Größtmögliche Anschaulichkeit
Laserscanning im Anlagenbau ist ein schnell wachsender Markt
AADIPLAN, ein Unternehmen der Weber-Gruppe mit Sitz in Pulheim bei Köln bietet seit über 10 Jahren die Grundlagen für Planungsleistungen im chemischen- bzw. industriellen Anlagenbau an. Das Leistungsspektrum reicht vom digitalen Erfassen bis zur kompletten 3D-Modellierung von Objekten mit Hilfe/Unterstützung spezieller Messmethoden wie dem Laserscanning. Unter dem Leitmotiv „Größtmögliche Anschaulichkeit" werden dreidimensionale Computersimulationen entwickelt, die so ein realistisches Bild der zukünftigen Anlage zeigen. Vor allem bestehende Anlagen werden gescannt, um diese dann fachkundig in die Simulation einzubinden. Michael Reubold befragte Steffen Mitzschke, Projektleiter AADIPLAN, und Günter Eiermann, Geschäftsführer Koernig-Weber Engineering, zu den Vorteilen und Einsatzgebieten des Verfahrens im Chemieanlagenbau.
CHEManager: Welche Messverfahren setzen Sie in der chemischen Industrie ein?
S. Mitzschke: Wir arbeiten grundsätzlich mit zwei Technologien: Unserem selbst entwickelten Verfahren CASOB-Rohr und dem Laserscanning.
Bei CASOB-Rohr, das für „Computer Aided Surveying Of Buildings & Rohrmodul" steht und eine Weiterentwicklung der Lasertachymetrie ist, werden einzelne Punkte mit dem Laser der Vermessungsstation, dem Tachymeter, angepeilt, auf „Knopfdruck" 3D-Koordinaten im Anlagenkoordinatensystem gemessen und diese auf dem Computer zusammen mit notwendigen Zusatzinformationen gespeichert. Diese Messung dauert wenige Sekunden pro Punkt. Für das Messen in chemischen Anlagen gibt es dabei eine Reihe von Hilfsmitteln und Messroutinen.
Der Laserscanner sendet dagegen einen Laserstrahl aus, der über einen vertikalen rotierenden Spiegel in einem horizontal um 360° drehbaren Gehäuse die komplette Umgebung automatisch „scannt". Trifft der Laserstrahl auf ein Objekt, dann wird an dieser Position im Computer ein Punkt mit der dazugehörigen Farbe gespeichert. Dabei werden pro Sekunde bis zu 1 Mio. Punkte gemessen womit ein fotorealistisches 360°-3D-Abbild entsteht.
Wann ist es sinnvoll, Tachymetrie und Laserscanning einzusetzen und welche Vorteile bieten sie im Anlagenbau und der Anlagenplanung gegenüber herkömmlichen Methoden?
S. Mitzschke: Beide Verfahren - CASOB-Rohr und Laserscanning - bieten Vorteile beim Messen komplizierter oder komplexer Rohrleitungsführungen oder sehr teurem Material, ebenso wenn bei der konventionellen „Handausmessmethode" eine hohe Fehlerquote zu erwarten ist, aber eine hohe Genauigkeit verlangt wird. Beide Verfahren lassen sich auch verwenden wenn Anlagenkomponenten auf die Richtigkeit der Koordinaten überprüft oder wenn Rohrleitungen ohne Passlängen vorgefertigt werden müssen.
Die Vorteile von Laserscanning zeigen sich insbesondere, wenn ein kompletter Anlagenteil in kurzer Zeit zu dokumentieren ist. Auch wenn ein 3D-Modell einer vorhandenen Anlage erforderlich ist oder ein bestehendes 3D-Modell mit der Anlage abgeglichen werden soll. Ferner für Montage- und Demontagesimulationen und für Planungen von Erweiterungen und Umbauten oder zur Festlegung von Rohrleitungseinbindungen.
Lassen sich die Einsparpotenziale aufgrund von Zeitersparnis, Fehlervermeidung und der effizienteren Weiterverarbeitung der erhaltenen digitalen Daten beziffern?
