Urgestein der Reinraumtechnik wird 85
Interview mit Win Labuda Clear & Clean
Herr Labuda, Sie hatten von 1974 an sieben Jahre lang als freier Distributor der amerikanischen Texwipe Inc. deren Deutschland-Vertrieb aufgebaut. Im Jahr 1981 begannen Sie dann mit Ihrer Clear & Clean GmbH – nachdem das Unternehmen im Jahre 1979 gegründet wurde – in Lübeck eigene HiTech-Reinigungsprodukte zu fertigen. Was hat Sie damals dazu bewogen diesen Schritt zu gehen, und wie hat sich Ihr Unternehmen über die Jahre hin entwickelt?
W. Labuda: Im Jahr 1973 bat uns der Siemens-Einkauf in München um Belieferung mit Textil-Manschetten für die turnusgemäße Wartung der Siemens-Speicher-Platten-Geräte. Man hätte in Deutschland keinen geeigneten Anbieter gefunden. So recherchierten wir und fanden einen kleinen US-Hersteller, die Texwipe Inc. in New Jersey, damals noch ein Unternehmen mit sechs Mitarbeitern, dessen Produkte wir fortan importierten.
Das Geschäft mit Texwipe-Produkten ließ sich gut an, so dass ich dem Unternehmen im folgenden Jahr einen Besuch abstattete. Edward Paley, der Firmengründer, brachte mir seine Vision vom wachsenden Reinheitsbedarf der HiTech-Industrien nahe: Die Strukturen von HiTech-Produkten, insbesondere die von Halbleitern, würden mit der Zeit immer kleiner, während die Verunreiniger Staub, Hautabrieb und Schmierfilme ihre ursprüngliche Größe behielten. Aus dieser Realität heraus entstünden ganz neue Industrien. Zudem sei das Gebiet der wischenden Mikroreinigung praktisch unerforscht, so dass in den neuen Märkten ein hohes Maß an Erkenntnisbedarf bestehe.
Ich war fasziniert von seiner Vision und beschloss, mich fortan vornehmlich den Reinigungs- und Reinhaltungs-Technologien im HiTech-Sektor zu widmen. So wurden wir 1974 der erste Distributor für die Texwipe-HiTech-Produkte in Europa. Nach sieben Jahren endete die Beziehung und zwar aus zwei Gründen: Texwipe wollte mir damals keinen Exklusiv-Vertrag für Deutschland geben und zweitens: Ich wollte, nachdem ich bisher im Wesentlichen Vertriebsmann gewesen war, unsere Fähigkeiten als Fertigungsbetrieb testen, Maschinen und Prüfgeräte konstruieren und – Messen ist die Basis allen Wissens – eine Produkt-spezifische Analytik entwickeln. Später wurden wir dann der erste europäische Hersteller von Gestrickstoff-Tüchern für die Techniken des reinen Arbeitens.
Zur Unternehmens-Entwicklung: Ein leitender Infineon-Mitarbeiter hat einmal spaßeshalber über Clear & Clean gesagt: „Forschungslabor mit angehängter Fertigung aber dafür ohne Außendienst.“ Das trifft es wohl auch am Ehesten. Wir haben es verstanden, den Expansions-orientierten Zeitgeist zu ignorieren und uns auf Spitzenprodukte, Sonderentwicklungen, Wissensexpansion und Produkt-spezifische Analytik auszurichten. Wir fertigen unsere Produkte im Clear & Clean-Ostseewerk-Lübeck und haben im 10-Jahresdurchschnitt weniger als 2 Reklamationen pro Jahr. Unsere Abgabepreise sind naturgemäß etwas höher als die unserer ostasiatischen Marktbegleiter aber dafür hatten unsere Abnehmer in der Coronazeit keinen einzigen Lieferausfall. Wahr ist aber auch: Wir müssen jetzt wachsen, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Sie haben bereits in frühen Jahren einen hohen Forschungsaufwand betrieben und viel Zeit und Geld in die Erforschung wischender Reinigungs-Prozeduren investiert. Was sind die Gründe für dieses Engagement und woher kommt Ihre Liebe zu Wissenschaft und Technik?
