Forschung & Innovation

Das Farbspiel der reinen Tücher

04.11.2024 - Die Reinigung von Reinräumen und reinheitskritischen Instrumenten erfordert den Einsatz hochreiner HiTech-Reinigungs­tücher. Interessanterweise scheint erfahrenes Reinraumpersonal in der Lage zu sein, den Reinheitszustand eines Tuchs allein durch visuelle Inspektion beurteilen zu können

Um diesen subjektiven Eindruck durch objektive Messungen zu untermauern, haben wir eine Methode entwickelt, den chemischen Reinheitszustand von HiTech-Reinigungstüchern mittels optischer Messtechnik zugänglich zu machen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass der chemische Reinheitszustand von HiTech-Reinigungstüchern mit Hilfe spektraler Farbmesstechnik, die zur präzisen Bestimmung der Farbwirkung (Farbvalenz) von Objekten auf das menschliche Auge eingesetzt wird, innerhalb weniger Sekunden bestimmt werden kann.

Spektrale Reinheitsprüfung zur Qualitätskontrolle von Reinraum-Verbrauchsmaterial

Um die Qualität der HiTech-Reinigungstücher aus unserer Produktion zu gewährleisten, werden in unserem Prüflabor täglich Kontrollen der partikulären und chemischen Reinheit sowie der Sorptionseigenschaften unserer Tücher durchgeführt. Dazu wird aus einer durchschnittlichen Produktionscharge von ca. 4.000 Tüchern (entspricht 80 Packungen à 50 Tücher) eine Stichprobe entnommen und im Reinraumlabor untersucht. Da täglich viele solcher Chargen produziert werden, stellt die schiere Anzahl der für die Prüfung notwendigen Messungen hohe Anforderungen an die Mess-Effizienz.

Bei der spektralen Farbmessung wird das reflektierte Licht einer Probe in einem Spektrometer gesammelt, spektral zerlegt und in Helligkeits-, Farb- und Glanzwerte umgerechnet. Auf diese Weise kann die Farbvalenz beliebiger Objekte in miteinander vergleichbare Zahlenwerte umgesetzt werden. Dies erfolgt anhand der Berechnung des sogenannten Farbabstands ΔE. Es handelt sich bei der spektralen Farbprüfung um ein Verfahren, dass bereits in einigen Branchen wie der Automobilindustrie über die Druckindustrie bis hin zur Saftherstellung Anwendung findet. Der Vorteil der Farbprüfung ist, dass sie zerstörungsfrei und in Sekundenschnelle sogar inline funktioniert.

Wir haben festgestellt, dass sich die gemessenen Farbwerte des Rohmaterials für Reinigungstücher, der so genannten Mutterrollen, deutlich von denen des dekontaminierten Endprodukts unterscheidet und dass mit der Methode die chemische Reinheit innerhalb von Sekunden bestimmt werden kann.

In Tabelle 1 sind Kennzahlen für die chemische Reinheit von HiTech-Reinigungstüchern aufgeführt. Anhand von 30 Produktionschargen (ca. 120.000 Tücher) wird die hier vorgestellte Farbprüfung mit anderen Messmethoden zur Bestimmung der chemischen Reinheit verglichen[1]. Dazu gehört die aufwändige Analyse der chemischen Rückstände mittels Ausgasungsanalyse (thermische Extraktion) im Gaschromatographen. Ein schnelleres, indirektes Prüfverfahren ist die Bestimmung der elektrostatischen Dissipation. Hersteller von HiTech-Reinigungstüchern erzeugen durch eine gezielt aufgebrachte Textilausrüstung der Tücher eine elektrische Ableitfähigkeit.

Durch die spektrale Reinheitsprüfung konnte die zur Qualitätssicherung erforderliche Messzeit für die Bestimmung der chemischen Reinheit von 60 Minuten auf ca. 15 Sekunden reduziert werden. Diese Methode erlaubt keine tiefgestaffelte chemisch-analytischen Information. Da die Messung zerstörungsfrei ist, kann jedoch gegebenenfalls stufenweise noch eine genauere Analytik erfolgen.