G. Eiermann: Diese sind von Fall zu Fall sehr individuell und verschieden und ergeben sich häufig erst im Verlauf eines Projekts, wenn z.B. Fehler entdeckt werden. So wurde in einem Projekt z.B. der aus Erfahrungswerten kalkulierte Änderungsaufwand um mehr als 30.000 € verringert, wobei die Kosten für das Laserscanning selbst nur bei ca. 8.000 € lagen. In einem anderen Fall führte der Einsatz von unserer Laservermessung zu einer Verkürzung der Stillstandszeit um mehr als zwei Wochen. Die entsprechende Anlage erwirtschaftet normalerweise einen Ertrag von 50.000 € pro Tag. Im dritten Fall wurde eine Pharmaanlage in der Schweiz mittels Laserscanning in zwei Tagen aufgenommen. Die 3D-Planung erfolgte durch Koernig-Weber Engineering, ohne das einer der Planer je die Anlage live gesehen hatte und selbst in die Schweiz gereist ist.
Laserscanning wird u.a. zur Erstellung von As-Built-Aufnahmen eingesetzt. Was verstehen Sie darunter?
S. Mitzschke: Bei As-Built-Aufnahmen werden einzelne Punkte oder ganze Anlagenteile originalgetreu mit allen Abweichungen, Toleranzen und Abweichungen zur Planungsdokumentation in Form von Einzelpunkten, als Punktwolke oder als 3D-Modell im Computer abgebildet. In unserem Fall entstehen beim Laserscanning im ersten Schritt hoch auflösende foto-realistische 3D-Punktwolken. Mehrere dieser Scans bzw. 3D-Bilder gemeinsam im Anlagenkoordinatensystem werden als Punktwolkenmodell bezeichnet. Die Weiterverarbeitung erfolgt auf drei Wegen:
1. 3D-Modelle vorhandener oder geplanter Anlagen oder Teile davon können direkt in den kostenlosen Viewer des Scanners importiert und mit den hoch auflösenden Scans - also der As-Built-Situation in Fotoqualität - überlagert und verglichen werden.
2. Die Punktwolken und 3D-Modelle werden in externen Viewern, z.B. Navisworks oder PDMS-Review zusammen angezeigt und begutachtet.
3. Das gesamte Punktwolkenmodell oder Teile davon werden in das CAD-System importiert und der CAD-User verarbeitet diese Informationen direkt in seiner Planung - z.B. im PDS oder PDMS-System.
Ein komplettes 3D-Störkantenmodell ist in allen Fällen nicht notwendig oder wird nur in kritischen Teilbereichen erstellt, was zu einer deutlichen Kostenersparnis führt.
Sind die Daten universell weiterverwendbar?
S. Mitzschke: Nach Erfahrungen mit verschiedenen Scannersystemen arbeiten wir aktuell mit den Scannern der Firma Faro. Unsere generierten Punktwolkenmodelle und erzeugten 3D-Modelle sind universell einsetzbar auf vielen CAD-Systemen wie AutoCAD, MicroStation, PDS, PDMS oder Cadworx. Einige davon, wie z.B. Navisworks oder AutoCAD (ab Version 2011) unterstützen das scannereigene Format der Punktewolken direkt, für andere Systeme, z.B. PDMS, AutoCAD oder MicroStation sind Zusatzprogramme verfügbar, um auch mit großen Punktwolken direkt im CAD-System zu arbeiten.
Kann Laserscanning auch zur Unterstützung in der Instandhaltung von Anlagen oder Betrieben angewendet werden?
G. Eiermann: Gerade die Instandhaltung ist ein großes Einsatzfeld für das Laserscanning. Das beginnt bei Messungen und Scanning für den Austausch von Komponenten wie Rohrleitungen, Apparaten, usw. und reicht bis zu Montage- und Demontagesimulationen. Mittels Laserscanning lässt sich auch prüfen, ob z.B. ein neuer Kolonnenteil oder Wärmetauscher auf eine bestehende alte Kolonne passt.
Können Sie uns Beispiele nennen, welche Aufgaben Sie mit Laserscanning in der chemischen Industrie gelöst haben?
S. Mitzschke: In der Chemie- und chemienahen Industrie haben wir z.B. baubegleitende Vermessungen, Montage- und Demontagesimulationen durchgeführt. Wir haben Laserscanning auch in diversen Betrieben zur Unterstützung der 3D-Planung eingesetzt, darunter waren z.B. Phosgenbetriebe, eine Schwefel- und eine Zinkfabrik, mehrere Ex-Betriebe, Hochdruckkammern und auch Pharmaanlagen. Wir haben z.B. den mehrjährigen Umbau einer Pharmaanlage durch wiederholtes Scanning nach jeder Umbauphase begleitet.