W. Labuda: Beginnen wir vielleicht mit Ihrer zweiten Frage: Als ich 12 Jahre alt war, gab mir mein Vater – ein hanseatischer Kaufmann – das Buch „Metall“ von Karl Aloys Schenzinger. Der Autor beschreibt darin romanhaft das Leben und Wirken der großen Wissenschaftler, Erfinder und Entdecker von Antoine de Lavoisier (1743 –1794) bis hin zum Flugpionier Hugo Junkers (1859 –1935). Ich war fasziniert von dem Buch und darüber hinaus von den darin beschriebenen Experimenten als Parallelschiene der Wissensaneignung.
Mein Großvater war ein Danziger Schiffbauer, für die damalige Zeit ein Spitzen-Technologe, der noch im 19. Jahrhundert geboren, als Schichtführer beim Bau der modernsten Fahrgastschiffe der Schichau Werft mitgewirkt hat wie z.B. mit 233 m Länge und 40.000 PS Antriebsleistung.
Er wurde mir zum Vorbild im Streben nach technischer Perfektion und Disziplin. Seine Gene waren es denn wohl auch, die seine Freude am Erfinden und Erbauen auf mich übertrugen. War er offenbar von den großtechnischen Objekten fasziniert, so gibt es in mir eine Affinität zur Mikrowelt und zur Dokumentation alles für das menschliche Auge Unsichtbaren.
Zurück zum ersten Teil Ihrer Frage: Der Aufbau einer Fertigung von HiTech-Reinigungs-Tüchern lag damals im Rahmen meiner finanziellen und geistigen Möglichkeiten. Zudem trafen drei glückliche Umstände zusammen: Ich hatte stets Interesse an flächigen Produkten wie Papier, Folien und Textilien, zweitens an mikroskopischer Messtechnik und drittens an automatisierter Serienfertigung. Das was ich beruflich mache, war und ist also absolut mein Ding und ich fühle mich noch heute sehr wohl damit. Und noch: Viele haben mir geholfen. Danke!
Was hat sich in der Vergangenheit im Bereich wischendes Reinigen am meisten verändert?
W. Labuda: Es gab bei der Produkt-Gruppe HiTech-Wischmittel im Laufe der Jahre immer wieder interessante Neuerungen, wobei auch Clear & Clean seinen Beitrag leisten konnte.
- 1970: wischendes Reinigen wird durch rollenförmig gewickelte Textilbänder maschinenfähig.
- 1984: Clear/Clean beliefert Siemens mit PTFE-Hochtemperatur-Filzrollen für die Trommelreinigung von Hochleistungsdruckern.
- 1988: Texwipe stellt die ersten Synthetic-Gestrickstoff-Tücher mit Siegelrand vor.
- 1990: Clear/Clean fertigt als erstes Unternehmen Reinraum-Interfalz-Tücher aus PET-Cellulosics für die Einzeltuch-Spender-Entnahme.
- 1990: Berkshire (Amber) patentiert 2-lagige Tücher direkt aus dem Gestrick-Schlauch.
- 1992: Contec stellt Lösungsmittel-getränkte Tücher im wieder verschließbaren Polybag vor.
- 1994: Clear/Clean nimmt ihren ersten Lasercutter für die Formatierung von Gestrickstoff-Tüchern in Betrieb.
- 2000: Texwipe führt für HiTech-Reinigungstücher die aquatische Ultraschall-Dekontamination ein (Vertex-Process).
- 2000: Clear/Clean bietet als Alternative zum Polybag getränkte Tücher im Mehrweg-Container an.
- 2015: Clear/Clean entwickelt Reinigungskarten mit Präzisions-Wischkopf.
- 2020: Clear/Clean Kollektorplatte u. a. zur Visualisierung der Reinigungseffektivität und Oberflächen-Kontamination.
- 2021: Clear/Clean investiert in die Ultra-Spuren-Analytik für die Oberflächenreinheit in der Satellitentechnik.
– bei den Jahreszahlen handelt es sich um ungefähre Zeitangaben aus der Erinnerung.
...und was sollte sich verändern?
