Umsetzung des Annex 1 des EU GMP Leitfadens
Barrieretechnologien und Automatisierung in der Pharmaherstellung
Welche wesentlichen Änderungen folgen aus dem Annex 1 des EU-GMP-Leitfadens?
Richard Denk: Als ich den ersten Entwurf des Annex 1 am 21.12. 2017 gesehen habe, war mein erster Gedanke, dass dies wesentliche Änderungen in der Sterilherstellung mit sich bringen wird. Diese Erwartung hat sich auch bis zur Publikation nicht geändert. Durch die ISPE war ich auch eingeladen an der Kommentierung der Version von 2020 teilzunehmen. Dabei wurden zu speziellen Punkten im Annex 1 Rückmeldungen aus der Industrie erwartet. Durch dieses Mitwirken über die ISPE konnten wir einige Punkte noch anpassen. Wesentliche Änderungen aus dem Annex 1 sind die geforderte Kontamination Kontroll-Strategie CCS sowie auch der Einsatz von Barriere Systemen wie RABS (Restricted Access Barrier System) oder Isolatoren, Transfersysteme, First Air, Monitoring und Automation durch robotisierte Anlagen, um nur einige zu nennen. Der Annex 1 hat einiges an neuen Anforderungen, bei denen es in etlichen Bereichen doch deutliche Anpassungen geben wird. Speziell der Bereich Barriere Systeme und Automation hat durch den neuen Annex 1 an Aufwind bekommen. Bei Barriere Systeme wurde bereits am Anfang darauf hingewiesen, dass die Systeme Ihre Vorteile haben und eine Abweichung solche einzusetzen gerechtfertigt werden muss. Das sind sehr deutliche Worte deren Umsetzung auch wir bei der Skan durch die Nachfrage von Isolatorsystemen feststellen.
Worin liegen die größten Herausforderungen bei der technischen Umsetzung des Annex 1 in der Praxis?
R. Denk: Sicherlich in der Renovierung von älteren Installationen, jedoch auch bei neuen Anlagen. Bei den Altbeständen sollte ein Gap-Analyse zum jetzigen Annex 1 durchgeführt werden und deren Umsetzung in der CCS integriert, sowie gegebenenfalls technische und organisatorische Maßnahmen implementiert werden. Bei neuen Anlagen erwartet man jedoch die exakte Umsetzung des Annex 1. Darin wird zum Beispiel gefordert, dass es zu keinem Ingress von einer niedrigeren zu einer höheren Reinraumstufe kommen soll. Daher sollte bei einer Betrachtung eines RABS-Systems das Design so gewählt werden, dass es zu keinem Öffnen der Türen während der Herstellung kommt, weil dieser Vorgang die Barriere unterbricht. Die Türen befinden sich beispielsweise in der Reinraumklasse B und der Mitarbeiter gelangt durch seinen geplanten oder ungeplanten Eingriff teilweise in den Reinraum A. In den letzten beiden Jahren konnte ich aktiv an vielen globalen Annex 1 Workshops zusammen mit den Behörden und vielen Teilnehmern aus der Industrie aktiv mitwirken und das Thema RABS war immer mit langen Diskussionen verbunden.
Letztendlich wurde speziell von Seiten der Behörden in den USA die Erwartungen an geschlossene RABS oder Isolatoren betont. Dies führt zwangsläufig zum Einsatz von Isolatoren, da diese Technologie noch den Vorteil einer automatisierten und validierten Oberflächendekontamination mittels Wasserstoffperoxid hat. Zudem ist durch die Installation in Reinraumklasse C oder D – je nachdem ob es sich um einen Isolator mit kleinen Öffnungen handelt wie dies bei klassischen Fülllinien der Falls ist (Zone C) oder einen komplett geschlossenen Isolator ohne kleine Öffnungen wie zum Beispiel einen Sterilitätstest-Isolator (Zone D) handelt – auch nachhaltiger als ein RABS in der Reinraumklasse B. Nachhaltigkeit beim Einsatz von Isolatoren gehört zu den geringeren Anforderungen an die zu verwendende Reinraumkleidung, sowie die Anforderungen an das Umgebungsmonitoring um nur einige zu nennen.
Ein weiterer Punkt aus dem Annex 1 sind die Transfers in den Isolator. Die Transfers von sterilen Containern als primäres Packmittel wie Vial, Spritzen etc sowie von Verpackungen etc sollen validiert und automatisiert werden. Auch erwartet der EU-GMP-Leitfaden automatische Reinigungen und Desinfektionen beim Überschreiten von Reinraumklassen. E-Beam ist eine der wenigen Technologien, die allen Anforderungen des Annex 1 gerecht wird, um das Containment in der Zone A zu gewähren. Daher werden solche Technologien zur Oberflächensterilisation von vorsterilisierten Containern, wie Spitzen eingepackt in ein Nest mit Folien verschlossen (Tubs), enormen Aufwind erhalten.
Welches sind die wichtigsten technischen Faktoren für das Containment in der Sterilherstellung pharmazeutischer Produkte?
R. Denk: Containment ist ein Wort, dass für zwei unterschiedliche Bereiche verwendet wird. Zum einen in der Steril-Herstellung als geschlossene Umgebung zum Produkt, jedoch auch bei der Herstellung von hochaktiven Substanzen. In den nächsten Jahrzehnten werden beide Bereiche eine wichtige Rolle spielen, da vermehrt neue Therapien auf den Markt kommen und beides, Produktschutz in Bezug auf Kreuzkontamination und Personenschutz, fordern. Diese neuen Therapien sind zum Beispiel Kombinationsprodukte wie ADCs Anitbody Drug Conjugates die speziell zu den gezielten Therapien von Krebs eingesetzt werden. Hier wird zum Beispiel gerade die modernste Anlage in der Welt in Pfaffenhofen an der Ilm installiert. Bei dem Projekt durfte ich von Anfang als Experte beratend wirken. Weitere neue Therapien sind mRNA. Dies kennen wir durch Covid sowie auch in der Zell- und Gentherapie, bei denen sehr häufig programmierte Viren eingesetzt werden. Um zu den technischen Faktoren zu kommen, hilft der Annex 1 auch bei diesem Thema, und zwar in Bezug auf Automation mit Robotik. Vor fünf Jahren habe ich die Special Interest Group Future Robotics der ISPE DACH (Deutschland–Schweiz–Österreich) gegründet und wir veranstalten jedes Jahr ein großes Event, bei dem die besten Anwendungen mit dem Robotik Application of the Year Award ausgezeichnet werden. In diesem Jahr findet die Preisverleihung verbunden mit einem Workshop bei der Firma Roche in Kaiseraugst in der Schweiz statt. Mehr Informationen hierzu unter www-ispe-dach.org. Denn desto mehr automatisiert werden kann, desto weniger sind Bediener durch die Nähe zu hochaktiven Substanz gefährdet. Diese Forderung kommt auch aus dem Annex 1, jedoch um das Produkt zu schützen. Dass dies möglich ist, zeigt die gemeinsame Entwicklung der Firmen Skan und Groninger, die als erstes eine vollautomatisierte aseptische Abfüllung „Robocell“ in Isolator-Technologie entwickelt hat. Diese Entwicklung hat übrigens genau aus diesem Grunde vollautomatisiert und Annex 1 den ersten Robotic Application of the Year Award gewonnen. Ein weiterer wichtiger Faktor für Containment wird die Reinigung werden.
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