 

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Spektrale Farbvalenz von HiTech-Reinigungstüchern vor und nach Reinraum-gerechter Dekontamination. Durch die Verarbeitung kommt es zu einer Farbänderung ins schwach Bläuliche (Achse: b*) und zu einer höheren Luminanz (Helligkeit, Achse: L*), hier dargestellt im CIELAB-Farbraum (siehe ISO/IEC 11664-4).  © Clear & Clean

 

In Tabelle 1 sind Kennzahlen für die chemische Reinheit von HiTech-Reinigungstüchern aufgeführt. Anhand von 30 Produktionschargen (ca. 120.000 Tücher) wird die hier vorgestellte Farbprüfung mit anderen Messmethoden zur Bestimmung der chemischen Reinheit verglichen [1]. Dazu gehört die aufwändige Analyse der chemischen Rückstände mittels Ausgasungsanalyse (thermische Extraktion) im Gaschromatographen. Ein schnelleres, indirektes Prüfverfahren ist die Bestimmung der elektrostatischen Dissipation. Hersteller von HiTech-Reinigungstüchern erzeugen durch eine gezielt aufgebrachte Textilausrüstung der Tücher eine elektrische Ableitfähigkeit.

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Prüf-Parameter für die chemische Reinheit von HiTech-Reinigungstüchern. Es erfolgt hier die Angabe der Änderung des jeweiligen Reinheits-Parameters im Vergleich vor und nach der Reinraum-gerechten Dekontamination, Durchschnitt für 30 Fertigungs-Chargen (ca. 120.000 Tücher) von zwei Produkten.

 

Durch die spektrale Reinheitsprüfung konnte die zur Qualitätssicherung erforderliche Messzeit für die Bestimmung der chemischen Reinheit von 60 Minuten auf ca. 15 Sekunden reduziert werden. Diese Methode erlaubt keine tiefgestaffelte chemisch-analytischen Information. Da die Messung zerstörungsfrei ist, kann jedoch gegebenenfalls stufenweise noch eine genauere Analytik erfolgen.

HiTech-Reinigungstücher müssen nicht weiß sein

Die Färbung von HiTech-Reinigungstüchern kann für verschiedene technische Anwendungen auch gezielt gewählt werden. Die meisten Leser kennen die klassischen weißen Reinigungstücher. Genau genommen handelt es sich dabei um sog. Rohweiß, da für den Einsatz in Reinräumen auf Zusätze wie beispielsweise optische Aufheller verzichtet wird. Solche pigmenthaltigen Zusätze könnten eine unnötige Quelle ionischer Kontaminationen sein.

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UV/VIS-Reflexions­spektren zur Farbbestimmung von HiTech-Reinigungs­tüchern. Durch optische Aufheller wird UV-Licht in sichtbares Licht umgewandelt, um die optische Farbvalenz zu verbessern (blaue Kurve). Solche Pigmente können
eine Kontaminationsquelle im Reinraum darstellen. © Clear & Clean

 

Doch es gibt auch gefärbte HiTech-Reinigungstücher:

Schwarze HiTech-Reinigungstücher werden dort zur Reinheitskontrolle eingesetzt, wo viele helle Kontaminations-Partikel auf schwarzem Hintergrund gut mit dem Auge erkennbar sind. Zudem kommen häufig auch UV-Inspektionslampen für die weitere Verstärkung dieses Effekts zum Einsatz[3].
    NEU: Fluoreszierend eingefärbte HiTech-Reinigungs­tücher („Tracer“) und die von ihnen eventuell freigesetzten Partikel und Fasern können anhand der farbigen Fluoreszenz leicht von anderen Kontaminationen unterschieden werden. Dies ermöglicht die Identifizierung von Fehler-Schwerpunkten beim Einsatz der Tücher sowie von Sedimentations-Hotspots.

Die unerwünschte Freisetzung von Partikeln und Fasern von HiTech-Reinigungstüchern kann auch mittels Fluoreszenzmikroskopie in-situ auf Prüf-Oberflächen untersucht werden. Zudem kann deren räumliche Verteilung dargestellt werden, wenn die Tücher entsprechend eingefärbt sind. Diese Methode wird auch Tracer-Methode genannt. Ein Anwendungsbeispiel ist die Kreuzschalen-Prüfmethode nach Labuda[4]. Bei dieser Prüfmethode wird das zu untersuchende HiTech-Reinigungstuch rotierend über ein Kreuz-förmiges Relief bewegt, um die Partikel- und Faserfreisetzung unter hoher mechanischer und zusätzlich abrasiver Belastung zu simulieren. Die dabei freigesetzten Partikel in der Prüfschale sind mittels herkömmlicher Lichtmikroskopie nicht leicht darstellbar, und bei Spül- und Extraktionsmethoden und anschließender Partikelzählung mittels Flüssigkeitspartikelzählern gehen die Informationen über die räumliche Verteilung der Partikel verloren. Mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie hingegen können die freigesetzten Partikel ortsaufgelöst in der Prüfschale und auf jeder anderen Oberfläche sichtbar gemacht und ihre Größenverteilung bestimmt werden. In dem genannten Beispiel ist zu erkennen, dass der größte Teil der freigesetzten Partikel unmittelbar am Belastungsrelief abgeschieden wurde und nur ein kleiner Teil durch die fortgesetzte Wischbewegung über die weitere Fläche verteilt wird (s. Abb. oben).