W. Labuda: Ein Beispiel für eine notwendige Veränderung: Die Anzahl der Anbieter von Reintechnik-Verbrauchsmaterial hat sich im Laufe der vergangenen 50 Jahre vervielfacht. Dabei haben sich die Fabrikationsorte in Richtung Ostasien verlagert. Von dorther wird das Reintechnik-Verbrauchsmaterial vielleicht schon mit Verpackung und Firmenlogo des Bestellers versehen z.B. – in die USA hin geliefert. Aber: Für HiTech-Reinigungs-Tücher gibt es in den US-Prüfvorschriften noch keine Oberflächen-Reinheits-basierten Angaben zur Reinigungsleistung. Und wenn es welche gäbe, dann könnte sie der jeweilige Hersteller/Importeur in vielen Fällen in Ermangelung von speziellem Equipment kaum nachprüfen. Und selbst wenn er sie nachprüfen könnte, so träfe er bei Anwendung der IEST-RP-CC-004.4 Abs. 7 und 8-Empfehlung zum Teil auf irrtümlich konzipierte Prüfvorschriften.
Es wäre sicher interessant, der Frage nachzugehen, warum die amerikanischen Prüfungsempfehlungen der IEST-RP-CC 004.4 Abs. 7 und 8 keine Oberflächen-basierte Prüfung der Partikelfreisetzung vom Tuch zur Oberfläche beziehungsweise der Reinigungsleistung von HiTech-Wischmitteln enthalten. Ist das so, weil die großen ostasiatischen Tücher-Fabrikanten Oberflächen-basierte Prüfmethoden ablehnen? Vielleicht auch, weil dort die Oberflächen-orientierte Partikel-Messtechnik noch nicht so weit entwickelt ist? Wie dem auch sei, Fakt ist, dass die Reinheit der Objektoberfläche das Ziel jeder Reinigungsprozedur ist und nicht die Reinheit des Wischmittels. Das Thema bietet sich an für eine Veränderung.
Sie betreiben auch bei der Qualitätssicherung einen hohen Aufwand und testen ihre Produkte zum Teil mit denselben hochwertigen Instrumenten, die auch in der Forschung zum Einsatz kommen. Ist das wirklich nötig? Sie könnten doch auch einfach den Produktionsprozess testen und zertifizieren lassen?
W. Labuda: Sie haben sicher recht, wenn Sie an die vielen herkömmlichen industriellen HiTech-Reinigungs-Aufgaben denken, die in den HiTech-Industrien heute zur Standard-Reinigung gehören. Dies ist jedoch nicht unsere einzige Zukunft-bestimmende Zielgruppe. Wir wollen neben den Standard-Applikationen – von denen wir leben – auch dort präsent sein, wo es um die Erzeugung und Bereitstellung ultrareiner Oberflächen geht wie beispielsweise in der EUV-Lithographie, der Schwerionenforschung und bei den Mess-aufgaben der physikalischen Bundesanstalt PTB, bei der das neue Ur-Kilo auf einem Tuch von Clear & Clean lagert. Beim Testen lernt man viel über Randerscheinungen bei bestehenden Technologien. Dieses Wissen machen wir dann für höherwertige Fertigungs-Aufgaben nutzbar.
Hat sich das Innovationstempo in den vergangenen 20 Jahren verändert? Rechenprozesse werden immer schneller. Auch die Kommunikation wird immer schneller, dafür oftmals schlechter bzw. unpräziser.
W. Labuda: Das hängt ganz vom jeweiligen Innovationsgebiet ab, das man ins Visier nimmt. Rechner sind in ihrer Rechengeschwindigkeit abhängig von der Anzahl der Transistoren im Chip. In der Halbleitertechnik beispielsweise folgt das Innovationstempo seit 1970 dem sog. „Mooreschen Gesetz“, welches besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren pro Chip alle zwei Jahre verdoppelt. Diese Voraussage vom Intel-Mitgründer Gordon Moore (1929 –2023) hat sich bis zum Jahr 2020 bestätigt – Quelle: INTEL.
Beim Produkt Synthetik-Mikrogarn hingegen ist die Situation eine völlig Andere: Das synthetische PET/PA-Mikrogarn hat längst Durchschnitts-Durchmesser von 4 µm für das Monofilament und darunter erreicht. Eine weitere Durchmesser-Reduzierung machte für die Tücher und Prozeduren des wischenden Reinigens wenig Sinn, weil damit die Strukturhöhe der Maschen im textilen Flächengebilde reduziert würde und also auch die Trapping-Effektivität des Garns für Partikel im wisch-technisch interessanten Feret-Durchmesser-Bereich von 0,5–3,5 µm – siehe REM-Bild.
Sie haben Ihre bisherige Forschungs- und Publikations-Arbeit in einem Buch zusammengefasst, das zu Ihrem Geburtstag erscheinen soll. Was erwartet den Leser und wo kann man es beziehen?
