Wissenschaftsforum Chemie 2013 vom 1. bis 4. September in Darmstadt
23.04.2013 -
„Chemie - Element unseres Lebens" ist das Motto des Wissenschaftsforums Chemie 2013, das vom 1. bis 4. September im Kongresszentrum Darmstadtium von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) ausgerichtet wird. „Ein solches Motto erzeugt unterschiedliche Reaktionen", schreibt GDCh-Präsidentin Professor Dr. Barbara Albert in ihrer Einladung. „Eigentlich ist es ja eine Selbstverständlichkeit, dass Chemie zu unserem Leben gehört. Sie ist natürlich ein essentieller Baustein. Chemikerinnen und Chemiker sind sich dessen bewusst, wie sehr alles um uns herum Chemie ist: die grüne Farbe der Blätter genauso wie der Elektrolyt in einer Batterie. Das macht es jedoch nicht überflüssig, dass wir uns und Anderen diese Selbstverständlichkeit bewusst machen. Dazu bietet sich unser alle zwei Jahre stattfindendes Wissenschaftsforum an."
Barbara Albert, GDCh-Präsidentin und zugleich Geschäftsführende Direktorin am Eduard-Zintl-Institut für Anorganische und Physikalische Chemie der Technischen Universität Darmstadt, eröffnet am Sonntag, dem 1. September, 17 Uhr, die viertägige Veranstaltung, die von den Herausforderungen an unsere zukünftige Arbeitswelt über Themen wie Chemie und Energie, Materialien, Umweltchemie sowie Katalyse bis hin zur Jahrestagung der GDCh-Fachgruppe Chemieunterricht eine weites Spektrum abdeckt. Das Grußwort der Bundesregierung wird die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Professor Dr. Johanna Wanka, überbringen. Weitere Grußworte aus Politik und Wissenschaft folgen, darunter das des Präsidenten der EuCheMS, des europäischen Dachverbands der chemiewissenschaftlichen Gesellschaften, Professor Dr. Ulrich Schubert, Wien, und der Präsidentin der britischen Royal Society of Chemistry, Professor Dr. Lesley Yellowlees.
Festlicher Rahmen für Preisverleihungen
Zwei bedeutende wissenschaftliche Preise werden im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung vergeben. Prof. Dr. Klaus Müllen, Max-Planck-Institut für Polymerforschung, wird in Würdigung seiner herausragenden Beiträge zur Organischen Chemie ebenso wie zur Polymerchemie und den Materialwissenschaften mit der Adolf-von-Baeyer-Denkmünze der GDCh ausgezeichnet. Seine wegweisenden Arbeiten - u.a. die Erschließung der Nanographene - genießen höchste Beachtung. Den Karl-Ziegler-Preis 2013 erhält Prof. Dr. Alois Fürstner, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim/Ruhr. Mit dem mit 50.000 € dotierten Preis ehrt die GDCh einen der renommiertesten organischen und metallorganischen Chemiker von internationalem Rang mit einer beeindruckenden Liste an Erfolgen auf vielen Gebieten der Chemie.
Graphen-Pionier
Organische Elektronikmaterialien, insbesondere das Graphen, üben eine enorme Faszination auf Naturwissenschaftler aus, und die chemische Industrie will sich damit zukünftige Märkte sichern. Zu Beginn dieses Jahrhunderts mussten die Synthesemethoden für die Herstellung von Nanographenen, den zweidimensionalen π-konjugierten Oligomeren, erst entwickelt werden. Dies gelang Klaus Müllen; allein dafür hätte er schon die Auszeichnung mit der Adolf-von-Baeyer-Denkmünze verdient.
Besonders hervorzuheben sind darüber hinaus das Anfang der 1990er Jahre von ihm entwickelte Konzept der Leiterpolymeren, die organische Leuchtdioden verbessern halfen. In der Folge gelang es Müllen auch, eine Vielzahl wertvoller Fluoreszenzfarbstoffe zu synthetisieren. Auf Basis von Hexabenzocoronen gelangte Müllen zu flüssigkristallinen Materialien, die sich als gute eindimensionale Halbleiter und Photoleiter erwiesen und die Nanographene zur Realität werden ließen. Graphenfilme und deren Anwendung in Solarzellen sind ein weiteres Beispiel für einen erfolgreichen Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung. Müllen - Deutschlands meistzitierter Chemiker - war Präsident und Vizepräsident der GDCh.
Metathese-Entdecker
Der diesjährige Karl-Ziegler-Preisträger Alois Fürstner machte sich insbesondere mit seinen vielbeachteten Beiträgen zur Katalyseforschung einen Namen. Fürstner entdeckte als Erster das enorme Potenzial der Metathese (Meta: Wechsel, Thesis: Position) zur Darstellung großer und mittlerer Ringe, was noch Mitte der 1990er Jahre explizit ausgeschlossen wurde. Die Ringschlussmetathese wandte er meisterhaft an zur Darstellung von Naturstoffen und auch industriell relevanter Zielmoleküle (z.B. Duftstoffe). Dadurch half er, die Olefinmetathese unter organischen Synthetikern populär zu machen; sie zählt heute zum chemischen Allgemeingut. All seinen anspruchsvollen Syntheseprojekten lagen beeindruckende Entwicklungen im Bereich der Katalysatoren zugrunde.
Fürstner zählt auch zu den Pionieren der Platin-, Gold- und Eisenkatalyse, indem er durch eingehende metallorganische Studien half, die Mechanismen der ablaufenden Reaktionen zu verstehen. Auch in diesem Gebiet findet man das für ihn charakteristische Wechselspiel aus methodischer Entwicklung und gezielter Anwendung. Fürstner ist seit 1998 Direktor am MPI in Mülheim und Professor an der TU Dortmund. Vorstandsmitglied der GDCh war er von 2004 bis 2011.
Energiespeicherung mit Nanotechnologie
Eine weitere bedeutende Auszeichnung der GDCh wird ebenfalls vergeben: die August-Wilhelm-von-Hofmann-Vorlesung. Sie wird in Darmstadt von Prof. Dr. Linda Nazar vom Department of Chemistry and Department of Electrical Engineering an der University of Waterloo, Kanada, gehalten. In ihrem Vortrag stellt sie dar, wie mit Hilfe der Nanotechnologie Probleme bei der Speicherung hoher Energiedichten überwunden werden können. Die heutigen wieder aufladbaren Lithium-Ionen-Batterien arbeiten nach dem Prinzip der reversiblen Intercalation von Elektronen und Lithium-Ionen in Materialien, deren Gitterstrukturen sich während der Redox-Zyklen nur wenig verändern. Die Energiedichte dieser Materialien ist begrenzt. Lithium-Schwefel- und Lithium-Sauerstoff-Batterien könnten die Bedingungen für die Speicherung hoher Energiedichten erfüllen. Dafür benötigen sie neuartige, leitfähige Nanomaterialien, die besondere Anforderungen hinsichtlich ihrer Stabilität und elektrochemischen Reversibilität erfüllen. Die Herausforderungen gegenüber dem Stand der Technik werden anhand elektrochemischer und materialwissenschaftlicher Kriterien erläutert. Und es wird dargestellt, welche ökonomischen Hürden noch zu überwinden sind.