VCI: In der Industrie hat CO2 längst einen Preis
17.07.2019 -
Das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) hat schon lange einen Preis in der Energiewirtschaft und der Industrie. Darauf weist der Verband der Chemischen Industrie (VCI) vor der nächsten Sitzung des Klimakabinetts der Bundesregierung hin, das sich mit verschiedenen Modellen der Bepreisung von CO2 befassen will.
Beide Wirtschaftszweige unterliegen dem EU-Emissionshandel (ETS), der seit seiner Einführung vor 14 Jahren durch die Mengensteuerung zielgenau dazu beiträgt, Treibhausgase zu vermeiden (- 26% seit 2005). Die zusätzlichen Energiekosten der deutschen Chemieunternehmen durch den ETS liegen bei gut 1,3 Mrd. EUR pro Jahr – trotz der Strompreiskompensation. Der VCI hält daher Vorschläge für eine nationale CO2-Steuer für verfehlt, die diese beiden Sektoren einbezieht und sie so mit zusätzlichen Kosten belastet. Das gilt aus Sicht des VCI auch für die Einführung eines höheren nationalen Mindestpreises für CO2-Zertifikate (derzeit über 29 EUR je Tonne). Diese Maßnahme führe zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für die deutschen Unternehmen im EU-Binnenmarkt.
Problematisch ist aus Sicht des VCI zudem der Vorschlag, den europäischen Zertifikatehandel auf Verkehr und Gebäude zu erweitern. Diese Maßnahme werde zu erheblichen Verzerrungen im Preissystem des ETS führen. Denn die Reduktion von Treibhausgasen bei Verkehr und Gebäuden sei um ein Vielfaches teurer als bei den derzeit im ETS erfassten Sektoren. Erst ab einem Zertifikatepreis von 200 EUR pro Tonne CO2 werde ein Anreiz für zusätzliche Reduktionsmaßnahmen bei Verkehr oder Gebäuden entstehen. Die Chemie, so der VCI, müsste bei einem solchen Preis für die Zertifikate Anlagen schließen. Der VCI plädiert deshalb dafür, Verkehr und Gebäude in einem separaten System zu erfassen. Der Hauptgeschäftsführer des Chemieverbandes in Frankfurt, Utz Tillmann, unterstreicht: „Nur mit einem getrennten Handelssystem ließe sich dieses Ungleichgewicht in den Vermeidungskosten auffangen.“
Der VCI appelliert daher an die Politik, den bestehenden EU-Emissionshandel weder durch andere Sektoren zu überfrachten, noch ihn durch einen nationalen Alleingang über einen höheren Mindestpreis für Zertifikate zu überbieten. „Das System funktioniert und wirkt, so wie es ist. Es liefert einen verlässlichen Beitrag für den Klimaschutz in der EU“, betont Tillmann.
Derzeit diskutieren Politik und Gesellschaft intensiv darüber, ob und wie eine Bepreisung von CO2 – gegebenenfalls verbunden mit einem Umbau des Steuersystems – dazu beitragen kann, die mittel- und langfristigen Klimaschutzziele Deutschlands einzuhalten. Auch hier müsse gelten, betont der VCI, dass die Industrie nicht mit dieser nationalen Bepreisung zusätzlich belastet wird.
Die Bilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland beim Klimaschutz ist positiv: Ihr Ausstoß von Treibhausgasen hat sich seit 1990 halbiert – trotz eines Anstiegs der Produktion um fast 70%. Klimaschutz hat für die chemische Industrie hohe Bedeutung. Die Unternehmen sehen darin nicht nur einen gesellschaftlichen Auftrag, sondern auch große Chancen. Die Chemie ist mit ihren Produkten und Innovationen Teil der Lösung, CO2-Emissionen zu vermindern – zum Beispiel durch Werkstoffe für den Leichtbau im Verkehr oder für die Nutzung von Windkraft und Solarenergie. Tillmann: „Um diesen Beitrag auszubauen, brauchen wir Rahmenbedingungen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten und gleichzeitig unsere Innovationsfähigkeit stärken.“