Auch das Erstellen kompletter oder partieller 3D-Störkantenmodelle und die Unterstützung und Beratung bei der Planung, Umsetzung und Weiterverarbeitung der mittels Laserscanning erzeugten Punktwolken und 3D-Modelle wurde bereits von unseren Projektpartnern aus der Chemiebranche in Anspruch genommen. Auch für As-Built- und Schadensbilddokumentationen oder gar Volumen- und Massenermittlungen von Schüttgütern wurde Laserscanning erfolgreich eingesetzt.
Welche Synergien entstehen durch die Zugehörigkeit zur Weber-Gruppe, die im Anlagenbau und der Komponentenfertigung tätig ist?
G. Eiermann: Die enge Zusammenarbeit innerhalb der Weber-Gruppe gestattet den durchgängigen - digitalen - Datenfluss von der As-Built-Aufnahme durch AADIPLAN, die Planung und Konstruktion bei Koernig-Weber Engineering, die Rohrvorfertigung bei Mertens bis zur Montage bei Weber-Rohrleitungsbau. Dies erfolgt mit einem selbst entwickelten System, das eine hohe Genauigkeit bei gleichbleibend geringer Fehlertoleranz garantiert. Wir nennen dieses Verfahren die „Digitale Kette".
Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
G. Eiermann: Er soll ausdrücken, dass es bei Bedarf möglich ist, Wissen und Kompetenzen und Kapazitäten innerhalb der Weber-Gruppe durchgehend und übergreifend einzusetzen.
Ein Beispiel: Eine Weber-Baustelle in Frankfurt bekam den Auftrag zum Austausch von zwei Ring-Rohrleitungen im Inneren eines Biohochreaktors mit einem Durchmesser von ca. 10 m. AADIPLAN-Mitarbeiter scannten die vorhandenen Rohrleitungen und den Innenraum des Reaktors innerhalb eines Tages. Das erzeugte 3D-Störkantenmodell diente als Grundlage für die Planung und Isometrierung der neuen Rohrleitungen und Sonderbauteile durch Koernig-Weber Engineering. Im weiteren Verlauf wurde die Planung und Isometrien mit Hilfe des 3D-Punktwolkenmodells geprüft. Aufgrund der geprüften Isometrien erfolgte die Herstellung der neuen Rohrleitungen und Hosenstücke in der eigenen Rohrvorfertigung. AADIPLAN kontrollierte die neuen Ringleitungen durch Scannen derselben im Rahmen der Druckprobe. Es erfolgte ein Vergleich mit den Planungsisometrien und der Einbau-Simulation im As-Built-Modell. Nach der Oberflächenbehandlung wurden alle Bauteile auf die Baustelle nach Frankfurt geliefert. Die neuen Rohrleitungen wurden durch die Monteure von Weber ohne Änderungen innerhalb eines Tages in die Halterungen der ehemaligen Leitungen eingebaut und nach außen angeschlossen.
S. Mitzschke: Diese enge Verknüpfung mit der Planung und Montage und der daraus resultierenden Kompetenz und Erfahrung unterscheidet uns von anderen „Vermessungsbüros". Unser Team besteht aus Ingenieuren und Technikern mit teilweise mehr als 15-jähriger Erfahrung in der Anlagenvermessung und Mitarbeitern, die aus der 3D-Planung und Montage stammen.
Virtual Reality hat Einzug in den Anlagenbau gehalten. Die digitale Zukunft eröffnet neue Möglichkeiten in der Anlagenplanung. Erwarten Sie ein signifikantes Geschäftswachstum infolge dieser Trends?
G. Eiermann: Virtual Reality ist nur ein anderer Begriff für die realistische Planung mit 3D-Modellen. Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen ist die 3D-Planung schon seit fast 20 Jahren ein fester Bestandteil im Anlagenbau - auch schon zu Zeiten, wo der Begriff VR noch nicht dafür verwendet wurde.
Das Laserscanning im Anlagenbau ist ein schnell wachsender Markt, der aber abhängig ist von den Investitionen der chemischen Industrie. Gespräche mit Betreibern und eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass Laserscannen „sehr schnell" und „einfach" funktioniert. Die Weiterverarbeitung und Nutzung der Daten bedingt aber entsprechendes Wissen, Erfahrungen der Mitarbeiter im Anlagenbau und die aktive Unterstützung bei der Umsetzung der Ergebnisse. Unsere Mitarbeiter sprechen die Sprache der Planer, Monteure und nicht zuletzt der Anlagenbetreiber.
www.aadiplan.com
www.koernig-weber.com
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