W. Labuda: „Zur Reinheit funktionaler Oberflächen“ ist ein Buch in dem meine Koautoren und ich in 20 Kapiteln große Teile des von uns seit 1985 publizierten und zusätzlich des neuerdings erarbeiteten Wissens zu den Themen Reinraum-Verbrauchsmaterial und Oberflächen-Reinheit zusammengefasst haben. Der Buchinhalt ist in drei große Blöcke geteilt:
- I – Reinheits-orientierte Mess- und Prüftechnik,
- II – Prozeduren des wischenden Reinigens,
- III – Verbrauchsgüter der Reintechnik.
Das Buch wird zunächst im 4-Loch -Ringordner bei Clear & Clean in Lübeck zum Preis von 247.- € inklusive Zustellung erhältlich sein. Das bringt den Vorteil mit sich, dass aktualisierte Kapitel ganzteilig ausgewechselt werden können. Es ist jedoch geplant das Buch, wenn alle Kommentare bearbeitet wurden, auch in gebundener Form erscheinen zu lassen. Der Erlös aus dem Buch-Verkauf geht an eine der Kinderhilfe-Organisationen.
Meinem verehrten Lektor, Herrn Heinz Josef Kiggen und dem Leiter des Clear & Clean-Qualitäts- und Forschungslabors, Herrn Christian Wendt sei für ihre intensive Mitarbeit an diesem „opus magnum“ von Herzen gedankt. Ohne ihren Einsatz wäre dieses Buch nicht, zumindest jedoch nicht in diesem Umfang entstanden.
Bereits vor 20 Jahren hatten Sie sich gewünscht, dass bei den Anwendern in der Industrie ein stärkeres Bewusstsein für die Folgekosten beim Einsatz von Verbrauchsmaterialien Einzug hält und dass sie stärker auf innovative Produkte setzen. Ist Ihr Wunsch in Erfüllung gegangen?
W. Labuda: Die Erfüllung dieses Wunsches wurde leider konterkariert durch den Hype des günstigen Reinraum-Verbrauchsmaterials, das Jahrzehnte lang aus Ostasien zu uns herübergeschwappt ist. Im Rahmen dieses Geschehens waren die Anwender selten geneigt, der Qualität beziehungsweise der Effektivität des Reinraum-Verbrauchsmaterials erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Erst seit Kurzem haben sich Einkaufsstellen großer Reinraumbetreiber der Frage angenommen, was sie da eigentlich kaufen. Sie beginnen zu lernen, dass Hightech-Reinigungstücher zwar so ähnlich aussehen wie chinesische Vierlinge, aber dennoch können sie sehr unterschiedliche Eigenschaftsprofile haben.
Wir haben in den vergangenen 10 Jahren zielbewusst in modernes Equipment investiert, um beispielsweise in der Lage zu sein, partikuläre Verunreinigungen von Umgebung, Oberflächen und Wischmitteln im nanometrischen Größenbereich bis hin zu 5 nm zu analysieren. Für den molekularen Bereich steht uns ein Atomkraft-Mikroskop zur Verfügung. Für den mikrometrischen Bereich nutzen wir die Raster-Elektronen-Mikroskopie mit EDX zur Materialanalytik. Unsere GCMS-Analytik erlaubt uns die genaue Bestimmung der Wischmittel-Ausgasung im Spurenbereich. Unsere neue 2ppb-TOC-Analytik nutzen wir zum Beispiel zur Bestimmung der organischen Wischmittel-Verunreinigung. Wir glauben, dass wir auf dem Gebiet der Verbrauchsmaterial-Analytik zur Zeit unübertroffen sind.
In welchen Innovationen arbeitet Clean & Clean heute bzw. mit welchen Neuigkeiten dürfen wir in Zukunft rechnen?
