrad und reduziert den Wartungsaufwand sowie die Fehleranfälligkeit.
Modulare Bauweise sorgt für Flexibilität
Um möglichst flexibel und zukunftsorientiert aufgestellt zu sein, sind die Turboverdichter modular aufgebaut. Für größere Luftmengen können mehrere Einheiten parallel geschaltet werden. Auf diese Weise lässt sich ein breiter Betriebsbereich mit gleichbleibend hoher Effizienz abdecken. Die übergeordnete Steuerung koordiniert die „Arbeitsaufteilung“ unter den einzelnen Verdichtern und sorgt in jedem Betriebspunkt für eine energieoptimierte Fahrweise.
Abhängig von dem Druck und dem Volumenstrom in der Anlage werden die Drehzahlen geregelt und, wenn erforderlich, Verdichter automatisch einbzw. ausgeschaltet. Zusätzlich werden die Betriebsstunden der Verdichter möglichst konstant gehalten, um eine gleichmäßige Auslastung zu gewährleisten. Ein integriertes Modem ermöglicht den Zugriff auf aktuelle Betriebsdaten der Verdichterstation durch den Hersteller, so dass dieser im Rahmen eines Servicevertrages schnell und gezielt helfen kann. Zudem kann auch der Betreiber die Betriebsdaten der Verdichter online auswerten und graphisch darstellen.
Zustandsanalyse mit Energiekennzahl
Durch die ständig schwankenden Abwassermengen und Konzentrationen im Abwasser kann kein fixer Energieverbrauch als Optimum definiert werden. Ferner gilt es Verschmutzungen oder Verstopfungen an den Ejektoren durch Veränderungen im Energieverbrauch transparent zu machen, um so den wirtschaftlichsten Zeitpunkt für Reinigungs- bzw. Wartungsarbeiten festzustellen. In der Currenta- Kläranlage im Chempark-Dormagen erprobt man derzeit die Zustandsanalyse mit einer Energiekennzahl. In regelmäßigen Abständen wird hier der Energieverbrauch mit abwasserspezifischen Daten, wie z. B. Menge und CSB-Fracht, verglichen. Die Kennzahl beschreibt das Verhältnis von eingesetzter Energie zur Reinigungsleistung, so dass man aufeinanderfolgende Perioden miteinander vergleichen und Verbrauchssteigerungen identifizieren kann.
Potentiale erkennen und nutzen
Nur wer seinen Stromverbrauch exakt kennt und den einzelnen Verfahrensschritten zuordnen und mit Prozessdaten vergleichen kann, ist in der Lage, Potentiale zur Effizienzsteigerung zu erkennen. Die Erfassung und Archivierung der Leistungsaufnahme von möglichst allen Antrieben ab einer Leistung von 5 bis 10 kW sowie die Speicherung wichtiger Prozessdaten sind dabei die Basis für die Suche nach Optimierungspotentialen.
In den Currenta-Entsorgungsanlagen werden derzeit Konzepte entwickelt, um die vorhandene Leittechnik aufzurüsten und um Werkzeuge für ein intelligentes Energiemanagement in den Systemen zu integrieren. Außerdem ist geplant, ältere Pumpen zu erneuern, um den Wirkungsgrad zu erhöhen.
200.000 t weniger CO2 bis 2012
Durch das Klimaschutzprogramm „Effizienzklasse A++“ will Currenta den Ausstoß an klimaschädlichem CO2 um 200.000 t im Zeitraum von 2005 bis 2012 reduzieren. Dieses ehrgeizige Ziel soll durch Senkung des unternehmenseigenen Energieverbrauchs und durch effizientere Energieerzeugung erreicht werden. So sind Ökologie und Ökonomie eng verzahnt. Treibhausgasreduzierende Maßnahmen schützen das Klima und stärken die Wettbewerbsfähigkeit von Currenta und seinen Kunden im Chempark.
Kontakt:
Daniel Neugebauer
Geschäftsfeld Umwelt,
Technik Abwasserreinigung
Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen
Tel.: 0214/3049517
daniel.neugebauer@currenta.de
www.currenta.de