In ähnlichen Versuchen mit rauen Prüfflächen (Rz 5 bis 38 µm) konnte gezeigt werden, dass vom Reinigungstuch abgeriebene Partikel in die Kavitäten der rauen Oberfläche eindringen und dort selbst nach intensiven Reinigungsversuchen dauerhaft verbleiben. Somit wird durch hohe Oberflächenrauheit sowohl ein vermehrter Partikelabrieb als auch eine verringerte Reinigbarkeit verursacht. Weitere Untersuchungen mit fluoreszierend eingefärbten Partikeln als Modell-Kontamination sind in der Literatur beschrieben[5]. Solche Versuche können einen Beitrag zur Optimierung der Reinigbarkeit von Gegenständen und von Reinigungsprozessen in Reinräumen und anderen reinheitskritischen Umgebungen leisten.

 

© Clear & Clean       © clear & Clean

Mikroskopische Aufnahmen einer Prüfschale für die mechanische Abrieb-Prüfung von HiTech-Reinigungstüchern – links klassische Lichtmikroskopie (Auflicht), rechts Fluoreszenz-Mikroskopie. Gut erkennbar sind die von einem fluoreszierend gefärbten HiTech-Reinigungstuch freigesetzten Partikel, die am Kreuz-Relief mechanisch abgerieben wurden. Die räumliche Verteilung der Partikel lässt sich mittels Fluoreszenz-Technik besonders gut sichtbar machen.

 

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Durch Wasserstrahlen verfestigte Fasern eines Vliesstoff-Reinigungstuchs zur Anwendung in weniger kritischen Reinheitsumgebungen. © Clear & Clean

      

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Hochdichte Struktur eines gestrickten HiTech-Reinigungstuchs mit mehr als 1.000 Maschen/cm². © Clear & Clean

 

 Ausblick

Wiederverwendbarkeit: für die Zukunft haben wir vorgesehen, den Einsatz der spektralen Farbprüfung auch für den mehrmaligen Gebrauch von HiTech-Reinigungstüchern zu erproben. Denn allzu oft sind Reinigungstücher bei einmaliger Verwendung im Reinraum wenig kontaminiert und könnten daher aus ökonomischen und ökologischen Gründen eventuell wieder aufbereitet und erneut eingesetzt werden.
Wenn Sie sich für die Wiederaufbereitung und die Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks von HiTech-Reinigungstüchern interessieren, dann bewerben Sie sich für unsere Pilot-Studie.

Autor:

C. Wendt © Clear & Clean   Christian Wendt, Clear & Clean Werk für Reintechnik GmbH,

 

Literatur
1) Zur Reinheit funktionaler Oberflächen, Win Labuda, Lübeck, 2023, ISBN 978-3-9825567-0-3
Elektrische Oberflächenladungen im Fertigungs-Umfeld der Halbleiter-Industrie“ (dreiteiliger Aufsatz, Teil 1 bis 3),

2) Lodevicus Hermans, Win Labuda, ReinRaumTechnik Ausgaben 1,2,3/2005, GIT-Verlag, Darmstadt

3) Spezielle Mess- und Prüfgeräte, die in der Reinraumtechnik nicht alltäglich sind, Thomas von Kahlden, ReinRaumTechnik Ausgabe 1/2022, Wiley-VCH Verlag, Weinheim

4) Reinraum-Verbrauchsmaterial - Aspekte, Prüfmethoden, Argumente, Win Labuda, ReinRaumTechnik Ausgabe 1/2017, Wiley-VCH Verlag, Weinheim

5) Schutz von kritischen Komponenten vor Oberflächenkontaminationen, Teil 1 und 2, Kopp/Moschner/Müller, cleanroom&processes Ausgabe 1 /24, Editio Cantor Verlag, Aulendorf

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