W. Labuda: Mit CC-Microlite haben wir vor Kurzem ein handliches, preiswertes und effektives Gerät zur Streiflicht-Visualisierung von partikulären und filmischen Verunreinigungen vorgestellt. Mit dem Gerät lassen sich auch Verunreinigungen schnell verdampfender Medien wie Lösungsmittel und Alkohole bis in den Nanogramm-Bereich hinein visualisieren und fotografisch registrieren. Bei eingeschalteter Streiflicht-Beleuchtung lassen sich Partikel auf der Kollektorfläche zum Beispiel unter einem Zoom-Mikroskop betrachten, fotografieren und zählen. Geeignete Software vorausgesetzt, wären mit dem Gerät auch Smartphone-gestützte Partikelzählungen, Größenbestimmungen und Klassifizierungen möglich. Durch die gezielte Verunreinigung einer Kollektorplatte und nachfolgendes Abwischen derselben durch einen Wischmittel-Prüfling lässt sich auch die Wischmittel-Eignung für die Entfernung bestimmter filmischer und partikulärer Verunreinigungen beurteilen.
In den beiden vergangenen Jahren haben wir zudem unsere HiTech-Tücher-Fertigung um die Produktgruppe Swabytex- Analytik-Wisch-Substrate im Spuren- und Ultraspurenbereich bereichert. In diesem Zusammenhang wurden bei uns ultrareine textile Substrate entwickelt, die bei einer Fläche von 25 × 25 mm2 im Zusammenhang mit einer Isopropanol-Extraktion und GCMS-Analytik Verunreinigungs-Massen von lediglich 80 ng oder weniger aufweisen. Wird der definierte Abschnitt einer Objektoberfläche mit einem Swabytex-Substrat abgewischt, so wird dabei ein Teil der Verunreinigung der Objektoberfläche auf das Substrat übertragen. Mit einer hochempfindlichen GCMS-Anlage oder vergleichbarer Analytik lassen sich die beim Wischvorgang ins Substrat hinein gelangten Spezies nach Qualität und Quantität hin bestimmen. Das Messverfahren funktioniert umso genauer, desto größer das Masseverhältnis von Übertragungsmasse zu ursprünglicher Grauwertmasse des Wischsubstrats ist. Dies ist ein großer Fortschritt im Bereich der Oberflächen-Analytik stationärer Konstruktionen mit spezifikationsgemäß hoher Oberflächenreinheit wie es beispielsweise die unterschiedlichen Baugruppen von Satelliten sind, deren Hersteller unsere Kunden sind.
Ein weiteres Gebiet, mit dem wir uns gerade beschäftigen ist die Fertigung textiler Wischmittel-Sonderformen für die wischende Reinigung konischer oder auch zylindrischer Hohlräume, wie beispielsweise Rohrgebilde mit erhöhten Reinheits-Anforderungen. Dafür sind die HiTech-Tücher nicht quadratisch ausgebildet, sondern weisen alle möglichen zweckdienlichen Sonderformen auf, die wir heute in der Lage sind, fertigungsorientiert und Anwender-orientiert zu programmieren und zu fertigen.
Das Thema Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Wie begeistern Sie die kommende Generation von Ihrer Passion? Und können wir mit einer Masterarbeit aus dem Hause Clear & Clean rechnen?
W. Labuda: Wir versuchen junge Ingenieure dadurch an unser Unternehmen zu binden, dass wir ihnen Forschungsmöglichkeiten bieten, die sie woanders nicht haben und dass wir sie kompetent, freundlich und verständnisvoll betreuen. Wir bieten ihnen ein Spitzenlabor und lassen ihnen freie Hand bei ihrer Themenwahl. Unser in der Studentenbetreuung erfahrener R&D-Leiter hat in den vergangenen zwei Jahren in unserem Forschungslabor zwei Praktikanten bis hin zur Bachelor-Prüfung betreut und beide haben die Prüfung mit der Gesamtnote 1,3 abgeschlossen. Sie belegen nun ihre Masterstudiengänge. Mal sehen, vielleicht kommt einer für die Betreuung seiner Masterarbeit wieder zu uns.
Was hat Sie in all den Jahren in der Branche am meisten positiv überrascht?
