Wissen als nachwachsender Rohstoff
Chemie in Hessen meldet leichtes Umsatzplus im 1. Halbjahr, Verbesserungen in Bildungs- und Sozialpolitik gefordert
Die hessische chemisch-pharmazeutische Industrie hat ihre Umsätze dank gestiegener Erzeugerpreise im 1. Halbjahr 2017 um 0,8 % steigern können. Die Produktion der Chemie- und Pharmanternehmen in Hessen lag auf Vorjahresniveau. Diese Konjunkturzahlen legte Prof. Heinz-Walter Große, Vorstandsvorsitzender des Arbeitergeberverbandes HessenChemie, bei der Herbstpressekonferenz der Chemieverbände Hessen vor.
Im ersten Halbjahr 2017 hat die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen 13,1 Mrd. EUR umgesetzt. Das leichte Umsatzplus von 0,8 % beruht auf einem Anstieg der Erzeugerpreise um 3,2 %. Die Produktion hingegen verblieb auf Vorjahresniveau.
Vor allem in der klassischen Chemie sorgte ein spürbares Anziehen der Verkaufspreise für einen Umsatzzuwachs von 1,4 % auf 7,3 Mrd. EUR. In der hessischen Pharmaindustrie blieb der Gesamtumsatz mit 5,7 Mrd. EUR unverändert. Das Pharma-Wachstum auf dem Inlandsmarkt wurde durch die rückläufige Entwicklung im Ausland gedämpft, trotz leichter Steigerungen bei Produktion und Preisen für Pharmazeutika.
Für das verbleibende Jahr sind die Erwartungen der Unternehmen überwiegend optimistisch. „In Verbindung mit den spürbar gestiegenen Erzeugerpreisen gehen wir für dieses Jahr von einer Zunahme des Branchenumsatzes in Hessen um 2 % aus“, sagte Große. Allerdings seien die Einschätzungen bei der Ertragslage angesichts der wieder gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten verhaltener. Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen kämpft zudem mit volatilen Auslandsmärkten. Auch wenn im ersten Halbjahr 2017 die Exporte ins europäische Ausland um 2,7 % gestiegen sind, stagnierte der Export nach Asien, die Ausfuhren auf den amerikanischen Kontinent sanken um gut 10 %.
Vier Tage vor der Bundestagswahl richteten die Chemieverbände Hessen auch ihre Erwartungen an die Politik. Gerade im Bereich der Sozialpolitik seien die Herausforderungen groß. So müssten insbesondere die Sozialbeiträge unter 40 % gehalten werden: „Höhere Sozialabgaben verteuern die Arbeitskosten und gefährden damit weiteres Wachstum und Beschäftigung“, betonte Große abschließend.
Bei der Pressekonferenz sprach sich HessenChemie-Hauptgeschäftsführer Dirk Meyer mit Blick auf den Fachkräftebedarf für eine weitere Intensivierung der Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen und eine stärkere Förderung der Berufsschulen aus. Die Branche benötigt auch in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter. Die Beschäftigtenzahl setzt sich aus etwa 80 % beruflich qualifizierten Fachkräften und 20 % Akademikern zusammen, lautet die Branchen-Formel.
"Der wertvollste Rohstoff in Deutschland ist Wissen. Beruhigend ist, dass es sich dabei um einen nachwachsenden Rohstoff handelt."
Alleine in Hessen bietet die chemisch-pharmazeutische Industrie in jedem Jahr etwa 1.500 neue Ausbildungsplätze in 50 verschiedenen Berufen an. Die Anzahl der jungen Menschen, die eine Ausbildung absolvieren wollen, geht aber zurück. Deshalb sollte die Berufsorientierung an Schulen noch stärker in den Fokus genommen werden, auch an Gymnasien. „Eine duale Ausbildung ist für viele junge Menschen ein sehr guter Einstieg in das Berufsleben“, sagte Dirk Meyer. Berufsschulen komme mit Blick auf die Attraktivität der Ausbildung eine besondere Bedeutung zu: „Berufsschulen brauchen jedoch eine stärkere Lobby, damit auch hier in die Zukunftsfähigkeit investiert wird“, fordert Meyer.
"Der wertvollste Rohstoff in Deutschland ist Wissen. Beruhigend ist, dass es sich dabei um einen nachwachsenden Rohstoff handelt", sagte Meyer abschließend und ergänzte: "Wir müssen allerdings dafür sorgen, dass sich unser Bildungssystem an die veränderten Herausforderungen anpasst."