W. Labuda: Am meisten hat mich positiv überrascht, dass aus der Industrie nie eine Situation bekannt geworden ist, wie sie die vier Verbrauchsmaterial-Koryphäen Bürger, Gommel, Brückner und Käfer – Fraunhofer IPA – Stand vor 10 Jahren – in ihrem Aufsatz „Mehr Sicherheit beim Einsatz von Verbrauchs-Materialien in der reinen Produktion“ vom 24.10.2014 in den Raum gestellt hatten. Sie schreiben:
„... Das Fraunhofer IPA beschäftigt sich vermehrt mit Fragestellungen, bei denen es um die Auswahl geeigneter, reinheitstauglicher Verbrauchsmaterialien geht. Aufgrund ihrer Vielzahl und oftmals räumlichen Nähe zu reinheitskritischen Prozessen oder Produkten sind diese Materialien als besonders kritisch einzustufen. Bislang wird ihr Anteil an der Kontamination häufig unterschätzt. Neueste Untersuchungen belegen die immense Auswirkung von Verbrauchsmaterialien auf die reine Produktionsumgebung, doch gibt es bisher weder allgemein gültige Informationen noch einheitliche Prüfung und Bewertungsverfahren. Dieser Mangel soll möglichst schnell und auf höchstem technisch-wissenschaftlichen Niveau mithilfe eines schlagkräftigen Industrieverbunds behoben werden.“
Zehn Jahre sind seitdem verstrichen der „schlagkräftige Industrieverbund“ hat sich scheinbar geschlagen gegeben. Und die „immense Auswirkung“ des Verbrauchsmaterials auf die Fertigungs-Umgebung ist Gott sei Dank ausgeblieben.
Was hätten Sie in Ihrer aktiven Zeit gerne noch gesehen oder anders gefragt, was würden Sie sich bezogen auf die Reinraumtechnik für die Zukunft noch wünschen?
W. Labuda: Nachdem der Skandal in der deutschen Automobil-Industrie beginnend im Jahr 2006 uns gezeigt hat, dass wir, die Industrie, viel stärker als bisher ethischen Maximen verpflichtet werden muss, würde ich mir die Reintechnik betreffend wünschen, dass:
Staatlich geförderte Institute wegen der daraus resultierenden Ungleichstellung im Vergleich zu den Unternehmen der privaten Wirtschaft keine privatwirtschaftlichen Aktivitäten ausüben dürfen, wie zum Beispiel, die gewerbsmäßige Durchführung technischer Prüfungen, Instandhaltungs-Leistungen und die Ausstellung von Prüfzertifikaten gegen Geld. Dafür gibt es eine ausreichende Anzahl privatwirtschaftlicher Testhäuser, die ihr Instrumentarium nicht gegen Anforderungsschein von der DFG bekommen.
Ich würde mir wünschen, dass die Ausschuss-Vorsitzenden in den technischen Gremien aus universitären Einrichtungen oder aus den technischen Behörden rekrutiert werden und nicht aus Handel und Industrie. Sie sollen schriftlich auf einen Ehrenkodex verpflichtet werden, dessen Geist sie auf die Ausschussmitglieder übertragen sollen – siehe z. B. VDI-Druckschrift: Ethische Grundsätze des Ingenieurberufs.
Jeder Interessierte soll zumindest als korrespondierendes Mitglied Zugang zur DIN- und VDI-Gremienarbeit haben – Abschottungsverbot – und die Namen von Ausschuss-Mitgliedern sollen – wie bei der IEST in den USA – öffentlich gemacht werden und auch öffentlich bleiben.
Mit 85 Jahren und angesichts ihrer vielseitigen Interessen außerhalb der Reinraumtechnik widmen Sie sich vielleicht nicht mehr mit voller Kraft ihrem Unternehmen. Wie ist das Unternehmen für die die Zukunft aufgestellt?
W. Labuda: Zunächst eine kleine Richtigstellung: Bis März 2023 war ich täglich mindestens acht, oft aber auch zehn Stunden lang als CTO für Clear & Clean beschäftigt. Zusammen mit meiner Frau Yuko und Christian Wendt haben wir das Unternehmen in den Bereichen Mechanische und Chemische Analytik sowie Forschungs-Dokumentation den modernen Erfordernissen angepasst. Das hat uns allen viel Freude gemacht. Unser Qualitäts- und Forschungslabor haben wir in einer Weise erweitert, dass wir nun auch eine ISO 17025-Akkreditierung bei der DAkkS überstehen würden, falls wir dies wollten.
Es ist richtig, dass ich mich nachher im Alter mehr der Fertigstellung meiner Lebenserinnerungen und der Mikrofotografie widmen will. Aber schon jetzt bin ich leider gezwungen, in kleineren Zeitabschnitten zu denken als zuvor. Wenn ich so alt werden sollte wie mein Schwiegervater ist, dann bleiben mir bis dahin nur noch 16 Jahre. Schön also, wenn sich der Herrgott dazu entschließen könnte, diesen lästigen Parameter Zeit großmütig zu quantisieren.
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